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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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Tag wohl ein Mittwoch. Bald war wieder Wochenende. Pompom …
    Dann wanderten meine Gedanken zu Gabriel, vielleicht, weil ich zuerst an Dinah dachte, meine beste Freundin, die er ausgeliehen hatte. Es war, als hätte er sich verwandelt. Er schien ein anderer Mensch geworden zu sein, seit er mit Dinah zusammen war. Ein anderer Mensch oder derjenige, der er eigentlich war?
    Hinter mir hörte ich das Klappern schneller Absätze.
    »Ach, du bist das!«, rief Gun-Helen aus. »Herrje, das gießt ja! Wie soll ich da nur zu meinem Auto kommen?«
    »Vielleicht hört es bald auf«, sagte ich.
    »Das hoffe ich wirklich. Das ist ja schlimmer als die Sintflut.«
    Ich sagte nichts, nickte nur. Dann standen wir schweigend da und starrten in den Regen hinaus.
    »Wie geht’s dir überhaupt, Judit? Bist du traurig?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es ist nichts«, sagte ich.
    »Ist irgendwas passiert?«
    Wieder schüttelte ich den Kopf. »Nein«, sagte ich. »Nichts.«
    »Komm«, sagte Gun-Helen, »wir gehen kurz in mein Zimmer. Hier können wir ja nicht stehen bleiben.«
    Ich zuckte die Schultern, folgte ihr aber. Als wir ins Sekretariat kamen, sank Gun-Helen vor dem Computer auf den Stuhl.
    »Will bloß schnell das Wetter checken«, sagte sie. »Nimm schon mal Platz!«
    Ich wickelte mir den Schal ab und hängte Davids Jacke über einen Stuhl, bevor ich mich aufs Ledersofa setze.
    »Hilfe, das ist ja der Wahnsinn, es soll die ganze Nacht so weiterschütten«, sagte Gun-Helen. »Ich muss nur kurz zu Hause anrufen. Nimm dir Obst!«
    Ich nahm eine Banane und schälte sie, während Gun-Helen mit einem ihrer Kinder redete.
    »Ich ruf wieder an«, sagte sie. »Grüß Papa und sag ihm, dass ich hier festsitze.« Sie beendete das Gespräch und seufzte laut. »Mal sehen, wie das hier noch endet, Judit. Pontus hat erzählt, dass allmählich die Straßen überschwemmt werden.«
    Ich nickte. Kaute an der Banane. Sie schmeckte gut.
    »Vielleicht musst du hier übernachten«, sagte ich.
    Gun-Helen schüttelte nachdenklich den Kopf. »Sieht ganz so aus.«
    Ich schwieg, während Gun-Helen eine Nachrichtenseite aufrief. Dann wandte sie sich wieder mir zu.
    »Fühlst du dich hier im Vogelnest wohl?«
    Ich nickte. »Vor allem, seit Dinah hier ist«, sagte ich.
    »Schön, dass ihr euch gefunden habt.«
    »Aber inzwischen verbringt sie viel Zeit mit Gabriel.«
    »Die beiden sind zusammen, nicht wahr?«
    Ich nickte.
    »Ist das der Grund, warum du traurig bist?«
    Ich überlegte kurz. Das hatte ich mich auch schon gefragt.
    »Nein«, sagte ich dann. »Ich finde es gut, dass sie zusammen sind.«
    Gun-Helen lächelte. »Im ersten Moment hätte das wohl keiner gedacht, dass die beiden zusammenpassen«, sagte sie.
    »Sie lieben Bücher«, erklärte ich. »Und Filme. Es hat viel damit zu tun. Irgendwie haben sie dieselben Interessen. Gabriel ist plötzlich wie ein anderer Mensch.«
    Gun-Helen lächelte und nickte.
    »Und du hast David, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Ist alles in Ordnung zwischen euch?«
    Ich überlegte. War alles in Ordnung zwischen David und mir? Ich nahm es an. David war David. Daran konnte ich nichts ändern. Aber ich hatte ihn gern.
    Ich nickte.
    »Es ist wie immer«, sagte ich.
    »Und? Ist das gut?«
    »David ist eben David«, antwortete ich.
    Plötzlich klopfte Red Bull an die Tür und kam herein.
    »Wir haben ein Problem im Blauen Haus«, sagte er.
    Gun-Helen seufzte und stand auf.
    »Was ist denn jetzt schon wieder?«
    Als ich hörte, dass es nur um ein Mädchen ging, dem es schlecht geworden war, und David nichts damit zu tun hatte, stand ich auch auf.
    »Ich geh in mein Zimmer«, sagte ich.
    Gun-Helens Absätze klapperten schon weit weg.
    »Bis morgen, Judit!«, rief sie und ließ mich mit dem Summen in meinem Kopf allein zurück. Ich hatte sie fragen wollen, ob das ständige Summen vielleicht von den vielen Gedanken und Worten herrührte, die in mir umhersausten. In meinem Kopf ging es zu wie in einem verdammten Bienenstock.

Der letzte Tag
    Meine allerletzten Erinnerungsbilder stammen aus der Zeit, als es ernsthaft zu regnen anfing. Aber irgendwie fließen sie ineinander. Es ist, als hätte sich ein feuchtes Tuch über die folgenden Tage gelegt.
    Es regnete immer weiter. Der Fluss stieg und hatte den höchsten Punkt der neuen Dämme erreicht. Der Ganser stand mit seiner Videokamera am Fenster und filmte das vorbeirauschende Wasser. Einmal schaukelte eine umgekippte Imbissbude im Fluss. Der Ganser erwischte sie mit der Kamera, und am

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