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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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trafen Ranala zu Hause an, doch sollte sich die Begegnung als zweifelhaftes Vergnügen entpuppen. Ranala erholte sich nämlich gerade von einer schweren Verwundung und hatte eine scheußliche Laune. Ihr Arm lag bandagiert auf einem Kissen, und sie beeilte sich, Stavan zu erzählen, daß sie von einem vergifteten Pfeil getroffen worden war, als sie versucht hatte, irgendein namenloses kleines Dorf nördlich von Shara zu verteidigen.
    »Natterngift, menschliches Blut und Dung«, fauchte sie, »damit präparieren die Nomaden neuerdings ihre Pfeile. Das Scheißzeug hat eine höllische Wirkung. Hätte wegen der verfluchten Wundfäule beinahe meinen Arm verloren, bevor ich nach Shara zurückkehren konnte. Komm morgen wieder, Stavan, und sieh nach, ob es den verdammten Bastarden gelungen ist, mich umzubringen, oder nicht.«
    Keshna grinste, offensichtlich beeindruckt von Ranalas Flüchen. Auch Luma war beeindruckt. Ranala benutzte so viele Nomadenflüche, daß es sich manchmal anhörte, als spreche sie eine ganz neue Sprache. Das wäre vielleicht nicht sonderlich überraschend gewesen, wenn sie die große, stattliche Frau gewesen wäre, an die Luma sich erinnerte; tatsächlich war sie jedoch klein und drahtig, hatte einen großen, kindlich anmutenden Kopf, langes schwarzes Haar und tiefliegende, runde Augen. Wenn sie den Mund nicht aufmachte, hätte man sie leicht für eine sehr viel jüngere Frau halten können, die fast ein wenig kindlich wirkte. Aber Ranalas Stimme hatte ganz und gar nichts Junges oder Kindliches. Sie dröhnte aus ihrem hübsch geformten Mund – tief, laut und ungeduldig. Sie redete sehr schnell, in Satzbrocken und halb ausgesprochenen Gedanken, wie jemand, der entschlossen ist, keine Zeit zu vergeuden; und obwohl sie sich gegenüber Stavan, der sie ebenso ausgebildet hatte wie alle anderen Schlangenkrieger, respektvoll verhielt, konnte Luma deutlich merken, daß Ranala es gewohnt war, Leute herumzukommandieren.
    Nachdem sie Stavan ausführlich Bericht über den Überfall erstattet hatte, bei dem sie verletzt worden war, erzählte Ranala ihm, was seit seinem letzten Aufenthalt in Shara vorgefallen war.
    »Die Nomaden strömen immer noch in Scharen aus der Steppe. Dank der Gnade der Göttin gibt es kaum noch große Stämme, Armeen oder große Häuptlinge, aber seit deiner Abreise nach Alzac sind viele kleine Stämme von rund einem Dutzend Familien oder weniger in die Mutterländer gekommen.
    In diesem Frühjahr sind sechs neue Verbände so weit nach Süden gezogen, daß auch die Dörfer nördlich von Shamban davon erfahren haben. Bisher waren sie relativ friedlich. Die Händler berichten, daß einige dieser Verbände sogar direkt neben Dörfern kampieren, um Fleisch gegen Brot einzutauschen und die Wolle ihrer langhaarigen Schafe gegen gewebtes Tuch. Die Priesterinnen und Dorfmütter sind alles andere als glücklich, jeden Morgen beim Aufwachen Dutzende von Nomadenzelten am Rande ihrer Felder zu sehen. Keiner traut den Nomaden, keiner mag sie – Anwesende natürlich ausgenommen –, aber wenn sie in friedlicher Absicht kommen, was kann man dann schon groß gegen sie tun?«
    Sie runzelte die Stirn und trommelte ungeduldig mit den Fingern. »Ich sage dir, Stavan, das Ganze ist ein einziges Chaos. Auf jeden friedlichen Stamm, der übersiedelt, kommt ein weiterer Verband mordender Bastarde, die hier zum Plündern und Brandschatzen einfallen. Seit du nach Alzac gereist bist, sind noch mehr Dörfer niedergebrannt und noch mehr Vieh gestohlen worden. Die Nomaden haben mittlerweile erkannt, daß in den Ländern, wo die Göttin Erde angebetet wird, Frauen geehrt und respektiert werden, deshalb haben sie angefangen, die Tempel zu zerstören und die Priesterinnen zu ermorden.
    Als ob das alles nicht schon schlimm genug wäre, ist uns zu Ohren gekommen, daß in einigen Dörfern im Norden Frauen nicht mehr das Recht haben zu entscheiden, wann sie mit einem Mann Sex haben. Erst im letzten Monat haben wir von zwei von Nomaden betriebenen Sklavenlagern erfahren. Das eine ist eine Art Bergbaulager, obwohl keiner sagen konnte, ob die Sklaven gezwungen werden, Kupfer oder Gold abzubauen. Das andere ist ein Lager mit Kunsthandwerkern – Metallarbeiter, Keramiker, Holzschnitzer und Tischler, sogar ein paar webende Priesterinnen, die aus den Tempeln entführt wurden. Die Nomaden lassen die Sklaven Waren produzieren, die sie gegen Gold eintauschen können. Sie hatten noch nicht einmal Metall, bevor wir ihnen gezeigt haben,

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