Althalus
wollte ein anderer Fischer wissen.
»Nun, all diese Burschen im Forum, die mit prächtigen Gewändern auf den Straßen umherstolzieren, haben mich ziemlich herablassend begafft. Und wenn jemand das lange genug tut, bekommt er früher oder später dicke Augen.«
Die Fischer lachten allesamt und die Stimmung in der Schenke wurde entspannt und freundschaftlich. Geschickt hatte Althalus das Thema zur Sprache gebracht, das ihm am wichtigsten war, und alle verbrachten den Rest des Nachmittags damit, über die Reichen von Deika zu lästern. Noch ehe der Abend gekommen war, hatte Althalus sich mehrere Namen eingeprägt. Er verbrachte ein paar Tage damit, sich ein genaueres Bild zu machen, und entschied sich schließlich für einen wohlhabenden Salzhändler namens Kweso. Dann begab er sich zum Marktplatz in der Stadtmitte, besuchte die mit Marmor ausgekleideten öffentlichen Bäder und langte tief in seinen Geldsäckel, um sich Kleidung zu kaufen, die der derzeitigen Mode Deikas entsprach. Das Schlüsselwort für einen Dieb, der Kleidung für gewerbliche Zwecke ersteht, muss aus offensichtlichen Gründen »unauffällig« lauten. Anschließend begab Althalus sich zum Viertel der Wohlhabenden und beobachtete mehrere Tage -und Nächte das von Mauern umgebene Haus Kwesos. Der reiche Salzhändler war ein behäbiger, glatzköpfiger Mann mit rosigen Wangen und einem beinahe freundlichen Lächeln. Ein paarmal glückte es Althalus sogar, nahe genug an Kweso heranzukommen, dass er ihn reden hörte. Tatsächlich mochte er den pausbäckigen kleinen Burschen mit der Zeit, was so ungewöhnlich aber nicht war. Wenn man es recht besieht, ist auch ein Wolf in gewisser Weise von dem Reh angetan, mit dem er sich den Wanst voll schlagen will.
Althalus fand den Namen eines der Nachbarn Kwesos heraus. Mit angemessen geschäftsmäßiger Miene trat er eines Morgens durch das Tor des Salzhändlers, schritt zur Haustür und klopfte. Kurze Zeit darauf erschien ein Diener. »Ja?«, fragte er.
»Ich würde gern Herrn Melgor sprechen«, erklärte Althalus ihm höflich. »In einer geschäftlichen Angelegenheit.«
»Ich fürchte, Ihr habt Euch im Haus geirrt. Herr Melgor wohnt zwei Häuser weiter.«
Althalus schlug sich mit der Handfläche auf die Stirn. »Wie dumm von mir«, entschuldigte er sich. »Ich bedauere außerordentlich, dass ich Euch gestört habe.« Inzwischen waren seine Augen jedoch überaus beschäftigt. Kwesos Türriegel war ein schlichtes Ding und von der Eingangshalle zweigten mehrere Türen ab. Althalus senkte die Stimme: »Ich hoffe, mein Klopfen hat Euren Herrn nicht geweckt.«
Der Diener lächelte flüchtig. »Das bezweifle ich. Das Schlafgemach des Herrn befindet sich im oberen Stockwerk an der Rückseite des Hauses. Außerdem steht er um diese Zeit gewöhnlich auf, er dürfte also schon wach sein.«
»Da bin ich beruhigt«, sagte Althalus, während er sich immer noch unauffällig umschaute. »Ihr habt gesagt, dass Herr Melgor zwei Häuser weiter wohnt?«
»So ist es.« Der Diener lehnte sich aus dem Eingang und streckte den Arm aus. »Seht Ihr, dort, es ist das Haus mit der blauen Tür. Ihr könnt es nicht verfehlen.«
»Habt Dank, Freund, und ich möchte mich nochmals entschuldigen, dass ich Euch gestört habe.« Dann drehte Althalus sich um und kehrte auf die Straße zurück. Er grinste übers ganze Gesicht. Die List mit dem »falschen Haus« hatte ihm mehr Informationen eingebracht, als er zu hoffen gewagt hatte. Seine Glücksfee hielt ihn immer noch fest an ihren Busen gedrückt. Nur sie konnte es gewesen sein, die den Diener veranlasst hatte, ihm so allerlei zu erzählen. Es war noch ziemlich früh am Tag, und wenn Kweso sich üblicherweise um diese Zeit erhob, ging er vermutlich früh zu Bett. Also war anzunehmen, dass er um Mitternacht tief und fest schlummerte. Der Riegel an seiner Tür war leicht zu knacken, und im Garten vor dem Haus wuchsen hohe Bäume und üppige, blühende Sträucher, die reichlich Deckung boten. Ins Innere zu gelangen würde nicht schwierig sein. Inzwischen wusste Althalus auch, wo Kwesos Schlafgemach sich befand. Er brauchte sich also bloß in tiefer Nacht ins Haus zu stehlen, zu Kwesos Ruhestatt zu schleichen, ihn zu wecken und ihm eine Bronzeklinge an die Kehle zu setzen, damit er tat, was man ihm sagte. Das Ganze ließe sich in kürzester Zeit auf geschäftsmäßige Weise erledigen.
Leider kam es anders. Das pausbäckige, freundliche Gesicht des Salzhändlers verbarg unerfreulicherweise
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