Althars Wolkenhort
zu suchen, weswegen ihr hierhergekommen seid.«
Zwei Krieger wollten die Treppe hinaufstürmen.
»Zurück!« schrie der Ritter.
Die Caer sahen ihn verständnislos an, gehorchten aber sofort.
»So ist es doch, nicht wahr?« fragte O'Marn Sadagar mit unheilvollem Lächeln. »Umsonst habt ihr euch nicht die Mühe gemacht, das Dickicht um den Turm herum in Brand zu stecken. Wir warten also. Euer Freund scheint sich dort oben mit allerlei Gefahren herumzuschlagen. Wozu soll ich sinnlos meine Krieger opfern? Wir brauchen nur zu warten. Wenn er ein solcher Held ist, wie mir berichtet wurde, wird er auch zurückkommen. Und was immer er sucht, er wird es finden und es uns bringen.«
Nottr wollte sich auf den Caer stürzen, doch augenblicklich bohrten sich von hinten Schwertspitzen in sein Fell.
O'Marn lachte dröhnend. »Wir haben viel Zeit«, sagte er. »Und die Aussicht auf einen Kampf mit dem Krieger, dessen Klinge unbesiegbar sein soll, wird sie mir nicht lang werden lassen.«
Zu seinen Männern gewandt, befahl er: »Und nun fesselt sie!«
Niemand hatte mehr auf Kalathee geachtet. Sie hatte sich nicht mehr gerührt und nicht das geringste Interesse für das gezeigt, was um sie herum geschah. Es war, als ob sie in eine tiefe Entrückung gefallen sei.
Außerdem mochte O'Marn sich sagen, dass von einer so zarten und noch dazu völlig geistesabwesenden Frau keine Gefahr ausgehen mochte.
Dies war einer der wenigen Irrtümer in der ruhmreichen Laufbahn des Mannes, der wie nur wenige Drudins Wertschätzung genoss .
Niemand hätte hinterher sagen können, wie die Panflöte plötzlich in Kalathees Hände geraten war. Mythor hatte sie Baumer abgenommen und eine Zeitlang bei sich getragen. Dann, als er und Nottr versuchten, sich einen Weg durch die Schlinggewächse zu bahnen, hatte er sie dort zurückgelassen, wo Kalathee und Sadagar gewartet hatten.
Vielleicht hatte Kalathee sie da schon aufgehoben und unter ihrem Kleid versteckt. Vielleicht hatte auch sie sie einfach vergessen.
Nun hatte sie die Flöte plötzlich in den Händen. Immer noch schien sie geistesabwesend. Unendlich langsam, so dass weder die Krieger noch O'Marn es bemerkten, hob sie das Instrument an die Lippen.
Kalathee begann zu blasen. Es war, als ob eine innere Stimme ihr sage, was sie zu tun habe. Sie blies einfach hinein, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein, und die Flöte selbst schien die Melodie zu spielen, die die Gefährten zum erstenmal gehört hatten, als sie von Baumers Wildschweinen angegriffen wurden.
Auch jetzt bemerkte Kalathee nichts von der Veränderung, die um sie herum vor sich ging. Sie blies weiter, immer weiter. Ihre Finger bewegten sich, doch nicht Kalathee war es, die ihnen den Befehl dazu gab.
*
Nottr glaubte, nun nichts mehr zu verlieren zu haben. Zehnmal lieber wollte er hier einen schnellen Tod hinnehmen, nun, da er keine Möglichkeit mehr sah, etwas für Mythor zu tun, als in die Gefangenschaft der Caer geraten und in eine ihrer schrecklichen Städte verschleppt werden. Im offenen Kampf konnte er wenigstens dafür sorgen, dass Mythor bei seiner Rückkehr so wenig Gegner wie möglich vorfand. Vielleicht drang der Kampfeslärm sogar bis in die Räume hinauf, in denen er sich jetzt befand.
Nottr spürte die Schwertspitzen nur im Rücken und in der Seite. Er sah, wie Caer mit Stricken kamen. Wenn er sich nun blitzschnell auf den Ritter stürzte. Es kam nicht dazu.
Plötzlich hörte er die Melodie. Einen Moment lang dachte er, Baumer sei zurückgekehrt und hätte seine Wildschweine auf den Berg getrieben. Aber Baumer war ohne seine Flöte davongezogen. Mythor hatte sie an sich genommen, und dann...
»Nottr!« flüsterte Sadagar. »Die Caer!«
Und der Lorvaner sah es. Sie waren Menschen wie er und der Steinmann. Nur in seinen Flüchen verglich er sie mit Baumers Freunden im Wald. Aber die Töne der Flöte bewirkten etwas mit ihnen. Sie erstarrten. Sie drehten sich um, sahen Kalathee an, aber ihre Bewegungen waren unendlich langsam. Coerl O'Marn hob den rechten Arm und wollte auf die Frau deuten, um ihr seine Krieger auf den Hals zu schicken, aber als der Arm mit dem Schwert oben war und der Ritter den Mund öffnete, kam kein Laut über seine Lippen.
Er erstarrte wie zu Stein. Allen Caer erging es so. Nottr sah es und konnte es nicht fassen.
Die Schwerter in seinem Rücken?
Vorsichtig machte der Lorvaner einen Schritt nach vorn. Die Caer hinter ihm waren nicht in der Lage, ihm zu folgen oder auf ihn
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