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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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Cousine überlistet zu haben. Obwohl das Spiel offensichtlich damit enden würde, daß niemand gefangen und niemand mit blauer Farbe markiert wurde, entschied Keshna, daß sie und nicht Luma die Siegerin war.
    Um absolut sicherzugehen, daß sie nichts übersehen hatte, folgte Keshna ihren eigenen Spuren noch eine Weile, aber das war eine langweilige Beschäftigung. Sie war drauf und dran, aufzugeben und ins Lager zurückzulaufen, als plötzlich etwas ihre Aufmerksamkeit erregte.
    Sobald ihr Blick auf das weiße Etwas fiel, wußte sie, daß es nicht hierhergehörte. Mitten in der Bewegung erstarrt, lauschte sie angespannt und wartete, gut verborgen, aber die Geräusche des Waldes um sie herum hielten unvermindert an. Überzeugt, daß sie allein war, glitt Keshna vorsichtig aus dem Gebüsch, um das weiße Etwas genauer zu betrachten. Als sie es inspizierte, breitete sich ein triumphierendes Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Was für ein glücklicher Zufall! Es war ein Stück Muschel von einem Armband, das nur Luma gehören konnte. Wie dumm Luma war! Stavan hatte ihnen ausdrücklich befohlen, alles abzulegen, was sie verraten könnte, aber Luma war offensichtlich zu eitel gewesen, um auf ihn zu hören. Ein Armband aus weißen Muscheln. Warum nicht gleich aus voller Kehle schreien, um seine Anwesenheit kundzutun? Nun, da Keshna wußte, daß Luma sie bis hierher verfolgt hatte, konnte sie Lumas Spur aufnehmen, sie aufspüren, ihr Hinterteil mit blauer Farbe bemalen und das Spiel bestimmt gewinnen. Und es gab nichts, was Keshna lieber tat als gewinnen.
    Sie drehte sich gerade um, um nach Lumas Fährte zu suchen, als das Farnbüschel zu ihrer Linken urplötzlich explodierte. Bevor sie begriff, was geschah, erhob sich etwas Großes und Schlammbespritztes vor ihr aus dem Boden, und eine Sekunde später fühlte sie, wie ein Pfeil mit voller Wucht gegen ihre Brust prallte, ihr den Atem aus den Lungen preßte und sie mit blauer Farbe vollspritzte. Sie brauchte einen Moment, um sich von dem Schreck zu erholen, und als sie sich wieder einigermaßen gefaßt hatte, stand die gedemütigte Keshna einer freudestrahlenden Luma gegenüber, die einen Siegestanz aufführte und triumphierend ihren Bogen schwenkte.
    »Ich habe gewonnen! « jubelte sie. »Du bist tot! Du hast den Köder geschluckt! Ich wußte doch, daß du nicht die Geduld haben würdest, auf mich zu warten und mich aus dem Hinterhalt zu überfallen! Ich wußte einfach, daß du zu neugierig sein würdest, um der Muschel zu widerstehen! «
    Keshna funkelte Luma wütend an. »Du hast geschummelt.« Sie zeigte empört auf den Schlamm und die zerzausten Farnbüschel. »Du hast dich verkleidet.«
    »Ich habe nicht geschummelt. Ich habe nur meinen Verstand be-nutzt. Wenn du ein Büschel Farn nicht von einem Feind unter-scheiden kannst, ist das dein Problem.«
    Dies war nicht die Art von Unterhaltung, die zu einem befriedigenden Ergebnis führte. Wütend wischte Keshna sich die blaue Farbe von der Brust und starrte Luma, die sich von oben bis unten mit Schlamm eingerieben hatte, wütend an. »Das nächste Mal kriege ich dich«, fauchte sie. Keshna hätte es viel lieber gehabt, wenn Luma zurückgefaucht hätte, aber Luma war in viel zu guter Stimmung, um zu streiten. Den ganzen Weg zurück zum Lager summte sie glücklich vor sich hin, bis Keshna derart in Rage war, daß sie sich am liebsten auf sie gestürzt und ihr Gesicht in den Sand gedrückt hätte. Als sie schließlich an der Stelle ankamen, wo Stavan auf sie wartete, sprachen sie nicht mehr miteinander.
    »Blaubrust ist in ziemlich mieser Laune«, sagte Luma, als sie sich neben Stavan setzte. Sie griff nach einem großen Stück des rohen Fischs, den er während ihrer Abwesenheit netterweise für sie gefangen hatte, und riß einen Bissen mit den Schneidezähnen ab. An rohen Fisch hatte sie sich mittlerweile gewöhnt, aber wenn Stavan ihnen rohe Mäuse oder andere Nagetiere brachte, ging sie lieber hungrig schlafen. »Ich habe ehrlich gewonnen, aber sie ist eine so schlechte Verliererin, daß sie nicht einmal den Anstand hat zuzugeben, daß ich sie überlistet habe.«
    Zu ihrer Verblüffung warf Stavan Keshna einen beifälligen Blick zu. »Genauso sollte sie auch reagieren«, erklärte er. »Die Mutterleute sind der Ansicht, daß man mit Anstand verlieren sollte, aber bei den Nomaden gibt es so etwas wie einen ›schlechten Verlierer‹ nicht. Dies hier war nur ein Spiel, aber wenn du Keshna wirklich aus dem Hinterhalt überfallen

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