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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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und lass dich begrüßen!«, rufe ich. »Hier bist du sicher.«
    Doch das Schwein bleibt stehen. Ab und zu dreht es den Kopf und späht durch die Hecke in Richtung Felder. Inzwischen wird es schnell hell. Aber obwohl ich mir Mühe gebe, kann ich nicht erkennen, wonach das andere Schwein Ausschau hält. Ist es ein anderes Tier? Oder sind da mehrere andere Tiere? Eine Herde, von der die beiden Schweine verfolgt worden sind? So wird es wohl sein. Das andere Schwein sieht wieder auf die Felder hinaus.
    »Komm her, Schweinchen!«, locke ich.
    Doch das Schwein bleibt stehen.
    »Wovor hast du denn Angst? Ist da jemand, der dich auffressen will?«
    Ich überlege kurz. »Bleib da!«, sage ich und laufe rasch in die Küche, um eine Handvoll Muscheln zu holen. Als ich herauskomme, stehen beide Schweine vor der Veranda. Als Tüchtig die Muscheln sieht, grunzt er zufrieden.
    »Das hier schmeckt dir, nicht wahr?«, sage ich und gebe ihm ein paar, die er sofort verschlingt.
    Das andere Schwein folgt den Muscheln mit den Augen. Es ist offensichtlich genauso hungrig wie Tüchtig.
    »Kommt mit, dann gibt’s mehr!«, sage ich, bewege mich rückwärts in Richtung Stall und werfe ihnen dabei Muscheln zu, worauf sie mir folgen. Als ich immer noch rückwärts in den Stall gehe, sind die Schweine so mit den Muscheln beschäftigt, dass sie nicht darauf reagieren, sondern den Leckereien hingebungsvoll bis in die Box folgen.
    »Hier seid ihr sicher«, sage ich und schiebe unter dem Einsatz all meiner Kräfte die Boxentür zu.
    Als ich zurückkomme, steht Gabriel auf der Veranda. »Hast du noch eins erwischt?«, sagt er und lacht.
    »Ist doch super, oder?«
    Er nickt. »Das Neue sieht molliger aus«, sagt er.
    »Vergiss es!«, sage ich. »Der Kumpel von Tüchtig wird nicht angerührt!«
    »Vorhin war noch irgendwas draußen auf dem Feld«, sagt er.
    »Ich weiß«, sage ich. »Ich glaube, irgendein Rudel war hinter den beiden her.«
    »Ein Rudel?«
    Ich nicke und sehe auf die Felder hinaus, die jetzt in scharlachrotem Morgenlicht baden.
    »Vielleicht Wölfe«, sage ich und gehe ins Haus.
    •
    »Es gibt noch mehr Schweine, ist das nicht super?«, sage ich. »Das muss ja bedeuten, dass hier irgendwo noch andere Tiere leben.«
    Plötzlich bin ich so guter Laune wie schon lange nicht mehr. Das neue Schwein hat mir die Hoffnung zurückgebracht. Wenn es Schweine gibt, muss es doch auch Pferde, Kühe und Hühner geben. Tiere, die aus der Gefangenschaft geflohen sind und jetzt hilflos umherirren, falls sie in dieser Hitze überhaupt überleben.
    Wir gehen in die Küche. Die Tür ist nicht abgeschlossen. Die Familie sitzt um den Tisch, unverändert stumm.
    »O nein!«, seufzt Dinah. »Können wir sie nicht woanders hintun? Ich halt’s nicht mehr aus, sie immer hier rumsitzen zu sehen.«
    Wir schauen Dinah an. Keiner von uns verspürt die geringste Lust, die tote Familie irgendwohin zu transportieren. Dinah zuckt die Schultern. »Hab nur Spaß gemacht.«
    »Mann, ich hab echt Kohldampf«, seufzt David.
    Ich sehe mich in der Küche um. »Irgendwo müsste es eine Speisekammer geben«, sage ich. »Meine Oma hatte eine, in die man reingehen konnte, groß wie ein Zimmer, mit Regalen vom Boden bis zur Decke. Und die Regale waren immer voller Dosen, Einmachgläser und Flaschen. In einer Holzkiste auf dem Boden waren Kartoffeln für ein ganzes Jahr. Man weiß nie, was passiert, hat Oma immer gesagt.«
    »Stimmt«, sagt Gabriel. »Irgendwo müssen sie ihr Essen aufbewahrt haben.«
    »Ja, sie müssten wenigstens einen Vorratskeller haben«, sage ich. »Das hat man immer auf dem Land.«
    Ich inspiziere den Küchenboden Stück für Stück, kann aber wieder keine Anzeichen einer Luke in den Bodenbrettern finden.
    »Unterm Tisch!«, sagt Dinah plötzlich. »Hast du da schon nachgeschaut?«
    Ich schüttle den Kopf. »Der Küchentisch hat doch bestimmt schon immer dort gestanden«, sage ich.
    »Aber genau dort könnte es eine Luke geben!«
    Ich betrachte den gestreiften Flickenteppich, der unterm Tisch liegt. Sehe die Katze und den Hund, die darauf liegen. Ja, dort könnte sich natürlich eine Luke verbergen. Aber eine Luke unterm Küchentisch?
    »Das kommt mir unpraktisch vor«, sage ich zweifelnd.
    »Aber perfekt, wenn man sie verstecken will«, sagt David.
    Ich nicke.
    »Das ist die einzige Stelle, wo wir noch nicht gesucht haben«, sagt Gabriel.
    »Das geht auch nicht«, sage ich.
    »Doch. Man braucht bloß den Teppich wegzuziehen, dann sieht man den Fußboden«,

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