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Am Anfang war das Ende (German Edition)

Am Anfang war das Ende (German Edition)

Titel: Am Anfang war das Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Casta
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erklären.«
    »Vielleicht sind Benzin und Diesel knapp geworden«, sagt David.
    »Und was machen wir jetzt?«, frage ich. »Ohne Diesel ist das hier ja die pure Steinzeit.«
    •
    Die Dunkelheit senkt sich schwer wie ein alter Theatervorhang herab. Ringsum wird es schwarz. Nicht so wie an den bisherigen Abenden, als wir die Umrisse der Bäume, der Gebäude auf dem Hof und der Landschaft noch erkennen konnten. Dieses Dunkel ist absolut, unerbittlich und bedrückend. Wir tasten uns vor, berühren uns immer wieder gegenseitig mit den Händen, um uns zu vergewissern, dass alle noch da sind und niemand in dieses beängstigende schwarze Meer hinausgeirrt ist.
    »Die Erde scheint von einer Dunstschicht abgeschirmt zu werden«, sage ich. »Darum leuchten auch keine Sterne.«
    »Aber was ist mit dem Mond?«, sagt Dinah. »Den müsste man doch sehen.«
    »Der ist vielleicht runtergefallen«, sagt David.
    »Hör auf!«, faucht Dinah.
    »Aber es ist echt verdächtig«, murmelt Gabriel. »Der Mond müsste doch zu sehen sein.«
    •
    Im Morgengrauen werde ich von einem durchdringenden Schrei geweckt. Erst glaube ich, dass er aus dem Haus kommt. Ich richte mich im Bett auf und lausche. Ich muss an das weinende Kind denken, das ich neulich gehört habe. Das Weinen klang damals, als käme es von unten. Aber jetzt ist alles wieder still. Die anderen schlafen, nur Gabriel bewegt sich unruhig im Bett, als würde er gleich aufwachen. Als ich den schrillen Schrei erneut höre, einen Schrei, der klingt, als hätte jemand Angst oder schlimme Schmerzen, ahne ich, was es ist. Ich stürze aus dem Bett und die Treppe hinunter zur Haustür und öffne sie.
    Die Nacht löst sich allmählich in dunkelgraue umherschwebende Schleier auf. Es ist fast unmöglich, etwas zu erkennen. Ich bleibe draußen stehen. Von dem Feld, das an den Hof angrenzt, kommen Geräusche, die mich an murmelnde Stimmen erinnern, bis mir aufgeht, dass es sich um trampelnde Füße handeln könnte. Füße oder Hufe, das lässt sich nicht unterscheiden. Vielleicht findet irgendwo dort draußen der Krieg statt.
    Es ist so kalt, dass ich erschaure. Da ertönt der Schrei wieder. Noch lauter und schriller als je zuvor. Ich halte die Hände wie einen Trichter an den Mund und rufe, so laut ich kann.
    »Tüchtig! Hier bin ich!«
    Nach meinem Ruf wird es ganz still. Die murmelnden Füße halten an. Ich rufe noch einmal.
    »Tüchtig, komm her!«
    Dann lausche ich. Endlich kommt seine Antwort, weit entfernt.
    »Ööuuf, ööufff!«
    »Ja, komm her, mein Schweinchen!«, rufe ich voller Freude. »Komm zu Frauchen!«
    Er antwortet sofort. Jetzt klingt es schon etwas näher, so als wäre er zu mir unterwegs. Ich rufe immer wieder, damit er zwischen den grauen Schleiern den Weg findet. Schließlich höre ich seine Hufe im Garten über den Boden trommeln.
    »Bravo, Tüchtig, komm her zu Frauchen!«
    »Ööööuuuf, ööööuuuf!«
    Ich bücke mich, um Tüchtig zu umarmen, höre aber, wie er kurz vor mir stehen bleibt.
    »Öff! Öff!«, ruft er.
    »Was ist denn? Komm schon!«
    Aber Tüchtig zögert. Inzwischen kann ich ihn sehen. Die schweren Schleier lösen sich allmählich auf. Es ist kurz vor Sonnenaufgang. Ich spüre, dass die nächtliche Kälte allmählich nachlässt. Tüchtig späht zu den Feldern hinüber.
    »Öff! Öff!«, schreit er.
    »Was ist denn, Wutziwutz? Was willst du mir denn erzählen?«
    Ich durchquere den Hof und den Garten und spähe dabei über die Hecke. Dort draußen ist noch jemand. Jemand, der Tüchtig die herzzerreißenden Schreie entlockt hat.
    Plötzlich kracht etwas weiter hinten durch die Hecke. Erst traue ich meinen Augen nicht. Aber als das Tier durch den Garten auf Tüchtig zugaloppiert, sehe ich deutlich, was es ist. Noch ein Schwein! Genauso behaart und zottelig wie Tüchtig. Das neue Tier bleibt bei Tüchtig stehen. Die beiden beschnuppern sich und grunzen im Chor. Dann schaut Tüchtig zu mir her.
    »Na, so was, Tüchtig, hast du einen Kumpel gefunden! Ist ja super! Bring ihn her, damit ich ihn begrüßen kann!«
    Tüchtig sieht das andere Schwein an. Dann rennt er auf mich zu und schaut sich immer wieder um. Doch das andere Tier bleibt stehen.
    »Da bist du ja, Tüchtig, mein Guter! Wo hast du denn gesteckt? Wenn du wüsstest, was für Sorgen ich mir um dich gemacht habe!«
    »Ouuuöööf!«, sagt Tüchtig und hebt den Kopf, damit ich ihn überall kraulen kann.
    Das neue Schwein beobachtet uns genau und verfolgt jede einzelne meiner Bewegungen.
    »Komm her

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