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Am Anfang war das Wort

Am Anfang war das Wort

Titel: Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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und? Wie ich gesagt habe, Rafi und ich sind zu seiner Mutter gegangen und haben ihr gesagt, sie soll mit uns kommen. Sie hat gefragt, warum, was soll das heißen, und ich habe was gesagt von falscher Zeugenaussage und warum ihr Sohn ihr nicht den Kurzschluß repariert hat, wenn er da war. Da wußte sie, daß sie in der Falle saß, aber sie hat nichts gesagt. Sie hat auch keine andere Geschichte erzählt. Sie hat nur dagestanden wie ein Denkmal und hat gesagt, daß sie sonst nichts sagt und daß sie nicht mit zur Polizei fährt, mit niemandem, und wenn wir das wollen, dann müssen wir sie mit Gewalt abschleppen. Na ja, hätte ich sie mit Gewalt mitnehmen sollen? Ich sagte zu ihr, okay, gnädige Frau, wenn Sie es so wollen, dann wird sich die örtliche Polizei auf Ihrer Türschwelle niederlassen. Wir haben ihr Telefon abgestellt, und sie wird von einem der dortigen Polizisten bewacht, damit sie ihren Sohn nicht warnen kann. Dann sind wir auf dem schnellsten Weg zurückgefahren.«
    »Das heißt, daß er in Wirklichkeit gar nicht in Rosch-Pina war?« fragte Eli erschrocken.
    »Das heißt, daß er am Freitag abend dort war. Und sein Flugzeug ist am Donnerstag um zwei Uhr mittags angekommen, also habe ich gedacht, daß man ihn fragen muß, wo er gewesen ist. Wenn ihr nichts dagegen habt.«
    Die Tür ging auf, und Rafi Elfandaris Kopf erschien. »Er ist da. Willst du ihn?«
    »Er soll warten«, sagte Michael.
    »Er soll noch ein bißchen kochen«, zischte Balilati giftig, und Elfandari verschwand.
    »Wann seid ihr zurückgekommen?« fragte Eli Bachar.
    »Gerade eben. Fünf Minuten bevor ich euch im Labor erwischt habe. Wir hatten noch nicht mal Zeit, was zu essen. Das ist eine ganz schöne Strecke, nach Rosch-Pina. Auf dem Rückweg hat Rafi es in drei Stunden geschafft. Und während ich dich angerufen habe, hat er schon vor Kleins Haus gestanden, damit das Vögelchen ja nicht wegfliegt. Also, was sagst du zu dieser Geschichte? Da ist einer, der den besten Ruf hat, der Hochverehrte höchstpersönlich, aber, wie dein Boß sagt, man muß immer mit den Nachbarn reden.«
    Balilati schwieg nun und schaute Michael an, der noch immer mit undurchdringlichem Gesicht wie erstarrt dasaß. Balilati rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. »Ich sterbe vor Hunger«, sagte er. »Kommt, gehen wir um die Ecke und bringen wir auch dem Boß was zu essen, ja, Ochajon? Was meinst du?«
    Michael schwieg. Schließlich machte er eine undeutliche Bewegung mit dem Kopf, und Balilati zog es vor, dies als Zustimmung zu deuten. Zögernd fragte er: »Was soll ich dir bringen?«
    »Nichts, danke«, antwortete Michael, als er bemerkte, daß die beiden anderen schon bei der Tür waren. »Ich habe keinen Hunger, ich habe heute schon was gegessen.« Der Geschmack der Zwiebeln vom Mittagessen kam ihm hoch. Als sie gegangen waren, wählte er Schorrs Nummer. Niemand antwortete. Er versuchte Schorrs Nummer zu Hause, auch dort war keiner. Schließlich legte er den Hörer auf und sagte sich, daß jetzt niemand die Arbeit für ihn machen könne. Er versuchte, die Verwirrung und den Schrecken abzuschütteln, er fühlte sich wie betäubt. Niemand war schuld, niemand hatte ihn reingelegt, nur er sich selbst, und jetzt fühlte er sich betrogen. Arie Levi hatte recht, er war auf die gute Adresse reingefallen, auf die alte Familie, auf den modernen Renaissancemenschen. Und vielleicht hatte er ja doch eine Geschichte, eine einfache Erklärung. Doch warum hätte seine Mutter dann lügen müssen? Was hat Klein zu verbergen? fragte er sich, als er die Nummer des Nachbarzimmers wählte und zu Elfandari sagte, er solle den Mann hereinschicken.
    Klein stand in der Tür. Er trug dasselbe Hemd, das er vor einigen Stunden getragen hatte, gestreiftes Hemd mit kurzen Ärmeln, das seine muskulösen Arme betonte. Neben ihm sah Rafi kleiner aus, als er in Wirklichkeit war. Rafi verließ das Büro aufgeregt. Michael wußte, daß er im Nachbarzimmer sitzen und jedes Wort hören würde, das hier gesprochen wurde.
    Er fühlte, wie sein Gesicht starr wurde und seine Augen ausdruckslos.
    Auch Klein sah angespannt aus, zum ersten Mal, seit Michael ihn an der Universität getroffen hatte, als er ins Sekretariat gekommen war und seine Stimme erhoben hatte. Sein Gesicht war blaß. Auf Michaels stumme Aufforderung hin setzte er sich auf den Stuhl auf der anderen Seite des Tisches. Wieder hatte Michael den Geschmack der Zwiebeln im Mund, vermischt mit dem der griechischen Oliven, und eine

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