Althalus
einen viel schärferen Verstand, als Althalus vermutet hatte. Kurz nach Mitternacht erklomm der schlaue Dieb die äußere Mauer, huschte durch den Garten und drang leise ins Haus ein. In der Eingangshalle hielt er inne, um zu lauschen. Bis auf einige Schnarchlaute, die aus den Gesinderäumen drangen, war es still im Haus. Lautlos wie ein Schatten huschte Althalus zum Fuß der Treppe, um ins obere Stockwerk zu schleichen.
Genau in diesem Augenblick brach in Kwesos Haus ein ohrenbetäubender Lärm aus. Drei Hunde, fast so groß wie Ponys, brachten mit ihrem kehligen Bellen schier die Wände zum Erbeben.
Althalus beschloss, den Rückzug anzutreten. Die leeren nächtlichen Straßen waren mit einem Mal unendlich anziehend für ihn.
Doch die Hunde am Fuße der Treppe schienen andere Pläne für ihn zu haben. Knurrend rannten sie los, wobei sie beängstigend scharfe Zähne fletschten.
Rufe ertönten aus dem Obergeschoss, und jemand zündete Kerzen an.
Althalus wartete angespannt, bis die Hunde ihn fast erreicht hatten. Dann sprang er mit der Behändigkeit eines Akrobaten über die Hunde hinweg, purzelte zum Fuß der Treppe hinunter und stürmte aus dem Haus.
Als er durch den Garten rannte, die Hunde dicht auf den Fersen, spürte er, dass etwas an seinem linken Ohr vorbeisirrte. Jemand im Haus -entweder der so täuschend harmlos aussehende Kweso selbst oder einer seiner unterwürfigen Diener -war offenbar ein fähiger Bogenschütze.
Althalus kletterte die Mauer hinauf, während die Hunde nach seinen Fersen schnappten und Pfeile von den Mauersteinen abprallten, dass Splitter und kleine Steinchen in Althalus' Gesicht rie selten.
Er rollte sich über die Mauerkrone, ließ sich hinunterfallen und spurtete los, noch ehe seine Füße auf dem Pflaster aufsetzten. Die Sache war ganz und gar nicht wie geplant verlaufen. Sein Treppensturz hatte anscheinend Blutergüsse und Schürfwunden an allen möglichen Körperteilen verursacht, und bei seinem Sprung auf die Straße musste er sich wohl einen Knöchel verrenkt haben. Er humpelte dahin und machte seinem Ärger mit lauten Verwünschungen Luft.
Da öffnete jemand aus Kwesos Haus das Gartentor, und die Hunde stürzten heraus.
Das ging dann doch etwas zu weit, fand Althalus. Durch seine Flucht hatte er seine Niederlage bereits eingestanden, doch es sah ganz so aus, als gäbe Kweso sich nicht damit zufrieden und sei auch noch auf Blut aus.
Es bedurfte einiger Ausweichmanöver und Kletterpartien über mehrere Mauern, doch letztendlich gelang es dem Dieb, die hartnäckigen Hunde abzuhängen. Danach durchquerte er die Stadt, um all die Aufregung weit hinter sich zu lassen, und setzte sich auf eine öffentliche Bank, wo er in Ruhe über das misslungene Unternehmen nachdenken wollte. Die zivilisierten Menschen waren offenbar gar nicht so arglos, wie sie aussahen. Jedenfalls beschloss Althalus, der Stadt Deika den Rücken zu kehren; er hatte genug von ihr gesehen. Doch ihm machte die Frage zu schaffen, weshalb seine Glücksfee ihn nicht vor den Hunden gewarnt hatte. Sie hatte doch nicht etwa geschlafen? Er würde mit ihr darüber reden müssen.
Seine Laune hätte schlechter nicht sein können, als er im Dunkeln vor einer Schenke im vornehmeren Teil der Stadt lauerte. Deshalb machte Althalus kurzen Prozess, als zwei modisch gekleidete Gäste auf die Straße torkelten. Er schmetterte den schweren Griff seines Bronzeschwerts auf ihre Hinterköpfe und bescherte den beiden ein friedliches Nickerchen in der Gosse. Dann nahm er sich fürsorglich ihrer Geldbeutel an und befreite die Herren obendrein von ein paar Ringen und einem recht hübschen Armband.
Betrunkene auf der Straße auszurauben war nicht wirklich seine Art, aber Althalus benötigte Reisemittel. Die beiden Männer waren die Erstbesten gewesen, und die Prozedur war die übliche; demnach war die Sache wohl nicht allzu gefährlich. Doch Althalus hielt es für das Klügste, kein Wagnis einzugehen, ehe er sich nicht ein gehend mit seiner Glücksfee unterhalten hatte.
Unterwegs zum Haupttor der Stadt wog er die beiden eben erbeuteten Geldsäckel in den Händen. Sie erschienen ihm beachtlich schwer, was ihn zu einem Schritt veranlasste, den er anderenfalls nicht einmal in Erwägung gezogen hätte. Er verließ die Stadt Dei-ka und humpelte bis kurz nach Einbruch der Abenddämmerung dahin, ehe er vor einem großen Bauernhof hielt, wo er tatsächlich ein Pferd erstand - und dafür bezahlte! Das war wider alle seine Grundsätze, doch
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