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Am Anfang war das Wort

Am Anfang war das Wort

Titel: Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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jemand große Mühe gegeben. Ich bin mir ziemlich sicher, daß diese Kassette eine exakte Kopie der anderen ist, die Ido Duda'i aus Amerika mitgebracht hat.«
    »Du meinst also, das ist die berühmte achte Kassette?« fragte Scha'ul.
    »Es sieht so aus. Aber los, hören wir sie uns an. Hast du hier einen Recorder?«
    »Bitte«, sagte Scha'ul und zog ein Gerät aus seiner Schublade.
    »Die Kassette dauert eine ganze Stunde!« sagte Juval. »Du weißt doch, daß ich um acht verabredet bin.«
    »Juval, ich will sie mir nicht ganz anhören, es dauert nur ein paar Minuten, du wirst schon sehen«, erklärte Michael und bemerkte die vorwurfsvoll zusammengepreßten Lippen und den enttäuschten Blick, den er schon so oft gesehen hatte.
    Die erste Seite der Kassette war vollkommen leer. Eli Bachar drückte auf die Knöpfe, die das Band vor- und zurücklaufen ließen. Auch als er die zweite Seite abspielte, war kein Ton zu hören, nur das Rauschen des Bandes. Als Juval den Mund aufmachte, um wieder zu protestieren, und Michael ihm beruhigend die Hand auf den Arm legte, als wolle er sagen: Noch eine Minute, drang plötzlich eine Stimme durch den Raum, eine alte Stimme, die mit starkem russischen Akzent die Worte sprach: »Beim Morgengrauen verwelken die blauen Blumen auf deiner Haut.« Dann war es wieder still. Einige Sekunden sagte keiner ein Wort. Auch Juvals Augen waren auf den kleinen Recorder geheftet.
    Michael ließ das Band zurücklaufen und drückte auf einen Knopf. Die Worte waren wieder zu hören, dann eine abgerissene Silbe, von einer anderen Stimme.
    »Was ist das für ein Satz?« fragte Eli Bachar.
    »Das ist eine Zeile aus einem Gedicht von Tirosch«, antwortete Michael und spielte die ansonsten leere Kassette weiter ab.
    »Das war's«, sagte er endlich, »sonst ist kein Wort drauf.«
    Scha'ul prüfte die Kassette und sagte: »Das ist eine von TDK. Solche kann man auch in Israel kaufen. Aber sie werden im Ausland gemacht, in Japan.«
    »Alles wird im Ausland gemacht«, sagte Michael verträumt. »Man ermittelt dort auch in Mordfällen.«
    »Was meinst du damit?« fragte Eli Bachar und warf Michael einen besorgten Blick zu, als sei er plötzlich verrückt geworden.
    »Ich sage, daß dies die Kassette ist, auf der Ido Duda'i das Gespräch mit dem alten Russen aufgenommen hat, in den Vereinigten Staaten, und man muß kein Genie sein, um zu sagen, daß es mit großer Wahrscheinlichkeit die fehlende Kassette ist. Das ist die Aufnahme von Ido Duda'is Gespräch in North Carolina, und jemand hat es gelöscht. Warum?«
    Wieder wurde es still im Zimmer. Bachar senkte den Kopf, und Michael sagte wütend: »Ich hätte gedacht, daß ihr, nachdem wir das Auto des Ermordeten gefunden haben, wenigstens alles untersucht hättet, wie es sich gehört.«
    Eli Bachar antwortete nicht.
    »Also, was machen wir jetzt?« fragte Scha'ul im Ton eines Schülers.
    »Das ist die Frage«, antwortete Michael. »Komm, Juval, es ist schon Viertel vor acht, und morgen ist ein großer Tag.«
    Das Telefon klingelte, als sie schon an der Tür waren, aber Scha'ul nahm den Hörer auf. »Einen Moment«, sagte er, »er ist da, du hast Glück, daß du ihn noch erwischst.« Er hielt Michael den Hörer hin. »Hier, für dich.«
    Auf dem Weg zum Telefon hörte Michael, wie sein Sohn einen Seufzer ausstieß. Doch als er die aufgeregten Worte am Ende der Leitung hörte, konnte ihn Juvals Vorwurf schon nicht mehr erreichen. »Gut, bringt ihn gleich ins Büro«, sagte er zum Schluß und rieb sich die Handflächen an der Hose, erst die eine, dann die andere. Eli Bachar blickte ihn besorgt an.
    »Was ist passiert?« fragte Scha'ul. »Warum bist du so blaß?«
    Michael antwortete nicht. »Komm, wir setzen dich unterwegs ab«, sagte er zu Juval. »Ich muß zurück zur Arbeit.«
    Im Gesicht des Jungen spiegelten sich Ärger und zugleich Entschlossenheit: einerseits selbstbewußt zu wirken, seine Enttäuschung nicht zu zeigen, und andererseits seinen Vater merken zu lassen, daß es immer so war, daß er ihm Sachen versprach, die er dann nicht hielt. Das alles demonstrierte Juval mit nach unten gezogenen Mundwinkeln, ein Ausdruck, den sein Vater gut kannte, auch die Gefühle, die dahintersteckten. Aber jetzt sah Michael nichts außer dem Nebel, der in seinem Kopf aufstieg. »Wie oft habe ich dir schon gesagt«, hörte er Schorrs Stimme, »daß man vorsichtig sein muß mit Intuitionen, daß man ihnen nur beschränkt trauen darf.« Und dann, auf dem Weg zum Büro, hörte

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