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Am Abend des Mordes - Roman

Am Abend des Mordes - Roman

Titel: Am Abend des Mordes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Tisch sitzen geblieben, um auf die Rechnung zu warten.
    Dann erinnerte er sich wieder. An die Stimme. Die Stiche in den Arm. Die Botschaft.
    Und das kleine Kärtchen, das er noch in seinem Portemonnaie bei sich trug, hatte plötzlich eine Bedeutung bekommen. Die Schwestern.
    Als Erstes rief er in der Poliklinik von Vilhelmina an. Fragte nach der Ärztin, die vor ein paar Tagen bei ihm gewesen war, wie war noch gleich ihr Name gewesen?
    »Was meinen Sie mit sie?«, hatte eine Frau in einem breiten nordschwedischen Dialekt entgegnet. »Wir haben hier nur einen Doktor namens Markström, und der ist definitiv ein Mann.«
    Er hatte sich bedankt, aufgelegt und fünf Minuten nachgedacht. Dann Inspektor Gunvaldsson angerufen. Es dauerte eine ganze Weile, bis er ihn auf seinem privaten Handy erreichte, aber am Ende hatte er ihn in der Leitung.
    »Was macht Ihre Allergie?«, erkundigte er sich.
    »Es geht mir Tag für Tag ein bisschen besser«, erklärte Gunvaldsson.
    So viel besser, erklärte er weiterhin, dass er im Moment mit einem Bier auf der Terrasse eines der besseren Restaurants von Karlstad saß. Was verschaffte ihm die Ehre?
    »Wenn ich Die Schwestern sage?«, hatte Barbarotti ihn gefragt. »Was sagen Sie dann?«
    Daraufhin war auf einmal die Verbindung abgebrochen. Er hatte noch zwei Mal angerufen, aber Gunvaldsson hatte sich nicht gemeldet. Normale Freizeichen, aber es ging niemand dran.
    Er erreichte die Zugbrücke und blieb für einen Moment mitten auf ihr stehen, ehe er in den Stadtteil Pampas auf der anderen Seite weiterging. Lehnte sich mit den Ellbogen auf das Geländer, schaute in den trägen Strom hinab und versuchte, vor seinem inneren Auge Ellen Bjarnebo heraufzubeschwören.
    Die grausame Mörderin von Klein-Burma?
    Von wegen.
    Die Schwestern?
    Ja, dann ist es eben so, dachte Inspektor Barbarotti. Ein geschlossener Raum. Bis auf Weiteres zumindest.
    Eva Backmans Balkon war ein Geschenk des Himmels. Die Wohnung, in die sie nach ihrer Scheidung von Ville gezogen war, lag im obersten Stockwerk eines Neubaus in Pampas, und wenn man dort oben saß, fühlte man sich wie eine Sturmmöwe. Ganz Kymlinge breitete sich unter einem aus: der Fluss und der Stadtwald, der alte Stadtkern mit den beiden Kirchtürmen, die Wohnviertel im Westen und Norden, Rocksta und Gårdinge, das Industriegebiet im Süden. Der alte und der neue Wasserturm und ganz hinten der See Kymmen, in dieser frühen Abendstunde nur dunkel zu erahnen, sowie an seinen beiden Ufern die Frucht tragenden Felder und Wald, ja, als Barbarotti sich in den Sessel fallen ließ, vergaß er für einen Moment alles andere, ließ einfach nur den Blick schweifen und dachte daran zurück, dass er vor einer Woche an Slussen gestanden und auf Stockholm hinabgeschaut hatte, und kam zu dem Schluss, dass diese Stadt hier auch nicht zu verachten war.
    Es war nicht das erste Mal, dass er sich hier oben aufhielt, natürlich nicht, aber an einen Frühsommerabend wie diesen konnte er sich beim besten Willen nicht erinnern.
    »Du könntest deine Wohnung im Sommer vermieten«, sagte er. »Der Balkon reicht völlig.«
    Eva Backman nickte. »Ich weiß. Ich habe schon darüber nachgedacht, das Bett herauszuziehen, aber ich weiß nicht, ob es durch die Tür passt. Danke, dass du endlich vorbeigekommen bist.«
    »Entschuldige«, sagte Barbarotti. »Ich bin zu egoistisch gewesen, aber Rönn behauptet, dass das keine Seltenheit ist, wenn man trauert. Wie geht es dir?«
    Eva Backman zögerte eine Sekunde. »Möchtest du eine höfliche oder eine ehrliche Antwort hören?«
    »Die ehrliche, bitte«, sagte Barbarotti.
    »Dann trinken wir erst einmal einen Schluck Wein«, erwiderte Backman. »Prost und herzlich willkommen.«
    Sie tranken, und im selben Moment schlugen die Kirchenglocken sieben.
    »Mir geht es nicht besonders«, erklärte Eva Backman und setzt ihr Glas ab. »Ehrlich gesagt habe ich mich selbst ziemlich satt, irgendwie erkenne ich mich gar nicht mehr wieder.«
    »Ich möchte eigentlich schon behaupten, dass ich dich noch wiedererkenne«, sagte Barbarotti.
    »Schön, dass du noch weißt, wie ich heiße«, bedankte sich Backman, »aber in letzter Zeit macht mich alles nur noch wütend und geht mir auf die Nerven, ich weiß gar nicht, wo das enden soll. Vor allem Ville und sein neuer Hausdrache natürlich, aber auch andere Dinge.«
    »Ich bilde mir ein, dass es da eine Art weibliche Phase gibt, wenn man in dein Alter kommt«, schlug Barbarotti behutsam vor. »Aber vielleicht

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