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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Fängströms Tod zu tun haben sollte, war es sicher besser, sie nicht vorzuwarnen. Am Dienstagabend würde sie wieder in Kymlinge sein, und hatte man sechzehn Tage gewartet, konnte man auch siebzehn warten.
    Nachdem sie mit den Freundinnen Hökberg und Skare fertig war und in ihrem Büro ihr mittelmäßiges Mittagessen verspeist hatte – belegte Brote, eine Banane und ein fast abgelaufener Joghurt –, rief eine Frau vom Staatlichen Kriminaltechnischen Labor in Linköping an. Nach zwei Wochen war man nun endlich fertig mit der Analyse der eingeschickten Proben. Sie bedauerte, dass es so lange gedauert hatte, aber jemand – allem Anschein nach nicht sie selbst, sondern ein jüngerer männlicher Kollege – hatte sich ein bisschen ungeschickt angestellt; so etwas passiert sogar im Staatlichen Kriminaltechnischen Labor, außerdem hatte es einen verblüffenden Umstand gegeben.
    Einen Umstand?, hatte Backman pflichtschuldig nachgefragt. Einen verblüffenden?
    Allerdings, hatte die Frau weitergesprochen – an deren Namen Backman sich acht Stunden später in der Badewanne beim besten Willen nicht mehr erinnern konnte, aber sie hatte ihn in der Mail, und am nächsten Tag würde ein ausführlicher Bericht folgen, so dass es egal war – das habe die ganze Sache, mit Verlaub, ein klein wenig kompliziert.
    Backman hatte nochmals die erwarteten Fragen gestellt, und daraufhin war ihr der Sachverhalt dargelegt worden.
    Das Problem bestand im Mageninhalt bzw. der Hackfleischsauce. Oder dem Erbrochenen bzw. der Bolognese, wenn man so wollte. Die Analyse der Essensreste, die an jenem schicksalsschwangeren Abend (die Frau vom Labor hatte tatsächlich diese Formulierung benutzt: an jenem schicksalsschwangeren Abend , und Backman hatte sich insgeheim gefragt, ob sie davon träumte, ein Drehbuch fürs Fernsehen zu schreiben) in Fängströms Küche auf dem Tisch standen, hatte nämlich ergeben, dass sich in ihnen nicht die geringste Spur von Gift befand. Nur die ehrenwerten Zutaten, die man in einer halbwegs essbaren Sauce besagter Art erwarten durfte: Hackfleisch natürlich, Zwiebeln, Möhren, Bouillon, Sahne, pürierte Tomaten, Tomatenstücke, Salz und Pfeffer sowie vier oder fünf verschiedene Kräuter. Ein Schuss Rotwein – übrigens derselbe, der später als Getränk zum Essen dienen sollte. Ein paar Prisen Parmesan, offenbar gerieben.
    Backman hatte sich für dieses ausführliche Rezept bedankt, und daraufhin war man zur eigentlichen Crux gekommen. Was Raymond Fängström, genauer gesagt, den gewählten Kommunalpolitiker für die Partei der Schwedendemokraten in der Gemeinde Kymlinge, umgebracht hatte:
    Erbrochenes und Mageninhalt.
    Oder vielmehr, was man in beidem gefunden hatte (verdeutlichte die Frau vom Labor und legte eine kurze, aber gut gesetzte rhetorische Pause ein). Darin hatten sich nämlich erhebliche Mengen zweier verschiedener Gifte nachweisen lassen: Amatoxin und Orellanin. Beides waren bekannte Pilzgifte und kamen in den meisten giftigen und tödlichen Pilzarten im Lande vor. Dieses Gift musste Fängström allerdings zu sich genommen haben, bevor er sich mit seinem geheimen Essensgast und der bereits beschriebenen Sauce Bolognese an den Tisch gesetzt hatte. Die Spaghetti, den Käse, den Salat und den Wein nicht zu vergessen, allesamt unschuldig. Zu diesem Schluss kam man aufgrund des zeitlichen Ablaufs und des Vergiftungsbildes. Amatoxin und Orellanin wirken verhältnismäßig langsam, die Symptome treten frühestens nach acht Stunden auf, erfuhr Backman, aber es können annähernd vierundzwanzig Stunden verstreichen, bis sie zuschlagen. Amatoxin weist normalerweise einen etwas schnelleren Verlauf auf als Orellanin.
    Des Weiteren hätte Fängström gewisse Überlebenschancen gehabt, wenn ihn jemand ins Krankenhaus gebracht hätte. Nicht unbedingt gute, aber doch gewisse.
    Backman hatte sich auch für diese Informationen bedankt und erkundigt, ob man summa summarum sagen könne, dass Raymond Fängström möglicherweise beim Mittagessen vergiftet wurde, aber mit dem Sterben bis nach dem Abendessen gewartet habe.
    Dies, hatte die Frau vom Labor erklärt, sei in der Tat, was sich summa summarum sagen lasse.
    Keine fünfzehn Minuten nach diesem Telefonat traf dann eine Mail mit allen vorläufigen Informationen ein. Sowie einigen zusätzlichen, zum Beispiel, dass sowohl Fängströms Mageninhalt als auch sein Erbrochenes außer halbverdauten Resten von Pilzen, Brot und einer gewissen Menge Süßigkeiten noch eine

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