Am Anfang war der Tod
Dilessio um Hilfe zu bitten. „Erst sagte er, er könne nichts tun. Doch dann tauchte er im Krankenhaus auf, und jetzt will er mit dem Polizisten reden, der den Fall bearbeitet.“
„Und … hat er schon?“ fragte Gwyn.
„Nein. Aber hinter der Sache steckt mehr, davon bin ich überzeugt. Ich bete darum, dass Stuart bald wieder aufwacht und ein paar Hinweise geben kann.“
„Vielleicht kann Brennan dir etwas sagen“, meinte Gwyn.
„Wie kommst du darauf?“ fragte Ashley überrascht.
„Weil er dich den ganzen Morgen angestarrt hat.“
„Meinst du?“ Verflixt. Dann hatte er ja tatsächlich mitbekommen, dass sie die ganze Zeit gezeichnet hatte.
„Ich weiß es.“
Mit einem mulmigen Gefühl ging sie zurück in den Unterricht.
Nach der Pause kam dummerweise auch noch Captain Murray in die Klasse. Er sagte jedoch nichts, sondern beschränkte sich darauf, die Schüler und Schülerinnen zu beobachten.
Ashley hatte den Eindruck, dass er es besonders auf sie abgesehen hatte.
Irgendwann beugte sie sich zu Arne hinüber und wisperte ihm ins Ohr: „Bilde ich mir das nur ein, oder starrt er mich wirklich die ganze Zeit an wie ein Habicht seine Beute?“
Arne zog eine Augenbraue hoch. „Vielleicht will er dich anmachen.“
„Rede keinen Unsinn.“
„Du siehst doch süß aus, Montague.“
„Nach dem Unterricht kannst du was erleben, Arne.“
Er grinste. Gwyn, die hinter ihnen saß, lehnte sich nach vorne. „Ich weiß nicht, Ash. Hast du vielleicht eine Schublade voller unbezahlter Strafzettel? Erst hat Brennan dich die ganze Zeit angestarrt, und jetzt tun sie’s beide.“
Sie legte Papier und Bleistift beiseite und nahm sich vor, während des restlichen Unterrichts aufmerksam zu sein.
Endlich neigte sich der Nachmittag dem Ende zu. Sie überlegte, Brennan zu fragen, ob er etwas über den Unfall herausgefunden hatte, doch eigentlich wollte sie so schnell wie möglich verschwinden.
Die Entscheidung wurde ihr abgenommen. Als sie sich erhob, richtete Murray das Wort an sie.
„Montague?“
„Ja, Sir?“
„Ich muss mit Ihnen sprechen. Und zwar sofort.“
Carnegie erwies sich als ausgesprochen hilfsbereit. Er war sofort einverstanden, sich um vier Uhr mit Jake in einem Coffeeshop zu treffen und ihm von seinen Nachforschungen zu berichten.
Jake legte die Rückfahrt ohne Unterbrechung zurück und schaffte es gerade noch, pünktlich zu sein.
Carnegie war in den Fünfzigern und schien kurz vor der Pensionierung zu stehen. Obwohl sie seit langem Kollegen waren, hatten sie sich nie zuvor gesehen. Doch vom ersten Moment an verlief das Treffen harmonisch. Sie verband eine Art Bruderschaft, weil beide mit den Jahren ein wenig müde geworden waren und dennoch unentwegt weiterkämpften.
„Wissen Sie, die Eltern haben mir von Anfang an im Nacken gesessen und darauf gedrängt, dass ich unbedingt etwas herausfinden muss. Sie beharrten darauf, dass ihr Sohn keine Drogen nimmt“, erzählte er Jake als Erstes.
„Ich habe sie kennen gelernt“, entgegnete Jake.
„Keine Eltern hören es gern, dass ihr Kind auf die schiefe Bahn geraten ist. Ich habe Fälle bearbeitet, wo es Augenzeugen gab, die ausgesagt haben, dass so ein junger Kerl rücksichtslos gefahren ist, und trotzdem wollten es die Eltern nicht glauben. ‚Mein Sohn doch nicht – seine Führerscheinprüfung war erstklassig. Doch nicht meine Tochter – die würde niemals schneller fahren als erlaubt.‘“
„Ich kann das verstehen“, erwiderte Jake. „Aber ich kenne eine alte Freundin des Jungen, und die sagt ebenfalls, dass er nicht der Typ war, der Drogen nimmt.“
Carnegie hatte hellblaue Augen, schlohweißes Haar und ein wettergegerbtes, faltenreiches Gesicht. Er war groß und sehr kräftig. Trotzdem machte er nicht den Eindruck eines knallharten Polizisten. Wenn ihm etwas naheging, zeigte sich das sofort in seiner Miene.
„Ich hätte ihnen weiß Gott lieber etwas Positives gesagt. Ich würde es gern genauso sehen wie die beiden. Aber ich habe nicht den kleinsten Hinweis, der mir weiterhelfen könnte. Der Junge lief mitten über den Highway mit nichts an als seiner verdammten Unterhose. Weiß der Teufel, was er sah, als er über die Autobahn gelaufen ist. Er kann von Glück sagen, dass er überlebt hat, denn er hatte verdammt viel Rauschgift im Blut. Der Mann, der ihn angefahren hat, war mit seinen Nerven am Ende. Er hat geschworen, dass er ihn erst gesehen hat, als er ihm vor die Kühlerhaube lief. Zwei weitere Wagen sind in ihn
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