Alvion - Vorzeichen (German Edition)
Wort.
„ Lasst es gut sein, Syur, das Geschehene ist geschehen. Es stehen wichtigere Dinge an und es ist nicht mehr zu ändern!“
Er senkte seinen Kopf einige Momente schuldbewusst, als ich ihn anblickte. Kaum zu glauben, ein erfahrener Offizier von über vierzig scheute den Blick eines weit unter dreißigjährigen Mannes. Dann fasste er sich wieder und blickte mich an.
„ Wie groß ist die Übermacht, was denkt ihr?“
„ Mindestens dreifach, aber das fällt kaum ins Gewicht! Es sieht auch so düster genug aus! Ich hoffe, dass Salina von Zelio ihren Magiern standhalten kann, sonst sind wir ohnehin verloren!“
„ Ihr habt wahrscheinlich recht, und dann mögen uns die Götter beistehen!“, pflichtete er mir bei.
„ Gnädig sein, meint Ihr“, entgegnete ich düster.
Zwei Stunden später stand die Sonne bereits hoch am Himmel, obwohl es noch verhältnismäßig früh am Tag war, doch es war immerhin bereits Sommer. In wenigen Wochen erreichte die Sonne ihren höchsten Stand, das zeigte sich auch dadurch, dass es bereits jetzt ziemlich warm wurde. Es versprach wieder ein Tag zu werden, wie er schöner nicht sein konnte, fast so, als wollten uns die Götter noch verspotten. Alle Soldaten hatten mittlerweile ihre zugedachten Standorte erreicht. In vorderster Reihe saßen meine Armbrustschützen, daneben immer ein Langbogenschütze. Zwischen jedem solchen Paar lagerten die Pfeile und Bolzen, sodass sie einfach nur danach greifen mussten. Jedem dieser Pfeilhaufen war ein Reiter zugeteilt, der dafür zu sorgen hatte, dass den Schützen die Pfeile nicht ausgingen. Dazu hingen große Lasttaschen zu beiden Seiten seines Pferdes, damit er möglichst viele Geschosse aus dem Lager nach oben auf den Hügelkamm schaffen konnte. Vor den Armbrustschützen waren niedrige, etwa einen Schritt hohe Erdwälle angelegt, hinter denen sie Deckung finden sollten. Die Bogenschützen, die ihre Waffen nicht im Liegen bedienen konnten, hatten es da ungleich schwerer. Die Fußsoldaten ruhten im Schatten von kleinen Konstruktionen aus Tüchern und Stöcken. Ganz ähnlich sah es auch bei den anderen Abteilungen auf dem Hügelkamm aus.
In der Senke waren mit herbeigeschafften Bäumen Palisaden errichtet worden, die einen feindlichen Ansturm zumindest anfangs bremsen sollten, ohne größere eigene Verluste zu erleiden. Vorgelagert war noch ein Graben angelegt, der Rest des Geländes war mit kleinen, äußerst spitzen eisernen Dreibeinen und zugespitzten, in die Erde gerammten Pfählen möglichst unwegsam gemacht worden. An den seitlichen Anhöhen des Hügelkamms sah es momentan noch ähnlich aus. So weit es die Steigung zuließ, hatten die Soldaten auch dort Palisaden errichtet.
Zunächst standen auch in der Senke die Bogen- und Armbrustschützen in vorderster Reihe, doch dort würden über kurz oder lang die Schwertkämpfer nach vorne rücken und die Bogenschützen auf die Hänge oder nach hinten ausweichen. Über allem lag eine gespannte, fast schon an Ungeduld grenzende Ruhe, zur Stimmung wäre eigentlich ein aufziehendes Gewitter das dazu passende Wetter gewesen.
Unten in der Ebene hatte die Aufstellung begonnen. Eine Abteilung nach der anderen reihte sich in das gewaltige Heer ein, welches den Ansturm beginnen würde. Es sah aus, als würde unten im Tal eine riesige Kolonie Ameisen stehen, allesamt graufarben, wie die über den Kettenhemden oder Brustpanzern liegenden Waffenröcke der meridianischen Armee. Ich stand unbemerkt hinter zwei Soldaten, die sich leise unterhielten, und blickte mit meinem Fernrohr auf die unter mir liegende Szenerie.
„ Sie haben nicht einmal Unterhändler geschickt“, murmelte der eine gerade seinem Nebenmann zu.
„ Sie wollen einen Sieg, keine Kapitulation“, sagte ich, ohne das Fernrohr zu senken, merkte aber, dass sie mir beide das Gesicht zuwandten.
„ Aber wenn sie richtig verhandeln, retten sie vielen ihrer eigenen Soldaten das Leben“, warf einer von ihnen ein. „Ihnen muss doch klar sein, dass sie schwere Verluste erleiden werden.“
„ Was euch zeigen sollte, wie wenig sie das Schicksal ihrer eigenen Soldaten schert und weiterhin, wie wenig sie das eure schert“, erwiderte ich düster.
„ Ich habe gehört, sie können Skelette wieder mit Leben erfüllen und kämpfen lassen, das macht mir mehr Angst als alles andere“, sagte nun der andere mit angsterfüllter Stimme. Ganz offenbar hatte irgendjemand dieses Schauermärchen ausgegraben, wie es stets passierte, wenn die
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