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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Schultern und Schenkel mit einer besonderen Sorte weißem Sand eingestäubt, der bei jeder Bewegung glitzerte. Eine Gruppe gleichaltriger Nomadenmänner hätte durchlöcherte Ohrläppchen und Nasenflügel, und ihre Körper wären mit Tätowierungen und den Narben des Kampfes bedeckt. Aber die jungen Männer von Alzac waren in keiner Weise verunstaltet. Da sie so weit im Süden lebten, hatten sie weder das Bedürfnis noch einen Grund gehabt, sich im bewaffneten Kampf zu üben. Leider sollte sich das bald ändern, doch gegenwärtig waren sie friedliebende Männer, gesund und unversehrt und mit kräftigen Muskeln vom Jagen, Fischen und der Arbeit in den Gärten.
    Der Tanz der Rollenden Wogen war eine Spezialität der Insel. Zuerst setzten mit einem süßen Trillern die Flöten ein. Allmählich verwandelte sich das Trillern in ein rhythmisches Pulsieren, und nach einer Weile fielen die Trommeln in die Melodie ein. Die Trommler von Alzac konnten ihre Instrumente dazu bringen, mit menschlichen Stimmen zu sprechen, wie Lerchen zu singen oder wie verängstigte Kaninchen zu schreien, doch an diesem Abend sollten die Tänzer im Mittelpunkt stehen, deshalb schlugen die Trommler ganz einfach in einem langsamen Rhythmus auf ihre Trommeln, so daß der Klang, den sie erzeugten, an das Plätschern sanfter Wellen erinnerte.
    Als die Trommeln und Flöten das Rauschen des Meeres nachahmten, begannen die jungen Männer, sich in einer langen, wellenförmigen Linie zu bewegen, ganz ähnlich wie der Saum der Brandung. Sie stampften mit den Füßen und wiegten sich unablässig vor und zurück. Ein erregtes Pulsieren übertrug sich von Hand zu Hand, und durch die Reihe fast nackter Körper lief ein sinnlicher Schauer. Mit ihren bloßen Füßen auf den Sand stampfend beugten sie in einer langsamen, schlängelnden Bewegung den Kopf von einer Seite zur anderen. Auf ihren Gesichtern erschien ein verzückter, weltentrückter Ausdruck, und ihr Blick schien zu verschwimmen, als blickten sie über eine weite Fläche sturmgepeitschter Wogen hinweg.
    Als der Trommelrhythmus schneller wurde, tanzten die jungen Männer mit raschen, leichtfüßigen Schritten. Sie bildeten jetzt eine Reihe, die, einer großen Welle gleich, unablässig vor- und zurück-wogte. Sie hoben die Füße höher, schoben herausfordernd den Unterleib vor, wiegten sich verführerisch in den Hüften und begannen zu lächeln. Dies war der beste Teil des Tanzes, der Teil, in dem sie sich besonders vorteilhaft präsentieren konnten. Dies war der Zeitpunkt, wo ein Mann seinen ganzen Körper einsetzen konnte, um zu sagen: Sieh nur, wie attraktiv ich bin. Sieh, wie elegant ich tanze. Sieh, welche Lust ich einer Frau bereiten kann.
    Begeistert begannen die Zuschauer, im Takt der Trommeln zu klatschen. Alte Männer riefen den Tänzern Ratschläge zu, und alte Frauen machten so lustige und unmißverständliche Anspielungen, daß alle außer den Tänzern anfingen zu lachen. Die Inselbewohner und ihre sharanischen Gäste waren eine ziemlich freimütige Gesellschaft, und sie sahen nichts lieber als junge Menschen, die sich öffentlich produzierten.
    Aber das Beste sollte noch kommen. Plötzlich löste sich die Kette der Tänzer auf, und die jungen Männer griffen nach Pechfackeln, die sie in der Nähe deponiert hatten, und entzündeten sie an den Flammen des großen Lagerfeuers. Dann begannen die Tänzer mit ihren ganz eigenen Darbietungen, bei denen sie sich geschmeidig im Takt der Musik wiegten und über der brennenden Fackel tanzten, sie zwischen ihren Beinen hindurchgleiten ließen, darüber hinwegsprangen, sie in die Luft schleuderten und geschickt wieder auffingen. Einige hielten das Ende einer einzelnen Fackel zwischen den Zähnen und wirbelten den Kopf herum, andere nahmen sich gleich mehrere Fackeln und jonglierten damit. Aus der einzelnen wellenförmigen Reihe der Tänzer wurden fünfzehn verschiedene Wellen von Feuer.
    Plötzlich brach die Musik ab, und jeder einzelne Tänzer vollführte einen allerletzten Sprung, rammte das brennende Ende seiner Fackel in den Sand und sank dann erwartungsvoll vor Luma und Keshna auf die Knie. Jetzt herrschte eine so tiefe Stille, daß es einen Moment lang schien, als halte die ganze Insel den Atem an.
    Marrah und Hiknak erhoben sich langsam von ihren Plätzen und lächelten den Tänzern zu, aber es war nicht ihr Amt, sich ihnen zuzuwenden. Sie drehten sich zu Luma und Keshna um und bedeuteten ihren Töchtern mit einer wortlosen Geste, aufzustehen und

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