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Altstadtfest

Altstadtfest

Titel: Altstadtfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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20 Jahr! Die wolle, dass ich das Haus räume.«
    »Haben sie was gefunden?«
    »No, no, niente. Nur zwei Fliege.«
    »In der Suppe?«
    »No. In der Küche. Also, ich dachte, sind Fliege. Aber ware Kakerlak.« Und dann verriet sie uns, wer ihrer Meinung nach hinter der Kontrolle und dem Brief steckte. Ein Bauträger, der sich anschickte, das umliegende Karree in eine Wohlfühlwohnlandschaft zu verwandeln. Einige der Nachbarhäuser waren bereits abgerissen, das Innere des Areals wurde von schweren Maschinen durchpflügt. Ich erinnerte mich, von dem Bauvorhaben gelesen zu haben. Es war nicht das einzige in Neuenheim, und es war mindestens so umstritten wie die übrigen. Schicke Hamsterkäfige wurden übereinandergestapelt, alles familienfreundlich, von den Preisen einmal abgesehen. Und wenn die Ausmaße dieser Wohnsilos den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprachen, wurden sie eben angepasst. Die Vorschriften, nicht die Ausmaße.
    »Sie haben mir Geld versproche, wenn ich wegziehe«, sagte Maria. »Viel Geld, mamma mia!«
    »Wer? Leute von der Baugesellschaft?«
    »Ja. Ist vorgestern so ein Mann gekomme, hat freundlich getan, aber war nicht freundlich. Hat gesagt, mein Lokal hat keine Zukunft, so nicht oder so nicht, und ich soll das Geld nehme. Aber wo soll ich hin, Max? Was soll ich arbeite?«
    »Du hast abgelehnt?«
    »Certamente! Was glaubst du? Hat er gesagt, schade, dass ich so stur bin. So dicken Kopf habe. Hat immer gegrinst. An seinem Hals eine dicke, dicke Narbe. Dann hat er gesagt, ich soll in Acht nehme, weil sie hätten auch andere Methoden. Geht auch ohne Geld, hat er gesagt.«
    »Und du glaubst, die Baugesellschaft hat dafür gesorgt, dass dir das Gesundheitsamt auf die Pelle rückt?«
    »Aber ja! Ist doch klar wie Brühe mit Kloß.«
    »Meines Wissens«, mischte sich Herbert ein, »steckt der Bauträger in Schwierigkeiten. Die Arbeiten hier hinterm Haus gehen schon seit Wochen nicht voran. Angeblich springen die Investoren ab, weil sich immer noch Anwohner wehren. Und eine Kneipe wie der Englische Jäger ist nicht gerade das, was man in direkter Nachbarschaft zu Luxuswohnungen haben möchte.«
    »Sie möchten uns nicht, wir möchten sie nicht«, sagte ich. »Eigentlich sind alle einer Meinung. Trotzdem gibt es Ärger. Warum?«
    Maria schaute unglücklich drein.
    »Seid ihr schon wieder am Mauscheln, ihr zwei?«, rief Tischfußball-Kurt wütend. »Immer stecken diese Geheimniskrämer die Köpfe zusammen und drehen ihr eigenes Ding. Jetzt auch noch mit Maria. Lasst uns an euren Weisheiten teilhaben!«
    »Okay«, entgegnete ich. »Stell dir mal vor, Kurt, der Englische Jäger würde von heute auf morgen geschlossen. Was würdest du dann tun?«
    Er schaute mich an, wie er noch nie geschaut hatte. Seine Augen wurden kreisrund, die Unterlippe sank Richtung Boden. Selbst die Finger seiner rechten Hand lösten sich vom Orangensaftglas, um hilflos auf der Tischplatte herumzuzucken. Coppick und Hansen, Kurts Dackel, waren von der plötzlichen Stille so verstört, dass sie unterm Tisch hervorkrochen und zu winseln begannen.
    Auch die übrigen Gäste glotzten mich an. Niemand von denen, die mit uns am Tisch saßen, hatte die leiseste Ahnung, was er ohne diese Kneipe mit seinem Leben anfangen sollte.

2
    Die neue Woche begann mit lästigem Kleinkram. Ich spülte das Geschirr, das vom Sonntag herumstand. Ich machte einen Papierflieger aus dem Brief meines Vermieters. Jedes Jahr schrieb er mir, die Nebenkostenvorauszahlungen müssten erhöht werden, und jedes Jahr ignorierte ich ihn. Ich wechselte eine kaputte Glühbirne aus und brachte die leeren Mülltonnen in den Hof zurück. Auf meinem Schreibtisch lag die Ausgabe der Neckar-Nachrichten, die ich mir noch vor dem Frühstück gekauft hatte, und brüstete sich mit ihrem Aufmacher: ›Neonazis laufen Amok‹. Irgendwann deckte ich sie mit dem Telefonbuch ab.
    Dann ging ich einkaufen. Ich ließ mir Zeit dabei, wollte mir mit aller Macht etwas Gutes tun, aber eine Idee, was ich kochen sollte, kam mir nicht. Vorm Pasta-Regal meldete sich mein Handy. Die Nummer auf dem Display begann mit 0039. Das passte zwar zu den Nahrungsmitteln, vor denen ich stand, trotzdem hatte ich jetzt keine Lust auf einen Anruf aus Italien. Ich drückte ihn weg.
    Aber so leicht ließ sich meine Exfrau nicht abwimmeln. Als ich eine Stunde später, nach einem Umweg über eine Handvoll Geschäfte, in denen ich herumlungerte, ohne etwas zu kaufen, wieder zu Hause war, empfing mich das wütende

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