Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde
nachts wachgelegen und auf ihre Stimmen gehorcht, die durch die Dunkelheit heraufdrangen, und er hatte ihre Liebe füreinander gefühlt, hatte gespürt, wie sie sich um ihn legte, ihn einhüllte und ihn vor allem Übel schützte.
Meine Mutter haßt mich nicht,
dachte Keru,
und sie hat mich auch nie gehaßt.
Doch sobald ihm dieser Gedanke durch den Kopf ging, wußte er, daß es eine Lüge war, und er verfluchte sich, weil er so dumm gewesen war, auf ein Lied hereinzufallen. Er öffnete die Augen und stützte sich auf einen Ellenbogen auf, um Keshna zu bitten, sie solle aufhören zu singen. Aber bei dem Anblick, der sich ihm bot, vergaß er Shara schlagartig.
Keshna – die schmuddelige, schlammbeschmierte, verschwitzte Keshna – war nicht mehr schmuddelig und schlammbeschmiert. Sie stand im Teich, bis zur Taille im Wasser, und schöpfte das kühle Naß mit den Händen über ihre nackten Brüste. Während Keru zuschaute, tauchte sie unter, bis nur noch ihr Hals und ihr Kopf aus dem Wasser ragten, und erhob sich in einem Sprühnebel feiner Tröpfchen, die an jedem einzelnen der winzigen goldenen Härchen auf ihrem Körper zu haften schienen. Er hatte Keshna nicht mehr nackt gesehen, seit sie ein Kind war, und sie hatte sich in all den Jahren zweifellos sehr verändert. Er hatte keine Ahnung, daß sie volle, hochangesetzte Brüste hatte, eine schmale Taille, so schwungvoll gerundete Hüften. Sie war wie ein prachtvolles Tier, ihre Haut braun wie das Fell eines Rehkitzes, wo die Sonne sie liebkost hatte, und cremig weiß wie Sahne, wo sie von Kleidung bedeckt gewesen war.
Keshna schien seine Verblüffung gespürt zu haben, denn sie drehte sich zu ihm um, und ihr Mund verzog sich zu einem seltsamen Lächeln, das ihr Gesicht erhellte und ihre Lippen voller und verführerischer machte. »Du bist also aufgewacht«, sagte sie. Sie kam sehr langsam auf ihn zu, watete Schritt für Schritt aus dem Wasser, bis er das feuchte, rötlich-braune Haardreieck zwischen ihren Beinen sah, die Kurve ihrer Schenkel, die perfekte Form ihrer Fesseln, die bisher immer unter Stiefeln versteckt gewesen waren.
Dann kehrte sie ihm den Rücken zu, damit er einen ausführlichen Blick auf ihr festes kleines Hinterteil werfen konnte, ging zu ihrer Satteltasche und zog ein duftiges weißes Ding heraus, das sie sich überwarf, mit einer Nadel an der Schulter befestigte und mit einer roten Schnur in der Taille gürtete. Das Gewand – wenn es ein solches war – war so dünn, daß sich Keshnas Körper deutlich darunter abzeichnete. Sie ist wie eine nackte Schwimmerin in der Gischt, dachte er. Und dann schoß ihm der Gedanke durch den Kopf, der ihm eigentlich gleich hätte kommen müssen, als er sie gesehen hatte: Diese Frau versucht mich zu verführen.
Wenn es tatsächlich das war, was Keshna zu tun versuchte, dann funktionierte es hervorragend. Sein Penis wurde hart, Begierde flammte in ihm auf, und er fühlte das starke Verlangen, die Hand auszustrecken und ihr das durchsichtige Gewand vom Körper zu reißen und sie auf dem weichen Moos zu nehmen, gleich hier und gleich jetzt. Aber sie war nicht irgendeine Frau, sie war seine Cousine, Keshna. Irgendwie fand er seine Stimme wieder.
»Ist das ein Moskitonetz, was du da trägst?« Er hatte nicht so etwas Dummes sagen wollen, und kaum waren ihm die Worte über die Lippen gekommen, hätte er sie am liebsten wieder zurückgenommen. Aber Keshna lachte nur und kam näher. Beim Gehen wiegte sie sich in den Hüften, was ein äußerst verführerischer Anblick war.
»Ja«, erwiderte sie. Sie setzte sich neben ihn, streckte die Hand aus und strich ihm sanft eine Locke aus der Stirn. »Gefällt es dir?« Ohne seine Antwort abzuwarten, sagte sie: »Du siehst aus, als wolltest du etwas. Bin ich diejenige, die du willst?«
»Ja.« Behutsam berührte er die Rundung ihrer rechten Schulter. Er konnte ihre Zartheit fühlen und ihre Kraft. Sie hatte die Schultern eines Kriegers und zugleich die einer Frau, eine seltsame, verführerische Mischung aus samtweicher, glatter Haut und eisenharten Muskeln, wie er sie noch nie zuvor gesehen hatte. »Ich will dich.«
»Du hast mich bisher nicht gewollt«, sagte sie neckend und beugte sich vor, so daß ihre Knospen gegen das hauchdünne Gewebe ihres Kleides drückten.
»Du hast bisher auch noch nie so unglaublich weiblich ausgesehen.« Er war ihr gegenüber lächerlich schüchtern und gehemmt, wie ein Junge, der noch nie eine Frau gehabt hatte, was albern war, denn er hatte
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