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Am Ende der Angst

Am Ende der Angst

Titel: Am Ende der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Johannson
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wenigstens jetzt helfen.«
    Auf der anderen Seite der Mauer blieb es lange still. Ich hatte keine Ahnung, was sie jetzt dachte. Ob sie mich verachtete oder sogar hasste.
    Ich stoppte das Herauskratzen des Mörtels, bis ich ihre Stimme wieder vernahm. »Ich würde dich jetzt gerne ansehen«, sagte sie.
    Ich hatte keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte. »Ich dich auch.«
    »Meine Mutter sagt immer, ich hätte so viel Ähnlichkeit mit dir.«
    »Du hast mein Haar und meine Augen. Und vermutlich besitzt du den gleichen eigenwilligen Charakter, sonst hättest du dir nicht so einen Job gesucht.«
    Sie kicherte wieder. »Das stimmt. Warum hast mir das nicht alles früher gesagt?«
    »Ich weiß erst seit ein paar Monaten, wer du bist. Als ich aus dem Irak wiederkam, fing ich an, dich zu suchen. Ich hatte da drüben so oft an dich gedacht, wie du wohl aussiehst, was du machst, ob ich vielleicht schon Großvater bin. Deshalb habe ich dich ausfindig gemacht. Aber ich hatte Angst, du würdest mich hassen, deshalb habe ich nichts gesagt. Ich dachte, es reicht mir, dich aus der Ferne zu beobachten und ab und zu mal ein Lächeln von dir zu erhaschen.«
    »Du hättest es mir früher sagen sollen, Dad.«
    Das Wort klang völlig fremd, aber wunderschön in meinen Ohren. Mein Herz klopfte.
    »Aber noch ist es nicht zu spät.«
    »Hoffentlich nicht.«
    Auf einmal wurde mir wieder bewusst, dass es vielleicht kein morgen für uns gab. Vielleicht war es doch zu spät.
    Ich begann, wie besessen zu kratzen. Auch Skye schabte erneut den bröckelnden Mörtel zwischen den Steinritzen hervor. Ich wusste nur nicht, was das eigentlich bringen sollte. Wir mussten eher die Steine der Außenwand lockern.
    »Skye, hör zu ...«, sagte ich, als ich auf einmal ein Klopfen an meiner Tür hörte.
    »Psst«, zischte ich zu Skye. »Da ist jemand.«
    Ich stellte mich an die Tür. »Wer ist da?«, rief ich laut.
    »Ich bin's, Jasmine!«
    »Was willst du?«
    »Ich will dir helfen.«
    »Ach, wirklich? Hast du es dir anders überlegt?«
    »Ja, ich gehöre zu ihnen, aber ich hasse es, was sie tun. Es tut mir leid, dass ich dich in die Falle gelockt habe. Ich musste es tun, sonst hätten sie mich umgebracht.«
    »Wer sind sie?«
    »Sie sind mächtige Männer, Richter, Politiker und Anwälte aus Washington und Philadelphia, einer ist sogar aus New York. Sie feiern hier und haben ihren Spaß mit Nutten. Es tut mir leid, Alex. Bitte vertrau mir. Ich will nicht noch mehr Leichen sehen.«
    Ich hatte keine Wahl. Alleine würden Skye und ich aus diesem Gefängnis vermutlich niemals lebend herauskommen.
    »Was soll ich tun?«
    »Die Türangeln sind locker. Du musst den Nagel herausschlagen, dann öffnet sich das Schloss.«
    »Und Skye?«
    »Sie ist nebenan.«
    »Ich weiß. Wie befreie ich sie?«
    »Ihre Tür hat dieselbe Schwachstelle.«
    »Wie kommen wir aus dem Gebäude?«
    »Am Ende des Ganges ist ein kaputtes Fenster. Durch das könnt ihr schlüpfen. Dann müsst ihr laufen. Lauft um euer Leben!«
    »Danke.«
    »Danke mir, indem du entkommst, Alex. Du und Skye. Der beste Zeitpunkt ist, wenn die Musik ertönt. Warte auf die Musik.«
    Danach hörte ich das Rascheln ihrer sich entfernenden Schritte.
    »Wer war das?«, fragte Skye nebenan. »Was passiert mit uns?«
    Ich kniete mich erneut an die morsche Mauer. »Das war Jasmine.«
    »Jasmine? Meine Chefin Jasmine?«
    »Ja, genau diese. Sie gehört zu denen, aber sie will uns helfen.«
    »Wie?«
    »Warte einen Moment.«
    Ich ging zur Tür und tastete nach den Angeln und deren Nägeln. Tatsächlich wackelte einer lose in der Wand. Ich rüttelte ein paar Minuten an ihm herum, dann lag er in meiner Hand. Auch etwas Pulver rann heraus und landete auf meiner Haut. Ich roch daran. Gips. Offenbar war der Nagel nur notdürftig befestigt worden.
    Ich zog und ruckelte vorsichtig an der Tür. Sie knarrte und gab leicht nach. Aber es reichte noch nicht.
    »Was machst du?«, fragte Skye.
    »Ich versuche, die Tür aufzubrechen«, flüsterte ich durch die Ritze in der Wand, bevor ich mich an dem anderen Nagel zu schaffen machte. Auch er gab nach einer Weile nach. Als ich ihn aus der Wand zog, ächzte die Tür und hing auf einmal schief, so dass sie sich aus dem Schloss löste. Ich konnte sie aufschwingen. Ein erster Schritt war getan.
    Doch Jasmine hatte gesagt, ich solle auf die Musik warten. Also versuchte ich, so gut es ging, die Tür wieder einigermaßen gerade zu rücken und in ihrer Halterung an der Wand zu befestigen, für den

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