Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde
was das ist, aber jetzt haben sie irgendeine neue Sorte Kupfer erfunden, gemischt mit einem geheimen Zusatz. Es ist härter als gewöhnliches Kupfer, aber die Kupferschmiede erleiden bei der Herstellung Vergiftungen.«
»Genug über den Norden«, sagte Stavan. »Erzähl mir lieber, was in Shara passiert ist, während ich fort war.«
Ranala stieß einen seltsamen Zischlaut durch die Zähne, den Luma später noch viele Male hören sollte. Es war ein nomadischer Ausdruck des Mißfallens. »Wir können froh sein, daß wir so weit im Süden leben, aber der Rauchfluß ist keine so schützende Barriere mehr wie früher. Inzwischen kennen die Nomaden sämtliche Übergänge, und jedes Jahr verblaßt die Erinnerung an Vlahans Niederlage ein wenig mehr. Früher brauchte nur einer von ihnen das Wort ›Shara‹ auszusprechen, und schon erbleichten die anderen und schlotterten vor Angst in ihren Stiefeln, aber jetzt fürchten sie sich kaum noch vor unserer Magie. Ein paar der jüngeren Krieger haben noch nie etwas von dem Fluch des Schlangenvogels oder von dem Donner gehört, den Marrah damals vom Himmel herabbeschworen hatte.
In dem Sommer, in dem du nach Alzac aufgebrochen bist, hat es hier einen Überfall gegeben, im letzten Sommer zwei und in diesem Sommer bereits drei. Wenn wir in die Wälder gehen, um zu jagen oder Brennholz zu sammeln, nehmen wir jedesmal Wachen mit. Wir lassen die Kinder niemals unbeaufsichtigt herumlaufen, behalten das Vieh im Auge und beten um einen frühen Winter, weil die Nomaden noch immer die Angewohnheit haben, nach Einsetzen des Schneefalls nicht mehr anzugreifen. In der Zwischenzeit halten die Schlangen Wache. Du hast uns gut ausgebildet. Wir reiten so hart und kämpfen so mutig wie eh und je, aber wir können nicht überall gleichzeitig sein.«
»Und Arang?« fragte Stavan.
»Arang ist der beste Kriegskönig, den eine Stadt je gehabt hat«, erklärte Ranala grimmig, als wollte sie alle Anwesenden warnen, sich nur nicht zu erdreisten, dies abzustreiten, »aber wir sind immer froh, wenn du und Marrah wieder in Shara seid. Du wirst ein paar vertraute Gesichter vermissen. Vier Schlangen sind von den Bastarden getötet worden: Shuna, Grivar, Watma und Pan-gar – möge die süße Göttin ihnen Frieden schenken. Aber genug davon. Schlechte Nachrichten sind eine erbärmliche Art, Gäste willkommen zu heißen.«
Sie lehnte sich zurück und wies eine ihrer Töchter an, eine kleine Erfrischung zu bringen. Obwohl Ranala soviel Zeit im Sattel verbrachte, hatte sie es geschafft, drei Kinder in die Welt zu setzen, alles Mädchen, und als das älteste – ein Kind von sieben oder acht Jahren – mit einem Krug Wasser und einem Korb mit Fladenbrot und kleinen, in Blätter eingewickelten Stückchen Ziegenkäse ins Zimmer kam, wunderte Luma sich, wie selbstsicher die Kleine war. Als Ranala sie unwirsch anfuhr, den Korb abzustellen und wieder zu verschwinden, grinste das kleine Mädchen nur und setzte sich in eine Ecke des Raums, von wo sie die Unterhaltung der Erwachsenen mitverfolgen konnte.
Vielleicht hat Cousine Ranala ja eine zärtliche Seite, dachte Luma. Wenn dem so war, dann war an diesem Morgen nicht viel davon zu spüren. Ranala nahm ein Stückchen Ziegenkäse, wickelte es mit ihrer linken Hand aus und schob es sich geschickt in den Mund. Während sie kaute, musterte sie Luma und Keshna, als bemerke sie erst jetzt ihre Anwesenheit.
»Und wen haben wir hier?« sagte sie zu Luma. »Du bist Luma, nicht? Ich hätte doch glatt an dir vorbeigehen können, ohne dich zu erkennen. Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, Cousine, warst du kaum größer als ein kleines Hündchen. Und jetzt bist du so groß wie ein Storch.« Sie wandte sich an Stavan. »Sie sieht Marrah sehr ähnlich, aber sie hat auch viel von einer Nomadin.«
»Richtig«, pflichtete Stavan ihr bei. Er lächelte Luma zu. »Mein Beitrag.«
»Wie kommt sie mit einem Speer zurecht?«
»Einigermaßen gut. Sie ist stark, aber ihre Arme und ihr Oberkörper werden niemals so kräftig sein wie die eines Mannes. Andererseits ist sie mit einem Bogen von tödlicher Zielsicherheit.«
Ranala gab ein Grunzen von sich, das ein Ausdruck der Befriedigung zu sein schien, obwohl das schwer zu sagen war, da sie den Mund voller Käse hatte. Luma wurde klar, daß Stavan schon vorher mit ihr darüber gesprochen haben mußte, daß sie beide Schlangenkriegerinnen werden wollten. Sie blickte Ranala gespannt an.
Ranala wandte sich Keshna zu, und ihre Augen
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