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Am Ende der Angst

Am Ende der Angst

Titel: Am Ende der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Johannson
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aus, doch ich durfte nicht stehenbleiben und die Umgebung untersuchen. Ich musste mich um Skye kümmern und sie so weit wie möglich weg von diesem Haus bringen.
    Wir begannen zu laufen. Kleine Zweige knackten unter unseren Füßen, doch wir hatten keine Zeit, vorsichtiger zu sein. Über uns rauschte der Wind in den Baumwipfeln, einzelne Blätter reflektierten das Mondlicht und schimmerten wie der Schein von Taschenlampen. Zweige schlugen in unsere Gesichter und brannten wie Feuer. Ich konnte Skyes Keuchen hören.  Noch einmal drehte ich mich um. Das Haus lag verlassen und finster hinter den Bäumen. Bald hatten wir es geschafft.
    Auf einmal peitschte etwas neben Skye in den Stamm eines Baumes. Rinde splitterte ab und spritzte in ihr Gesicht. Erschrocken schrie sie auf. Was war das? Sie sah mich an. Ich zerrte sie auf den Boden. Sie schossen auf uns! Auf einmal ein Pfeifen, wieder ein Peitschen. Etwas schlug in den Waldboden direkt neben mir ein. Sie konnten uns offensichtlich bestens sehen.
    Auf einmal wusste ich, was mich die ganze Zeit gestört hatte. Mir wurde klar, warum man die Nägel mit Gips fixiert hatte und sie sich so leicht aus der Wand lösen ließen. Und warum die Frauen nackt erschossen worden waren. Es war ein Spiel. Ein perverses, widerliches Spiel, bei dem uns die Flucht niemals gelingen sollte.
    Wir waren keine Fliehenden.
    Wir waren Wild.

Die Jagd
     
    Die einzige Möglichkeit, den Kugeln zu entkommen, war, im Zickzack zu laufen und immer wieder den Schutz von Baumstämmen zu suchen. Gegen die Wärmebildgeräte konnten wir uns nicht schützen. In der Firma hatte ich meinen Ghostmantel, der aus besonderem Material bestand und unter dem ich in der Dunkelheit nicht als Mensch erkennbar war. Aber der war weit weg.
    Wieder peitschte ein Schuss durch die Luft und splitterte Rinde ab. Er kam aus nordöstlicher Richtung. Ich zerrte Skye hinter einen Baum mit dem Rücken zum Schützen und wartete einen Moment. Ein weiterer Schuss folgte, dieses Mal aus nordwestlicher Richtung. Er schlug nur zwei Zentimeter neben meiner Schulter ein. Sie hatten sich aufgeteilt. Das würde es schwieriger für uns machen.
    »Was ist hier los, Dad?« Ihre Stimme zitterte.
    »Wir müssen uns trennen und im Zickzack laufen. Das ist unsere einzige Chance.«
    »Nein, ich will bei dir bleiben!«
    »Skye, lauf um die Bäume, als würdest du Slalom laufen, hörst du.«
    Wieder peitschte ein Schuss durch die Luft. Dieses Mal traf er sein Ziel. Ich ging zu Boden. Sie hatten mich am Bauch erwischt.
    »Dad!«
    »Lauf, Skye, bitte lauf!«
    Doch sie lief nicht weg, sie zog ihr T-Shirt aus und reichte es mir, damit ich es auf die Wunde pressen konnte.
    Ich verspürte nur wenige Schmerzen. Das Adrenalin rauschte so stark durch meine Adern, dass ich kaum etwas merkte.
    Ich stand auf, bückte mich jedoch sofort wieder. Keine Sekunde zu früh. Ein weiterer Schuss schlug in den Baum ein.
    »Los, Skye, lauf. Ich bin hinter dir. Und vergiss nicht, immer im Zickzack!«
    Wir begannen wieder zu laufen. Einen hektischen Slalom um Bäume, die wir in der Dunkelheit kaum sehen konnten. Immer wieder bückten wir uns, als würden wir Zweigen ausweichen, doch in Wahrheit verkleinerten wir das Ziel. Um uns herum schlugen die Kugeln ein. Die Schüsse selbst waren nicht zu hören. Sie benutzten Schalldämpfer.
    Skye stolperte und fiel hin. In diesem Moment schlug direkt vor ihr eine Kugel im Waldboden ein. Die Erde spritzte in ihr Gesicht. Panisch schrie sie auf. Doch sie durfte nicht liegenbleiben. Ich zerrte sie hoch und trieb sie weiter durch den Wald.
    Meine Wunde begann nun schrecklich zu schmerzen. Jeder Schritt bereitete mir höllische Qualen, doch ich musste durchhalten. Nach einigen, unendlich lang erscheinenden Minuten verringerte sich die Zahl der Kugeln, die um uns herum einschlugen. Und sie wurden ungenauer. Offenbar entfernten wir uns langsam aus der Reichweite ihrer Gewehre.
    Vor uns lag eine Lichtung.
    »Warte!«, rief ich Skye zu. Ich kannte diese Lichtung. Hier war ich in die Grube gefallen.
    Geduckt zog ich sie immer am Waldrand entlang zur Grube. Sie war nicht wieder abgedeckt worden.
    »Spring!«, befahl ich ihr.
    Gemeinsam sprangen wir hinein.
    Hier konnten sie uns nicht ausmachen. Die Wärme unserer Körper blieb in der Grube. Wenn wir sie tatsächlich schon etwas abgehängt hatten, waren wir hier für einen Moment sicher.
    Schwer atmend fielen wir auf den Boden.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Skye, als sie sich etwas gefangen

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