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Am Ende der Straße

Am Ende der Straße

Titel: Am Ende der Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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Zigaretten, die ihr eintauschen wollt?«, fragte er.
    »Sorry«, erwiderte ich. »Wir haben nichts. Wir suchen nur nach jemandem, nach einem Mädchen.«
    »Mit denen handele ich nicht, aber hier gibt es ’ne Menge Typen, die gerade mit solchen Geschäften anfangen.«
    Ich erklärte ihm, dass wir nicht nach so etwas suchten, und gab ihm eine Beschreibung von Christy. Es stellte sich heraus, dass der alte Mann sie zehn Minuten vorher gesehen hatte. Wir dankten ihm und liefen weiter.
    Je mehr wir uns dem Stadtzentrum von Walden näherten, desto mehr Leuten begegneten wir. Niemand machte uns Ärger. Ein paarmal schienen einige kurz davor zu sein. Man warf uns finstere Blicke zu, und hinter unseren Rücken wurde gekichert. Ein Gruppe Mexikaner rief uns auf Spanisch etwas zu, aber keiner von uns verstand, was sie sagten. Wir gingen an ihnen vorbei, ohne sie zu beachten. Einer von ihnen flüsterte etwas, woraufhin die anderen lachten. Russ blieb stehen, aber ich drängte ihn wortlos weiter. An der Kreuzung Main und Broadway warf jemand eine leere Bierdose nach uns. Sie schlug hinter Cranstons Füßen auf dem Boden auf und rollte weg. Er krümmte sich zusammen, und Russ und ich wirbelten mit gezogenen Waffen herum, aber wir konnten nicht erkennen, wer die Dose geworfen hatte oder aus welcher Richtung sie gekommen war.
    Wir sahen keine Autos – oder zumindest keine fahrenden. Fast alle waren zu Fuß unterwegs. Ein paar fuhren mit dem Fahrrad. Aber niemand mit dem Auto. Vielleicht wollten sie alle Benzin sparen, oder vielleicht lag es daran, dass man nirgendwo hinfahren konnte.
    Das Merkwürdigste war die Stille. Trotz der Leute und der Vögel war es auf den Straßen still. Es schien mir, als würde die ganze Stadt den Atem anhalten.
    Wir fanden Christy an der Kreuzung Fourth und Sycamore, wo sie auf dem Bürgersteig hockte. Sie hatte einen
Schuh ausgezogen und schüttelte ihn gerade, um ein Steinchen rauszuholen. Neben ihr lag ein Küchenmesser. Ich kannte es, es war eines von unseren. Als sie uns kommen sah, schien sie uns nicht zu erkennen, denn sie sprang hastig auf und rannte davon. Wahrscheinlich konnte man in der Dunkelheit auf eine solche Entfernung unsere Gesichter nicht sehen. Erst als ich ihren Namen rief, blieb sie zitternd stehen.
    »Robbie?«
    »Was zum Teufel machst du hier draußen? Hast du den Verstand verloren?«
    »Hast du meinen Zettel gefunden?«
    »Klar habe ich deinen Zettel gefunden.« Ich packte sie am Handgelenk. »Wir reden später darüber. Komm jetzt, wir gehen nach Hause.«
    Christy sträubte sich und riss sich von mir los.
    »Nein. Ich werde nirgendwo hingehen, Robbie. Ich habe dir doch gesagt, ich muss das hier machen. Kannst du das nicht verstehen?«
    In einem der nächststehenden Gebäude stieß jemand einen durchdringenden Pfiff aus. Russ und Cranston sahen sich um. Ich griff erneut nach Christys Arm, aber sie wich mir aus. Dann balancierte sie auf einem Bein und zog ihren Schuh wieder an. Anschließend griff sie nach ihrem Messer.
    »Ich werde nicht gehen«, wiederholte sie. »Und wenn du das nicht akzeptieren kannst, geh einfach nach Hause zurück.«
    Seufzend biss ich die Zähne zusammen und drehte mich einmal im Kreis. Ich wollte sie anschreien, kreischen,
die Pistole hochreißen und in die Luft ballern, nur um diesen Frust loszuwerden. Doch ich tat nichts davon. Stattdessen drehte ich mich wieder zu ihr um und sagte: »Okay.«
    Christy runzelte verwirrt die Stirn. »Was okay?«
    »Okay. Ich werde nicht versuchen, dich aufzuhalten. Aber ich werde auch nicht nach Hause gehen. Ich komme mit.«
    Sie blinzelte. Kein Lächeln, kein Protest. Sie dankte mir nicht und schrie mich nicht an. Sie blinzelte einfach nur. Ich war mir nicht sicher, was das zu bedeuten hatte.
    »Verdammte Scheiße«, fuhr ich fort, »ich habe keine Ahnung, wie du es alleine überhaupt so weit geschafft hast. Hast du dich mal gründlich umgesehen?«
    Sie nickte. »Ja, habe ich.«
    »Na, dann.« Ich wandte mich an Cranston und Russ. »Ihr müsst nicht mitkommen, wenn ihr nicht wollt.«
    »Wenn es euch nichts ausmacht, würde ich wohl lieber zurückgehen«, meinte Cranston. »Ist das okay? Ich – ich komme einfach nicht damit klar, hier draußen zu sein. Es ist deprimierend und stinkt.«
    Er hatte Recht. Es stank tatsächlich. Mit den Leichen auf den Straßen und den ganzen verborgenen Toten, die in den Häusern verfaulten, roch Walden wie ein totes Murmeltier, das seit drei Tagen plattgefahren neben der Straße

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