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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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horchen. Da höre ich die dumpfen Stimmen der Männer. Sie stehen vor dem Haus und reden. Die Tür kann jeden Augenblick aufgehen. Aber das schert mich nicht. Ich renne in die Küche, werfe mich auf den Fußboden, fummle mit den Fingern, bis sie den Metallring packen. Dann zerre ich die Falltür hoch, spüre den kühlen Wind, der mir direkt ins Gesicht bläst.
    »Runter!«, flüstere ich.
    Benjamin klettert flink die steile Treppe hinunter. Devil sieht mich fragend an.
    »Devil auch!«, flüstere ich Benjamin zu.
    Er klettert schnell wieder nach oben und streckt beide Arme aus. »Komm, Devil!«, sagt er.
    Die Haustür wird geöffnet. Plötzlich werden die Stimmen der Männer lauter und deutlicher.
    Devil schaut schwanzwedelnd zum Flur. Ich knie neben ihm nieder und schiebe ihn auf die Luke zu. Und als wollte er nicht länger mein entsetztes Gesicht sehen, lässt er sich von Benjamin nach unten tragen.
    Mit zitternden Beinen gehe ich rückwärts die Treppe hinunter. Als ich die Falltür vorsichtig über mir zuziehe, höre ich die Schritte der Männer in der Küche.
    •
    Wir stehen regungslos in dem kleinen Vorratskeller. Langsam gewöhnen sich die Augen an die Dunkelheit. Der kühle Luftstrom streicht leicht durch die Haare. Über unseren Köpfen hören wir die Männer. Ich halte Devil wieder die Schnauze zu. Als die Schritte sich endlich entfernen, dreht Benjamin sich zu der schweren Eisentür um und schiebt sie auf. Der Wind bläst mir direkt ins Gesicht.
    »Komm!«, flüstert er.
    Devil und ich folgen ihm durch die Tür. Dann schiebt er sie wieder zu, und ich lasse mich an ihrer Rückseite zu Boden sinken.
    »Wir sind in Sicherheit«, sagt Benjamin. »Wir haben noch mal Glück gehabt!«
    Ich bin still, bis mein Atem sich beruhigt hat. Dann sage ich leise: »Ja, ich hab wirklich Glück gehabt!«, und sehe ihn an.
    Dann tasten wir uns durch den Tunnel, bis wir in den großen Raum kommen. Alles sieht genauso aus wie in dem Video, das David und Gabriel uns ein paar Abende nach unserer Rückkehr aus der zerstörten Stadt gezeigt haben.
    »Hier können wir erst mal bleiben«, sagt Benjamin und zieht ein paar Decken aus einer Ecke.
    »In diesem Raum habt ihr also gelebt?«
    Benjamin nickt. »Hier gab’s sauberes Wasser. Aber damals waren zu viele Ratten da. Sie haben uns nachts angegriffen, uns gebissen und so. Die Kleinen hatten schreckliche Angst. Damals gab’s einfach überall Ratten. Ich glaube, die meisten haben sich inzwischen in die Stadt verzogen.«
    »Ja, ich weiß«, sage ich.
    Benjamin hustet rasselnd, schweigt kurz, als müsste er nachdenken, und sagt schließlich: »Und dann war da die Familie.«
    »Die tote?«
    »Vor der haben wir uns am meisten gefürchtet.«
    »Das kann ich mir denken«, sage ich.
    Auf einmal dreht sich mir der Kopf. Eine Menge loser Bruchstücke wirbeln darin durcheinander – halbgedachte Gedanken, unmögliche Gedanken, verrückte Gedanken. Mir wird schwindlig.
    Nach einiger Zeit stehen wir auf und tasten uns weiter durch den Tunnel. Bei dem unterirdischen Bach halten wir an und trinken. Bald danach lässt sich ein schwacher Lichtschimmer erahnen, und irgendwann hat das Licht so stark zugenommen, dass wir die Tunnelwände sehen können. Der Wind ist auch stärker geworden, und ich schnuppere angestrengt, in der Hoffnung, das Meer zu riechen. Doch der Wind ist leer, trägt überhaupt keine Gerüche mit sich. Nur das ferne Geräusch der schreienden Vögel heißt uns willkommen. Als wir die Mündung des Tunnels erreichen, rennt Devil voraus, hoch auf den Wall. Es tut gut, wieder im Freien zu sein und gleichzeitig weit weg von den Männern auf dem Hof.
    Oben auf dem Wall steht unsere Statue, die David und Gabriel wieder aufgebaut haben. Und darunter schimmern die seltsamen Teiche mit ihrem goldglänzenden Wasser.
    »Weißt du, warum die angelegt worden sind?«, frage ich und deute mit dem Kopf auf die Teiche.
    Er schüttelt den Kopf. »Das Wasser ist gefährlich«, sagt er.
    Ich drehe mich um und sehe aufs Meer hinaus. Es liegt blank und glänzend da, und das große Floß ruht still auf seinem Unterwasserriff. An Bord erheben sich die Anfänge eines hölzernen Hauses.
    »Wenn wir damit lossegeln«, sage ich, »kommen wir vielleicht in ein besseres Land.«
    Benjamin nickt, aber ich sehe, dass er nicht so recht daran glaubt.
    »Es sieht gut aus«, sagt er nur.
    •
    26 . SZENE. INNENAUFNAHME. HEUBODEN.
    DINAH, DAVID, GABRIEL, DIE KINDER (HÄNFLING).
     
    Die Luke in der Wand ist leicht

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