Am Ende der Wildnis
sollte. Stattdessen stellt er ihm eine Reihe von Fragen und benutzt die sokratische Methode, um ihn in die Rolle des Schöpfers schlüpfen zu lassen.
» ICH FRAGE DICH «, beginnt die Einleitung,
Wenn du die Macht besäßest, alles zu erschaffen, einschließlich des Lebens, und wenn du alles, was du erschaffen hast, perfekt aufeinander abstimmen könntest, was würdest du dann tun, wenn eine Lebensform ganz offensichtlich alles Leben missbraucht, einschließlich des eigenen?
Wenn die ursprüngliche ›Absicht‹ deiner Schöpfung ganz offensichtlich ins Gegenteil verkehrt würde, von ›Respekt‹ in Hass, von Mitgefühl in Unterdrückung, von Großzügigkeit in Habgier und von Würde in Schändung, was würdest du tun?
Wie würdest du den Menschen klarmachen, dass materielle Versuchungen, Sozialstatus und Bildungsstätten dazu benutzt werden, den Status quo zu erhalten und fortzuschreiben, und zwar unter verschwindend geringer echter Rücksichtnahme auf die Zukunft des Lebens auf unserer Erde?
… Wie würdest du als der » SCHÖPFER DES LEBENS « deine Verachtung und deinen Widerwillen gegenüber solchen Institutionen und Individuen zeigen, deren Aufgabe es eigentlich sein sollte, Leben zu schützen, die aber offenbar stattdessen etwas ganz anderes tun?
Hadwin fährt dann mit einer kurzen Geschichte der Welt fort, spricht besonders den Übergang von Jägern/Sammlern zu sesshaften Bauern an und kommt von da auf unsere gegenwärtige Abhängigkeit vom globalen Handel zu sprechen. Er hält zwischendurch inne, um eine durchdachte Analyse zu liefern, wie Beziehungen zwischen der »Frau als Versorgerin« und dem »männlichen Jäger, Töter, Sammler und Nahrungsbeschaffer« gemeinsam wirken, um die Schädigung der Umwelt zu fördern. Mit Nachdruck skizziert er unsere fortschreitende Entfremdung von der Natur sowie die negativen Auswirkungen, die das sowohl auf uns Menschen wie auch auf unseren Planeten hat. Nicht nur steht diese Entwicklung im Widerspruch zum Willen des Schöpfers, schreibt Hadwin, sie ist auch undemokratisch:
Eine demokratische Gesellschaft ist für die Handlungen ihrer Institutionen und gewählten oder ernannten Vertreter moralisch verantwortlich, ob daheim oder in der Fremde. In demokratischen Gesellschaften gehört es zu den Verantwortlichkeiten aller Individuen, sich sämtlichen Verbrechen gegen das Leben oder vermutlich drohenden Verbrechen gegen das Leben entgegenzustellen. Unkenntnis, Missbrauch oder keine physische Präsenz am Tatort gelten nicht notwendigerweise als Ent schuldigung, es sei denn, es gibt mildernde Umstände schwerwiegender Art …
Zum Schluss umreißt Hadwin eine radikale Lösung für die seiner Meinung nach furchtbare Fehlentwicklung unserer Welt: Demontage der Gesellschaft, wie wir sie gewohnt sind, Abschaffung aller Währungen und Religionen, Enthebung der Männer aus Machtpositionen. Ersatz des Status quo durch kleine, auf Landwirtschaft beruhende Dorfgemeinschaften, die von Frauen geführt werden und auf vorindustrielle Technik beschränkt bleiben. Der Hauptzweck dieser matriarchalischen Gemeinden bestünde darin, die Schäden zu beseitigen, die von der zweitausendjährigen von Männern dominierten Zivilisation angerichtet worden waren. Es sollte angemerkt werden, dass in Hadwins hypermaskulin ausgerichteter Welt die Frauen sehr traditionelle, ans Haus gebundene Rollen spielten; seine Ehefrau war eine stille und hingebungsvolle Hausfrau, die ausschließlich selbst kochte und ohne Unterlass über die Kinder wachte. Seine Mutter war ebenfalls stolz auf ihre Rolle als Stütze der Familie (selbst gegenüber ihren Kindern sprach sie von Tom Hadwin nur als »mein Mann, der Ingenieur«). Dass Hadwin am liebsten alle seine Geschlechtsgenossen aus Entscheidungs positionen entlassen hätte, ist ungewöhnlich, und seine Entscheidung, auf apokalyptische Vergeltung zu verzich ten – ein unverzichtbares Element der meisten kosmischen Hausputzszenarien – ist gleichermaßen radikal.
In diesem einzigartigen und eigentümlich sympathischen Dokument gehen Hadwin, der Mann, der seinen Wald so liebt, und Hadwin, der Visionär, der sich aus Gewissensgründen auflehnt, eine Verbindung ein und wachsen zusammen. Paul Harris-Jones, der Waldvermesser, der zum Forstretter wurde, und Professorin Simard, die Forsttechnikerin, die Forscherin und Lehrerin wurde, hatten vergleichbare Aha-Momente gehabt, ebenso wie zahllose andere. Aber der große Unterschied zwischen den meisten von ihnen und
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