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Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde

Titel: Alteuropa-Trilogie 3 - Das Lied der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Mackey
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der jüngsten Nomadenüberfälle fehlte einiges.
    »In der Tat«, fuhr sie fort, »haben wir, obwohl wir zur Zeit nicht einmal die volle Stärke haben, nicht ein einziges Schlachtroß und keinen einzigen Bogen übrig. Es gibt also zwei Möglichkeiten: Entweder du wartest in Shara, bis es den Schlangen gelingt, einem Nomadenstoßtrupp Schlachtrösser und Waffen zu stehlen – was sicherlich die sichere Alternative ist –, oder du wirst mit einem gewöhnlichen Jagdbogen und einem Packpferd vorlieb nehmen müssen, wenn du zu deiner ersten Begegnung mit dem Feind reitest.
    Da du ohnehin den berittenen Kampf erst noch erlernen mußt, schlage ich vor, du wartest. Ein Packpferd eignet sich nicht besonders gut, um damit in den Krieg zu reiten, aber du kannst sie zum Galopp antreiben und üben, aus dem Sattel mit Pfeilen auf einen Sack mit Heu zu schießen, bis sich etwas Besseres bietet. Schwer zu sagen, wie lange wir brauchen, um dir ein geeignetes Pferd zu bringen, aber wenn wir eines gefunden haben, kannst du es selbst zureiten und trainieren. Wenn du mit einem gewöhnlichen Jagd-bogen bewaffnet gegen die Nomaden reitest, bist du tot, bevor die Blätter von den Bäumen fallen, und ein toter Krieger nützt niemandem etwas.« Ranala blickte Luma an, als ob sie sie taxierte, und das, was sie sah, schien ihr zu gefallen. »Die erste Pflicht eines Kriegers«, schloß sie, »ist es, am Leben zu bleiben.«
    »Danke für den Rat, Cousine Ranala «, erwiderte Luma. »Und vielen Dank, daß du mir die Chance gibst, mit den Nattern zu reiten. Aber ich ...« Ihr war zumute, als hätte sie einen Knoten in der Zunge.
    »Sprich laut und deutlich!« sagte Ranala ungeduldig. »Eine Schlange spricht so laut, daß man sie verstehen kann.«
    Luma blickte Ranala trotzig an. Ihr war klar, daß das, was sie sagen wollte, dumm und störrisch war, und daß sie es vielleicht ihr Leben lang bereuen würde; aber die Worte lagen ihr bereits auf der Zunge, und sie war zu wütend und durcheinander, um sie zurückzuhalten. »In Ordnung«, erwiderte sie, und diesmal war es ihre Stimme, die von den Wänden widerhallte. »In Ordnung, Cousine Ranala. Ich werde laut sprechen, und ich werde mich verständlich ausdrücken. Ich möchte nicht mit den Nattern reiten – nicht, wenn Keshna nicht dabei ist. Keshna und ich sind wie Zwillinge. Wenn du eine von uns nimmst, mußt du auch die andere nehmen.«
    Ranala blickte Luma lange und durchdringend an, und in ihren Augen erschien ein Ausdruck der Verachtung.
    »Wenn Keshna keine Schlangenkriegerin sein darf, dann willst du also auch keine sein? Habe ich das richtig verstanden?«
    »Ja.« Luma war sich bewußt, daß sie eine große Chance ver-schenkte, doch sie war zu wütend, um sich darum zu kümmern. Ihre Wangen brannten. Sie kam sich hochmütig, lächerlich und kindisch vor, aber sie würde nicht mit den Schlangen kämpfen, wenn Keshna nicht ebenfalls kämpfen durfte. Alles andere wäre Verrat, und die Tochter von Marrah aus Shara verriet ihre Freunde nicht.
    Ranala wandte sich an Stavan. »Tja, das nenne ich eine beeindruckende Demonstration von Loyalität. Ich denke, das müssen wir anerkennen, was meinst du?«
    »Luma ist eine erwachsene Frau«, erwiderte Stavan. »Ich spreche nicht mehr für sie und Marrah ebenfalls nicht. Ich liebe sie, aber ich spreche nicht in ihrem Namen. Die Entscheidung liegt bei euch.«
    »Nun, ich liebe sie nicht«, erklärte Ranala. »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich sie mag.« Sie wandte sich wieder zu Luma um. »Ich sehe jetzt, daß ich mich geirrt habe. Ich dachte, du könntest eine ganz passable Kriegerin abgeben, aber du hast nicht den Verstand, den man braucht, um eine Schlange zu sein. Wenn du nicht gegen die Nomaden kämpfen willst, weil du Keshna gegenüber zu loyal bist, um ohne sie zu reiten, dann bin ich fertig mit dir.« Sie zeigte auf die Tür. »Geh, Cousine, und hör auf, meine Zeit zu vergeuden. Und wenn du Keshna siehst, richte ihr aus ...«
    Der Rest von Ranalas Nachricht war so obszön, daß selbst Stavan beeindruckt war.
     
    Luma marschierte von heftigem Zorn und bitterer Enttäuschung erfüllt aus Ranalas Mutterhaus. Erbost vor sich hin murmelnd stürmte sie über die glasierten Fliesen der Eingangshalle und stieß um ein Haar mit einem dunkelhaarigen Mann zusammen, der gerade das Haus betrat.
    »Wohin so eilig?« fragte er und trat einen Schritt zur Seite. »Ins Reich der Hölle!« fauchte sie auf Hansi. Wie stets war Hansi die einzig geeignete Sprache

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