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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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Richtung, in die er gezielt hat. »Da vorne bewegt sich was. Aber wir müssen noch näher ran«, flüstert er.
    Auf Zehenspitzen schleichen wir weiter, mit größter Vorsicht. Bleiben immer wieder stehen, spähen, lauschen. Im Boden raschelt es, als würden Tiere dort graben. Dann noch ein paar Schritte. Sachte, sachte. Ich kann etwas erkennen, was wie ein Loch in der Erde aussieht. Und ich sehe, wie kleine Lebewesen daraus hervorwuseln. Erst verstehe ich nicht, was es ist. Wichtel oder Gnome, schlägt mein phantasievolles Gehirn vor. Doch dann begreife ich, es sind tatsächlich Ratten! Vorsichtig kriechen sie an die Erdoberfläche, setzen sich hin und schnuppern, dann kratzen sie sich, dass es nur so staubt. Daher also das seltsame Rascheln.
    Benjamin und David spannen ihre Bogen. Sie sind nah genug, um treffen zu können. Ich wage kaum zu atmen. Beinah gleichzeitig schießen sie ihre Pfeile ab, als hätten sie es geübt. Ich höre, wie die Pfeile ihre Ziele treffen. Die Ratten stoßen schrille Schreie aus, stellen sich auf die Hinterbeine und starren uns an. Aha, sie haben uns entdeckt, denke ich. Jetzt werden sie fliehen. Doch stattdessen strömen noch mehr Tiere aus der Unterwelt. Sie bewegen sich auf uns zu, als wollten sie uns testen. Schreien durchdringend. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Benjamin und David ihre Bogen spannen und sofort wieder schießen. Die Pfeile treffen mit einem dumpfen Geräusch, es klingt wie tiefe Seufzer. Aber die Ratten lassen sich nicht aufhalten. Inzwischen kommen sie näher, auf breiter Front. Eine von ihnen, eine große dunkelbraune mit nadelspitzen Zähnen, scheint eine Art Anführerin zu sein, mit der die anderen Tiere immer Kontakt halten. Die Anführerin bewegt sich in der Mitte der Schar. Ich versuche, David und Benjamin auf sie aufmerksam zu machen. Sie schießen erneut. Der gleiche schwere Seufzer, wenn die Pfeile sich in ihr Ziel bohren. Aber die Ratten scheinen nur noch erregter zu werden. Sie schreien. Zeigen die Zähne, was ihre Gesichter zu aggressiven Grimassen verzerrt. Die große Anführerin ist jetzt vorne an der Spitze.
    So geht das nicht, denke ich. Die werden uns totbeißen. Ich hebe die Hand und deute auf die Anführerin.
    »Die da! Die müsst ihr töten!«, schreie ich.
    Benjamin schießt blitzschnell. Ich sehe, wie die Anführerin einen Satz in die Luft macht, als der Pfeil sie trifft. Dann landet sie auf dem Boden. Der Pfeil hat den Körper durchbohrt und ragt vorne und hinten heraus. Die Ratte stellt sich auf die Hinterbeine, sieht uns an und schreit. Dann wirft sie sich mit aller Kraft nach vorn. Der Pfeil verhakt sich in anderen Tieren. Ich sehe, dass sie stark hinkt.
    »Noch mal!«, flüstere ich. »Erschießt sie!«
    Ich höre, wie ein neuer Pfeil einen Bogen verlässt. Die Anführerin wird wieder getroffen, stürzt nach hinten und bleibt auf dem Rücken liegen. Die Beine bewegen sich noch, als versuchten sie zu fliehen. Kurz erzittert sie, dann wird der Körper still.
    Eine neue Art Unruhe ergreift die Ratten, als sie verstehen, dass ihre Anführerin tot ist. Der Mut scheint sie zu verlassen. Nach einem kurzen Chaos machen sie kehrt und fliehen in das Loch zurück. Wir bleiben stehen und sehen ihrem Rückzug zu.
    •
    Benjamin sammelt die toten Tiere ein. Erst stellt er den Fuß auf die Ratten und zieht die Pfeile heraus, dann bindet er die Tiere an den Schwänzen zusammen und hängt sie sich über die Schulter. Auf der Veranda angekommen, reicht David ihm das scharfe Messer, damit schlitzt er den Bauch des ersten Tieres auf. Er reißt eine Handvoll glibberiger Eingeweide und Därme heraus und wirft sie auf den Boden, wo Devil sie im Nu verschlingt. Schließlich macht Benjamin ein paar Schnitte ins Fell und zieht es mit raschem Handgriff vom Körper ab. Ich sehe den nackten Rattenkörper und Benjamins blutige Hände an.
    •
    Vor dem Haus machen wir ein Feuer. Inzwischen sind alle wach und wollen neugierig wissen, was los ist. Die Kinder stupsen die toten Tiere an. David hat den Fußabtreter vor der Küchentür geholt und aufs Feuer gelegt. Als das Holz heruntergebrannt ist und die Glut hellorange leuchtet, legt Benjamin die Ratten auf das Gitter. Es zischt, und weißer Rauch steigt auf. Himmel hilf, das darf doch nicht wahr sein!, denke ich und erinnere mich plötzlich daran, wie oft wir daheim im Garten gegrillt haben. Hier stehe ich mitten im Nirgendwo und grille frisch erlegte Ratten!
    •
    Als die Ratten durchgebraten sind, nimmt Benjamin sie

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