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Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Altes Herz geht auf die Reise - Roman

Titel: Altes Herz geht auf die Reise - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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flüsterten. Und alle, alle sahen sie so gespannt nach der breitästigen, uralten Linde in der Mitte des Hofs, daß sie nicht einmal den näher tretenden Fremden, den Professor Kittguß, beachteten.
    Der aber sah staunend hängen an einem hohen Ast der Linde einen starken Balken wie einen Wiegebalken. Und an dem Wiegebalken hingen zwei Schalen, groß und kräftig. Aus festen Brettern gefertigt. In der einen Schale aber schwebte ein ungeheurer, dicker Bauersmann mit fröhlich lachendem, rotem Gesicht, in der andern aber, noch leichteren Schale, türmte es sich hoch von geräucherten braunen Würsten, fast schwarzen, derben Schinken, langen, goldbraunen Speckseiten.
    »Seht ihr, es reicht nicht, es reicht immer noch nicht!« rief der fette Bauer, vor fröhlichem Lachen prustend. »Ich hab’s dir längst gesagt, Lowising, deine ganze Räucherkammerwird dieses Jahr leer!« Er sah sich triumphierend um: »Habt ihr das gedacht?! Klugschnacker! Im vorigen Jahr habt ihr schon gesagt, ich könnte nicht mehr dicker werden – und nun bin ich doch noch wieder dicker geworden!« Er lachte triumphierend, und alle lachten mit. »Lauf, Lowising, hilf ihr, Maxe, min Söning. Holt noch den Schinken von der Fünfzentnersau! Dann wird es reichen!«
    Von seiner unbekümmerten Fröhlichkeit angesteckt, liefen eine große, derbknochige Bauersfrau und ein starker Bengel ins Haus.
    »Ihr da –! Fritze, mein Gerhardchen, komm auch du, Elli, haltet meine Schaukel ein wenig fest, sie schwankt so! Heute mittag hab ich gesulzten Aal mit Bratkartoffeln gegessen, der wird mir wieder lebendig von der Schaukelei. Ich fühl’s, wie er sich schlängelt …« Er lachte. »So ist es besser, Kinder. – Wirst du ruhig sein, Aal!« schrie er plötzlich. »Es schaukelt jetzt gar nicht mehr, nichts hast du noch zu krabbeln in mir –!«
    »Oh, bitte!« flüsterte Professor Kittguß zu seinem Nachbarn. »Was geschieht hier?«
    Der fragte erstaunt: »Haben Sie noch nie von dem lustigen Bauern Tamm in Unsadel gehört?«
    »Nein«, sagte der Professor gehorsam.
    »Dann kommen Sie von weit her«, entschied der Mann. »Hier im Lande weiß vom dicken Tamm jeder.«
    »Ich nicht«, sagte der Professor sanft.
    »Dies ist so einer von seinen Narrenstreichen. Jeden Herbst vor dem ersten Schlachten schenkt er sein volles Gewicht in Geräuchertem den Dorfarmen. Damit seine Räucherkammer leer wird und er was lachen kann. – Da – das wird reichen!«
    Aus dem Haus waren Frau und Bursche gekommen, einen ungeheuren Schinken schleppend. Sie legten ihn aufdie Schale. Der große Wiegebalken bewegte sich seufzend in den Stricken, Fritze, Elli, Gerhardchen ließen den Bauern los. Der stieg und stieg in die Krone hinauf »Der Aal! Der Aal!« jammerte er und stieg schwankend weiter, indes die Schale mit dem Geräucherten zur Erde sank.
    Viele jubelten: »Es reicht! Es reicht!«
    »Es ist zuviel«, rief die Bauersfrau und wollte wenigstens eine Mettwurst retten.
    »Laß sein, Lowising, immer sinnig! Was einmal auf der Schale liegt, bleibt. – Ist es reell mein Gewicht?« rief er gegen die Stallwand, wo die Alten standen.
    »In Ordnung, Tamm!« – »Hat seinen Schick, Tamm!« riefen die zurück.
    »Dann runter mit euch vom Hof!« befahl der Bauer, und während die Alten eilfertig fortzogen, Maxe hinter ihnen das Tor schloß, kletterte der Bauer unter Hilfe vieler ächzend von seinem Sitz. »Los. Kinder, lauft, Mädchen! Macht es ihnen schwer! Los! Los!«
    Und die ganze Hofstatt geriet in einen wirbelnden Aufruhr, denn alles lief mit den Würsten, Schinken und Speckseiten, sie zu verstecken, an Baumäste zu hängen, in Winkel zu schieben.
    Ruhig in all dem Treiben standen nur der dicke Bauer, mit ermunternden und verweisenden Rufen, und der Professor Kittguß am Tor.
    »Barthel, laß den Schweinkram! Willst du mal den Schinken nicht im Mist verstecken! Legt ihn auf den Holzfeimen, ganz hoch! Maxe, hilf ihnen!«
    Jetzt hatte der Bauer den Fremden gesehen und gab ihm die Hand: »Nun kommt was zum Lachen! Sie sind fremd hier?«
    »Ja.« Und schon wollte Professor Kittguß trotz des Verbots nach Rosemarie Thürke fragen, da tat sich feierlich langsam das Hoftor auf.
    »Lauft!« rief der Bauer, und herein liefen, humpelten, trippelten, ächzten die Alten, die Armen, die Huster, die Krächzer, die Kracher; standen einen Augenblick spähend, entdeckten ein Ziel: eine Wurst, eine Speckseite. Keuchten dahin, sie zu erfassen, jammerten: »Ich lange nicht an!« – »Für mich bleibt

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