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Am Anfang war das Wort

Am Anfang war das Wort

Titel: Am Anfang war das Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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genaue Zeitpunkt des Todes feststand. »Ja«, sagte der Offizier der Staatsanwaltschaft, »dann kann man die Sicherheitsbeamten der Universität befragen.« Der Rektor sah sie an und fragte schließlich, welche Möglichkeiten es sonst noch gebe.
    »Gut«, sagte Levi nachdenklich, »es gibt natürlich noch andere Möglichkeiten, zum Beispiel politische Motive oder persönliche oder sexuelle.«
    Der Rektor schaute sich erschrocken um, und Michael sah ihm an, daß er das nicht glaubte. Erst jetzt fiel ihm auch die andere Sache wieder ein. Er sprach ruhig, und bei seinen ersten Worten wurde es still im Zimmer. »Gestern abend«, sagte Michael Ochajon, »bin ich aus Eilat zurückgekommen. Ich war dort Zeuge eines Tauchunfalls.«
    Alle sahen ihn schweigend an. Arie Levi wollte etwas einwenden, doch Michael kam ihm zuvor und fügte hinzu, indem er den Rektor der Universität direkt anschaute: »Ein junger Mann namens Ido Duda'i, sagt Ihnen der Name etwas?« Der Rektor schüttelte den Kopf, und Arie Levi machte bereits den Mund auf.
    Der Pressesprecher, der Offizier der Staatsanwaltschaft und Eli Bachar warteten gespannt.
    »Ich habe gehört, daß er ebenfalls Dozent für hebräische Literatur war. Es stellt sich zwangsläufig die Frage, ob zwischen den beiden Fällen nicht ein Zusammenhang besteht. Zwei Männer von derselben Fakultät, am selben Wochenende.«
    »Davon weiß ich noch gar nichts«, sagte der Rektor diplomatisch, »aber ich werde mal nachfragen.« Er schaute zögernd zu Arie Levi hin, und als dieser nickte, griff er nach dem Telefon und sprach kurz mit seiner Sekretärin.Diese bestätigte, daß Ido Duda'i, Dozent für hebräische Literatur, bei einem Tauchunfall ums Leben gekommen sei. Dann drehte er sich wieder zu ihnen um. »Sie hat gesagt, die Beerdigung finde erst morgen statt, da eine Obduktion angeordnet worden sei. Ich habe natürlich nichts davon gewußt.« Er warf Michael einen entschuldigenden Blick zu. »Nun, aber dies hier ist doch etwas ganz anderes. Ein Tauchunfall in Eilat und ein gewaltsamer Tod hier.«
    Arie Levi schaute Michael interessiert an. »Ja, man muß tatsächlich der Frage nachgehen, ob es eine Verbindung zwischen den beiden Vorfällen gibt«, sagte er zögernd und richtete an Marom die Frage: »Wie viele Mitglieder hat die Abteilung Literatur?« Marom antwortete entschuldigend, er wisse das nicht genau, aber die Verwaltung würde ihnen natürlich jede Information zukommen lassen, die sie benötigten. Seiner Meinung seien es ungefähr zwanzig. »Einschließlich der Assistenten«, sagte er. Dann schaute er wieder Michael an und sagte zögernd: »Trotz des tragischen Vorfalls, wirklich, sehr tragisch, leuchtet mir nicht ein, warum es eine Verbindung zwischen den beiden Fällen geben sollte. Schließlich ist die eine Sache hier passiert, an der Universität, und die andere war ein Unfall in Eilat.«
    Plötzlich bildeten die Angehörigen der Polizei eine Front. Keiner antwortete dem knochigen Mann, der über seine Krawatte strich, die einzige Krawatte im Zimmer, und auf dessen weißem Hemd jetzt deutlich Schweißflecken zu erkennen waren. Arie Levi fuhr sich durch das kurze, krause Haar, wischte sich die Stirn ab und sagte beruhigend: »Vielleicht gibt es keinen Zusammenhang, aber man muß der Sache nachgehen. Immerhin, am selben Wochenende zwei Fälle. Von derselben Fakultät.«
    Pnina von der Spurensicherung steckte den Kopf durch die Tür. Nichts war von ihrer energischen Lebensfreude geblieben, und ihre sonst so rosigen Wangen waren blaß. »Wir fahren jetzt endlich«, sagte sie zu Arie Levi, und dieser nickte. Sogar sie hält es nur schwer aus, dachte Michael, ich bin nicht der einzige hier, der die Fassung verloren hat. Bevor die Tür hinter ihr zufiel, hörten sie draußen auf dem Flur den Lärm, den die Reporter veranstalteten, und in den Blicken, die sie tauschten, lag verzweifelte Resignation.
    Arie Levi nickte Gil zu, dem Pressesprecher der Polizei von Jerusalem, und sagte: »Nun geh schon zu ihnen hinaus. Sag ihnen irgend etwas. Sag, daß die Sicherheitsvorkehrungen geprüft werden, was weiß ich. Nur keine Panik. Du mußt unbedingt betonen, daß es bis jetzt keine Hinweise auf Sicherheitsprobleme gibt, damit die Politiker nicht gleich anfangen zu schreien. Aber schreien werden sie sowieso. Die Rechten werden behaupten, daß der Har ha-Zofim sicher sein muß, daß man arabische Studenten nicht zulassen dürfe, und die Linken werden sagen, man hätte den Campus nicht hierher

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