Alvion - Vorzeichen (German Edition)
eigentliche Bedrohung schon völlig ausreichte. Natürlich wusste ich es besser. Sofort bei der Erwähnung von Skeletten sah ich weiße, seelenlose Gerippe im düsteren Fackelschein ruhig über Planken gehen und die wenigen Überlebenden meines Volkes niedermetzeln, während ich im dunklen Wasser verborgen und starr vor Entsetzen war. Mit einem unwirschen Kopfschütteln scheuchte ich die Erinnerungen beiseite.
„ Es gibt keinen Grund, sich deswegen zu fürchten“, bemühte ich mich um Ruhe in der Stimme. „Es wäre ein beträchtlicher Vorteil, wenn sie tatsächlich nur Skelette gegen uns werfen. Sie sind langsam und ungelenk und nicht in der Lage selbstständig zu denken, sodass wir in dieser Hinsicht selbst eine zehnfache Überzahl nicht zu fürchten brauchten. Haltet euch an die wirkliche Gefahr und zeigt keine Gnade, denn wenn wir hier verlieren, wird es für uns, für unsere Familien und unsere Heimat auch keine geben!“
Während ich weiter die Stellungen abschritt, bezweifelte ich stark, ihnen mit dieser kleinen Ansprache Mut gemacht zu haben, doch meiner Ansicht nach verdienten es diese Männer, die Wahrheit zu wissen. Letztendlich würde sie das vielleicht entschlossener machen, als schwülstiges Gerede von Heldentaten und Heldenmut, mit dem andere Befehlshaber ihre Männer in die Schlacht schickten.
Ein ebenso großes Heer, wie jenes, das angreifen würde, bezog hinter diesem Stellung, um die zu erwartenden Lücken zu füllen. Die Meridianer würden sicherlich mit voller Wucht angreifen, vorne weg ungestüme Tepilkämpfer, kleine, massige Gestalten wie die Zal und äußerst gefürchtete Kämpfer, oder Skonen, erst dahinter kragische und naraanische Soldaten, die geordneter und disziplinierter kämpften. Wie erwartet, waren keine Reiter zu sehen, denn die waren im Kampf bergauf von keinem Nutzen, dafür gab es die Skonen, die auf allen Vieren stürmen konnten, ehe sie sich zum Kämpfen aufrichteten. Dennoch hätte ich erwartet, dass der Feind zumindest zur Sicherung des Vorstoßes Reiter einsetzen würde. Anscheinend jedoch waren sie sich ihrer Überlegenheit so sicher, dass sie leichtsinnigerweise darauf verzichteten. Das mochte ein Vorteil für uns sein, doch schon angesichts der Menge von Kämpfern unten in der Ebene blieb ich skeptisch.
Die Sonne gewann mehr und mehr an Kraft und begann, die Feuchtigkeit aus dem Boden zu ziehen, sodass bereits am Vormittag die Luft zu flimmern begann. Eine seltsame Stille lag über dem Land, so als würde es den Atem anhalten. Ich dagegen fühlte mich alles andere als ruhig, mein Herz pochte voller Erwartung und die Schweißtropfen, die sich auf meiner Haut bildeten, schienen nur zu einem Teil der Hitze geschuldet zu sein.
Und dann, von einem Augenblick auf den anderen ging es los! Signalhörner der feindlichen Armee waren in der Ferne zu hören, woraufhin sich unten im Tal alles, zunächst noch gemächlich, in Bewegung setzte. Die feindlichen Truppen begannen sich zu staffeln, um in Keilformation anzugreifen, mit dem Hauptschlag in der Senke und die beiden großen Truppenformationen zogen sich in die Breite, viel weiter, als die Senke breit war. Ich zählte vier Angriffsreihen vorne, dahinter Bogen- und Armbrustschützen, dahinter wieder Fußsoldaten und dahinter noch einmal Bogenschützen. Wie ich vermutet hatte, standen vor allem an den Seiten Skonen, da sie am schnellsten und besten die steilen Hänge überwinden konnten, während im Zentrum wohl auf die Wucht gesetzt wurde, mit der Tepilkämpfer anzugreifen pflegten. Ein Schlachtruf aus abertausenden Kehlen erklang unten im Tal, dann setzte sich der gesamte Heereskörper in Bewegung. Auf unserer Seite erstarrte alles in gespannter Erwartung. Die Bogen- und Armbrustschützen legten die ersten Pfeile und Bolzen bereit, hielten die Waffen aber noch zu Boden gesenkt. Die ersten feindlichen Soldaten erreichten den Beginn des Anstiegs und waren damit nur noch ein paar hundert Schritt von den Befestigungen entfernt. Auf halber Höhe begannen sie schließlich mit dem Sturm. Die Anspannung stieg ins Unermessliche und dann, als hätten die voranstürmenden Kämpfer eine unsichtbare Linie überschritten, schossen die Schützen das erste Mal und ein Pfeilregen senkte sich auf heranstürmenden Krieger. Kurz bevor sie jedoch die brüllenden Tepile erreicht hätten, prallten sie an einer unsichtbaren Barriere in der Luft ab und richteten keinerlei Schaden an. Unbeeindruckt setzten sie ihren Ansturm fort, dann waren
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