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Am Ende der Welten - 16

Am Ende der Welten - 16

Titel: Am Ende der Welten - 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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um hinterher mit ansehen zu müssen, dass sie sich als undankbares verlottertes Gör entpuppte.
    Als Violet es nach einer Weile leid wurde, sie zu quälen, schloss Rachel daraus, dass ihre Hinrichtung unmittelbar bevorstand. Mehrfach schon hatte sie Violet die Tötung von »schwerer Verbrechen« beschuldigter Gefangenen anordnen hören. Es musste nur jemand in ausreichend großem Maß ihr Missfallen erregen oder in Sechs’ Augen eine Gefahr für die Krone darstellen, und schon ordnete Violet seine Hinrichtung an. Hatte die betreffende Person überdies den verhängnisvollen Fehler begangen, Violets Autorität und Herrschaft offen in Frage zu stellen, gab sie den Wächtern für gewöhnlich Anweisung, diese lange hinauszuzögern und überaus schmerzhaft zu gestalten. Manchmal ging sie sogar hin, um zuzuschauen und sich zu vergewissern, dass dies auch wirklich geschah.
    Rachel erinnerte sich noch an die Zeit, als Königin Milena die Hinrichtungen anordnete und Violet mit dem Zuschauen begann. Rachel, die sie als ihre Spielgefährtin zwangsläufig begleiten musste, hatte vor diesem schauderhaften Anblick stets die Augen abwenden müssen. Violet dagegen nie.
    Sechs hatte ein verzweigtes System eingerichtet, das es den Menschen ermöglichte, unerkannt die Namen von Personen zu melden, die sich despektierlich über die Königin äußerten, und Violet klargemacht, dass die Personen, die diese heimlichen Denunziationen abgaben, für ihre Ergebenheit belohnt werden müssten. Violet war mit Geldzuwendungen für die Namen von Verrätern nicht knauserig.
    Seit jener Zeit, als Rachel schon einmal in ihrer Gewalt gewesen war, hatte Violet eine neue Vorliebe für das Bereiten von Schmerz entwickelt, da Schmerz, so Sechs’ diesbezüglicher Kommentar, ein ausgezeichneter Lehrmeister sei. Vor allem die Vorstellung, absolute Gewalt über das Leben anderer zu haben und Menschen auf ein bloßes Wort von ihr leiden lassen zu können, hatte es Violet angetan.
    Darüber hinaus hatte sie einen überspitzten Argwohn gegen ab solut jeden entwickelt - mit Ausnahme von Sechs natürlich, die für sie zur einzigen wirklich verlässlichen Vertrauensperson geworden war. Gegenüber den meisten ihrer »treuen Untertanen«, die sie nicht selten als nichtswürdiges Geschmeiß bezeichnete, hegte Violet größtes Misstrauen. Rachel erinnerte sich noch gut, dass Violet früher auch sie oft so genannt hatte.
    Trotz der von allgemeiner Verunsicherung und wohlbegründeter Angst vor Königin Milena geprägten Atmosphäre war damals, als Rachel zum ersten Mal im Schloss gelebt hatte, gelegentlich noch gescherzt und gelacht worden.
    Jetzt dagegen verfielen alle, wann immer Königin Violet oder Sechs in der Nähe waren, in ängstlich zitterndes Schweigen. Niemandem aus dem Reinigungspersonal, keiner der Wäscherinnen oder Näherinnen, keinem der Köche oder Soldaten kam jemals ein Lächeln oder gar ein Lachen über die Lippen. Alle schienen in beständiger Angst zu leben, während sie beflissen ihrer Arbeit nachgingen. Stets war die Atmosphäre im Schloss von der Angst erfüllt, dass jeder jederzeit auf jeden mit dem Finger zeigen konnte. Alle gaben sich allergrößte Mühe, offen ihren Respekt für die Königin zu zeigen, vor allem in Gegenwart ihrer grimmigen Beraterin. Die Menschen schienen Sechs ebenso zu fürchten wie Violet. Lächelte Sechs das ihr eigene, seltsam leere, schlangengleiche Lächeln, trat den Menschen der Schweiß auf die Stirn, und sie erstarrten auf der Stelle mit entsetzt geweiteten Augen, nur um erleichtert aufzuatmen, sobald sie wieder außer Sicht geschwebt war.
    »Genau hier«, sagte Sechs.
    »Genau hier was«, fragte Violet, während sie an einer Brotstange herumnagte.
    Rachel ermahnte sich, künftig besser Acht zu geben und machte es sich wieder auf dem Felsen bequem, auf dem sie gesessen hatte. Die Ohrfeige hatte sie sich selbst zuzuschreiben, immerhin hatte sie aus Langeweile nicht richtig aufgepasst.
    Nein, das ist nicht wahr, schalt sie sich selbst. Chase hatte ihr ins Gewissen geredet, niemals für einen anderen die Schuld zu übernehmen.
    Chase. Sie brauchte nur an ihn zu denken, und schon sank ihr das Herz. Wenn sie vor lauter Trauer nicht zu weinen anfangen wollte, musste sie sich mit etwas anderem befassen. Violet ließ ihr praktisch nichts durchgehen, was sie nicht ausdrücklich vorab erlaubt hatte, und das galt auch fürs Weinen.
    »Genau hier«, wiederholte Sechs im Tonfall überstrapazierter Geduld. Als Violet sie

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