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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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der Länge nach durch, breitet sie auf Zeitungspapier aus und bestreut sie mit Salz. Kurz darauf drückt sie die Hälften aus und legt sie in die große Bratpfanne. Dort brutzeln sie in Öl, bis Oma plötzlich Hackfleisch, Tomaten, Oliven und Berge von Knoblauch hineingezaubert hat.
    »Simsalabim«, sagt Oma und stellt das duftende Gericht auf den Tisch.
    »Du kochst die besten Auberginen der Welt«, sage ich.
    »Nur weil Opa sie so geliebt hat«, sagt sie.
    »Weil er aus Griechenland kam«, sage ich, denn diese Geschichte habe ich schon so oft gehört.
    »Ist es schwierig, Auberginen zu züchten?«, frage ich.
    »Kein bisschen«, antwortet Oma. »Das ist nur eine Frage der Zeit. Sie müssen gehegt und gepflegt werden.«
    »Genau wie die Himbeeren«, lache ich.
    »Du weißt ja schon alles«, sagt Oma.
    »Daheim haben wir fast nur Stoffblumen«, sage ich.
    •
    Im selben Moment, als ich erklären will, warum das so ist, ertönt die erste Explosion. Draußen vor dem Küchenfenster ist die Luft voller Erde und Gemüse. Als ich aufstehe und ans Fenster trete, sehe ich, dass an der Stelle, wo das Gemüsebeet war, ein riesiger Krater im Garten klafft. Aber als ich das berichten will, ist Oma verschwunden. Ich merke, dass ich im Obergeschoss im Bett liege, und kann gerade noch denken, aha, es war doch nur ein Traum, als ganz in der Nähe eine neue Explosion zu hören ist. Das ganze Haus erbebt, und die Fensterscheiben klirren. Die anderen sind schon wach.
    »Was passiert denn da?«, murmle ich.
    »Das ist Krieg«, sagt David.
    »Wirklich?«
    »Aber wahrscheinlich ein alter Krieg«, sagt Gabriel.
    »Wie denn das?« Ich befinde mich immer noch im Zwischenraum zwischen Traum und albtraumhafter Wirklichkeit.
    »Diese Art von Waffen benützt man schon lange nicht mehr. Das eben waren Kanonen.«
    Gabriels letzte Worte werden von einer kräftigen Detonation erstickt.
    »Kaninchen?«, murmle ich.
    •
    Aber mehr passiert nicht. Wir liegen die restliche Nacht wach und warten auf das Schlimmste, suchen hinterm Bett Schutz, spitzen die Ohren, lauschen mit ängstlich tickenden Herzen, wie verängstigte kleine Tiere. Doch der Krieg scheint zu ersterben und abzuklingen. Zurück bleibt nur eine riesige Leere, das Vakuum aus Hier und Jetzt: unsere Zeit.
    •
    Und die Sonne geht wieder auf, rund, rotglühend, irrsinnig. Das starke Licht erhellt den Hof, als würde hier ein Film gedreht. Wir baden in Licht. Als die Strahlen auf altes Laub in der Hecke treffen, ist ein kurzes Zischen zu hören, und leichter Brandgeruch steigt auf. Wir vermeiden es, ins Freie zu gehen, und wenn es unbedingt sein muss, dann nur dick vermummt und mit Augenbinden. Es ist unerträglich, schlimmer als der Regen, weil die Sonne einem den Atem raubt. Als würden die Strahlen nicht nur altes Laub vernichten, sondern auch den Sauerstoff verbrennen, der in der Luft ist.
    »So stark ist die Sonne sonst doch nie«, japst Dinah.
    »Vielleicht fängt jetzt der Sommer an«, sage ich.
    Als der Abend uns endlich Erleichterung bringt, setzen wir uns auf die Veranda. Es ist immer noch heiß, der gelbe Schlick blubbert im Boden, der Hof ist in Dunstschwaden aus Rauch und Dämpfen gebettet. Ringsum in der Ebene schweben Luftspiegelungen, die große Städte vortäuschen, kleine Dörfer, Herden von weidenden Tieren, was auch immer. Eigentlich sollte man riesige Tiere erwarten, die sich mit der Kraft der Sonne messen könnten: Riesenechsen, Dinosaurier, Elefantenherden, vielleicht Krokodile. Doch letzten Endes bleibt die Landschaft leblos, verbrannt, verbraucht.
    »Es ist fast wie am Anfang«, sagt David. »Als das Leben entstand.«
    »Oder wie am Ende«, sage ich. »Wenn das Leben ausstirbt.«
    Wir schweigen und betrachten das Spiel der Muster und Formen in der Luft.
    »Oder beides«, sagte Gabriel nach einer Weile. »Wenn es zu Ende geht und erneut anfängt.«
    •
    Wir suchen im Stall, in der Scheune und sogar oben auf dem Heuboden der Ratten nach Diesel. Immer wieder schauen wir hinter den Gebäuden, hinter Hecken und Büschen nach. Aber wir finden keinen Dieseltank, keine Behälter oder Fässer.
    »Komisch«, sage ich. »Auf einem Bauernhof muss es doch Diesel geben.«
    »Vielleicht war der Vorrat gerade alle«, meint Gabriel.
    »Aber dann müsste es leere Fässer oder so was geben.«
    »Ich glaube, der Dieselvorrat ist gestohlen worden«, sagt David. »Ganz sicher ist jemand hier gewesen und hat den ganzen Tank geklaut.«
    Ich nicke. »Das würde alles

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