Alzheimer ist kein Schicksal: Rechtzeitig gezielt vorbeugen
Vergesslichkeit leben und scherzen sogar darüber. Wissenschaftliche Untersuchungen zu den Auswirkungen des Alterns auf das Gedächtnis haben gezeigt, dass ein älteres Gehirn in der Regel mehr Zeit für die Verarbeitung neuer Informationen benötigt. Diese langsamere Verarbeitung betrifft alle Formen von Gedächtnis: das sensorische ebenso wie das Kurz- und Langzeitgedächtnis.
Das ältere Gehirn neigt zwar mehr zu Gedächtnislücken und pathologischen Erscheinungen, die zur Alzheimer-Krankheit führen können, im mittleren Alter (35 bis 55 Jahre) erleben wir jedoch eine kostbare Phase, in der es besonders agil wird. In dieser Zeit ist das Gehirn effizienter in der Verarbeitung der Informationen, die es im Laufe des Lebens angesammelt hat. So hat sich gezeigt, dass sich der Wortschatz im mittleren Alter vergrößert, und Neurowissenschaftler vermuten, dass ein Wachstumsschub in der weißen Substanz des Gehirns für diese neurale Agilität verantwortlich sein könnte. UCLA -Forscher fanden in Gehirnen von Personen mittleren Alters signifikant höhere Mengen an weißer Substanz in der Hülle der axonalen »Verdrahtung« der Nervenzellen. [40] Diese weiße Substanz dient den langen Axonen als Isolierschicht und erleichtert die effiziente Kommunikation zwischen Zellen, sodass sie Informationen schneller übertragen können. So mögen viele im mittleren Alter zwar darüber jammern, dass sie Schlüssel oder Brille verlegt haben, andere aber auch feststellen, dass ihnen das Führen eines Betriebes leichter fällt, weil sie das Gesamtbild sehen können, und dass sie ganz neue Lösungen für ihre Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis finden.
Zudem kommunizieren die voneinander unabhängige rechte und linke Gehirnhälfte besser miteinander, wenn das Gehirn älter wird. Bei Kindern, Heranwachsenden und jungen Erwachsenen arbeiten die beiden Gehirnhälften eher unabhängig – eine Hälfte kann Musik hören, während die andere eine Online-Suche durchführt. Untersuchungen zeigen, dass ältere Personen bessere geistige Fähigkeiten an den Tag legen, wenn beide Gehirnhälften an einer Aufgabe beteiligt sind. [41] Bei Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung verbessert ein Gedächtnistraining nicht nur die kognitive Leistung, es trägt auch dazu bei, dass die unterschiedlichen Gehirnregionen beim Lernen und Abrufen besser zusammenarbeiten. [42] Unser Gehirn kann auch dann, wenn sich in empfindlichen Gedächtniszentren amyloide Plaques und neurofibrilläre Bündel ansammeln, plastisch bleiben.
Die Abnutzung hinterlässt im Laufe der Jahre Spuren an den Nervenzellen, doch unser Gehirn kompensiert Fehlfunktionen der Neuronen auf natürliche Weise. Meine Forschungen an der UCLA deuten darauf hin, dass die Merkfähigkeit von Menschen mit genetischem Risiko für Alzheimer ebenso gut ist wie bei jenen ohne genetisches Risiko, doch ihr Gehirn muss sich vielleicht stärker anstrengen, um ein geringes altersbedingtes Nachlassen der Gedächtnisleistung auszugleichen. [43]
Frage : Mein Gedächtnis war immer schlecht. Kann ein Trainingskurs jetzt noch helfen, wo ich schon über 60 bin, oder ist das Zeitverschwendung?
Antwort : Solche Kurse werden zwar meist von Personen besucht, die mit fortschreitendem Alter ein Nachlassen der Merkfähigkeit feststellen, die dort gelehrten Methoden bieten jedoch Menschen mit Gedächtnisproblemen verschiedensten Ursprungs Hilfe. Einfache Techniken, wie Blick, Klick, Verbindungsstück und die Erzählmethode führten nachweislich zu Verbesserungen der Merkleistung, unabhängig davon, wie lange jemand schon Gedächtnisprobleme hatte.
Leider hören bei vielen Menschen letztlich die Kompensationsstrategien irgendwann auf zu funktionieren, und Alzheimer-Symptome machen sich bemerkbar. Unabhängig davon, ob jemand nun ein genetisches Risiko für Alzheimer hat oder nicht, kann er eventuell einige Alzheimer-Symptome um Jahre hinauszögern, indem er Techniken zur Verbesserung der Merkfähigkeit einübt und regelmäßig trainiert.
Gedächtnistraining für Anfänger
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die regelmäßige Anwendung grundlegender Merktechniken die Gedächtnisleistung verbessert, den altersbedingten Abbau verzögert und die Erhaltung der höchstmöglichen Merkleistung begünstigt – und das über Jahre hinweg. [44]
Unsere UCLA -Forschungsgruppe fand heraus, dass der Einsatz einfacher Merktechniken bestimmte neurale Schaltkreise im Stirnlappen unseres Gehirns aktivieren und stärken
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