Am Ende der Welten - 16
die Jagang von den von ihm gefangen genommenen Schwestern hatte herbeizaubern und Jagd auf ihn machen lassen, war stets eine mögliche Gefahr. Schon mehrfach in der Vergangenheit war sie scheinbar völlig unvermittelt aus dem Nichts heraus aufgetaucht.
Aber sosehr er sich bemühte, er konnte einfach nicht genau beschreiben, was sich nach seinem Empfinden falsch anfühlte. Er konnte einfach nicht den Finger auf die Ursache des Gefühls legen, und doch schien es ihm, als müsste es etwas sein, an das er sich erinnern, das er kennen, vielleicht sogar wieder erkennen sollte. Er war unsicher, ob dieses Gefühl real war oder nur in seiner Einbildung existierte.
Er schüttelte den Kopf. »Nein … ich glaube nicht, dass es die Bestie ist. Es muss irgendeine andere Ursache haben.« »Lord Rahl, Ihr seid jetzt schon den größten Teil der Nacht wach und habt gelesen. Vielleicht seid Ihr ja einfach übermüdet.« Es kam mitunter tatsächlich vor, dass er, wenn er gerade einzudämmern begann, schlagartig und noch ganz benommen und orientierungslos von dem immer rascheren Absinken in die dunkle Macht von Albträumen, an die er sich im Wachzustand niemals zu erinnern vermochte, aus dem Schlummer hochfuhr. Diesmal aber war die Empfindung anders; diesmal war es kein aus der Dumpfheit des Hinübergleitens in den Schlaf geborenes Gefühl. Zumal er trotz seiner Müdigkeit gar nicht im Begriff gewesen war einzunicken. Er war viel zu unruhig und besorgt, um zu schlafen. Erst am Vortag war es ihm endlich gelungen, die anderen davon zu überzeugen, dass Kahlan real war, dass sie tatsächlich existierte und nicht etwa ein Produkt seiner Phantasie oder eine durch seine Verletzung hervorgerufene Wahnvorstellung war. Immerhin wussten jetzt alle, dass Kahlan nicht irgendein verrückter Traum seinerseits war. Jetzt, da er endlich Hilfe hatte, ließ ihn das dringende Bedürfnis, sie zu finden, nicht mehr ruhen und hielt ihn hellwach. Der Gedanke, eine Pause einzulegen und sich auszuruhen, war ihm unerträglich - nicht jetzt, da er endlich die ersten Stücke dieses Verwirrspiels in Händen hielt.
Bei ihrem Verhör mit Tovi, kurz vor deren Tod ganz in der Nähe des Palasts des Volkes, hatte Nicci in allen schauderhaften Einzelheiten erfahren, wie die vier Schwestern - Ulicia, Cecilia, Armina und Tovi - eine Feuerkettenreaktion ausgelöst hatten. Mithilfe einer Entfesselung von Kräften, die jahrtausendelang in einer alten Schrift unter Verschluss gehalten worden waren, war Kahlan schlagartig aus der Erinnerung aller - mit Ausnahme Richards - gelöscht worden. Irgendwie hatte sein Schwert seinen Verstand davor bewahrt, sodass er zwar noch seine Erinnerung an Kahlan besaß, sein Schwert dagegen bei dem Versuch, sie wieder zu finden, eingebüßt hatte. Ursprünglich ging die Theorie der Feuerketten-Reaktion auf einige Zauberer aus grauer Vorzeit zurück. Diese Männer hatten damals nach einer Methode gesucht, die es ihnen erlaubte, ungesehen, unbehelligt und ohne dass sich jemand ihrer erinnerte, durch feindliche Linien zu schlüpfen. Sie gingen davon aus, es müsse eine Methode geben, das menschliche Gedächtnis mittels subtraktiver Magie so zu beeinflussen, dass in der Folge alle nicht miteinander verknüpften Teile des Erinnerungsvermögens einer Person sich spontan rekonstruierten und miteinander verbanden, wodurch augenblicklich eine falsche Erinnerung geschaffen wurde, die sämtliche bei der Löschung des Objekts des Zaubers aus dem Gedächtnis der Menschen entstandenen Leerstellen füllte. Die Zauberer, die diese Theorie entwickelt hatten, gelangten schließlich zu der Überzeugung, dass das Auslösen einer solchen Reaktion durchaus imstande sei, eine Flut von Ereignissen hervorzubringen, die weder vorhersehbar noch beherrschbar waren. Sie glaubten, sie würde über die Verbindungen zu anderen Menschen, deren Erinnerung ursprünglich gar nicht manipuliert worden war, etwa nach Art eines Flächenbrandes immer weiter um sich greifen. Letztendlich gelangten sie zu dem Schluss, dass eine Feuerketten reaktion angesichts solch unberechenbarer, umfassender und verhängnisvoller Folgen das ganz reale Potenzial besaß, die Welt des Lebens selbst aufzulösen, weshalb sie sie nicht einmal auszuprobieren wagten.
Doch genau das hatten die vier Schwestern der Finsternis getan -bei Kahlan. Es war ihnen nicht nur völlig einerlei, wenn sie dadurch die Welt des Lebens auflösten, in Wirklichkeit war genau das ihr erklärtes Ziel!
Richard hatte also gar
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