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Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Titel: Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Glaubrecht
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von den Einheimischen, verkaufen sie an die Leute auf dem holländischen Dampfer, wo sich immer einer findet, der den geforderten Preis zahlt.« Nicht nur verderben die Leute von der »Etna« die Preise, sie lassen auch die Nahrung knapp werden, weil sie alle Früchte und anderes Essbare aufkaufen. Es geht so weit, dass Wallace bald seine abgebalgten Vögel essen muss. Sicher ist er nicht der erste Naturforscher, der weiß, wie neue Arten schmecken.
    Wallace ist in der Hoffnung nach Dorey gekommen, den Erfolg seiner Aru-Expedition zu wiederholen. Hier will er endlich Paradiesvögel sammeln, darunter die seltenen Arten, die nur hier im Nordwesten Neuguineas vorkommen; und vielleicht auch den glorreichen Vogelschwingenfalter Ornithoptera d’urvilliana fangen. Am 25. März ist er in Ternate an Bord der »Hester Helena« gegangen, jenes Schiffs, das Herr Duivenboden nach seiner Frau benannt hat. Dessen Handelsexpedition führt entlang der Nordküste Neuguineas, und so kam Wallace am 11. April auf der Insel Mansinam in der Bucht von Dorey (dem heutigen Manokwari) an. Hier wird er warten müssen, bis ihn Duivenbodens Schiff im Juli auf dem Rückweg wieder aufnimmt. Doch jetzt schon wird ihm die Zeit hier lang.
    Dorey ist einer der wenigen zugänglichen Orte entlang der Nordküste Neuguineas. Warum auch die holländische Expedition auf der »Etna« ausgerechnet hier ist, wird schnell klar. Obgleich einige Naturkundler an Bord sind, wird sie später kaum wegen ihrer wenigen wissenschaftlichen Erträge bekannt werden. Der Expedition geht es nicht ums Fangen von Vögeln und Fliegen; ihr Auftrag ist es, den Platz für eine mögliche holländische Ansiedlung zu sondieren. Doch die Fahrt der »Etna« ist schlecht vorbereitet, sie ist schlecht ausgerüstet. Der holländische Dampfer liegt ohne Kohlen einen ganzen Monat in Dorey fest, der Kapitän schickt seine Männer in alle Richtungen aus, um Bäume zu fällen und Holz zu schlagen, das statt Kohlen verfeuert werden kann. Mit dem Einschlag bereiten sie auch buchstäblich den Boden für Wallace’ Entdeckung der Geweihfliegen, die zur Balz das umgestürzte Totholz lieben.
    Der Umgang der Europäer miteinander ist freundlich. Kapitän Roijer und Offiziere laden Wallace ein, der sie mehrfach an Bord der »Etna« besucht. Dabei lernt er auch diesen Rosenberg kennen; wie heißt er doch gleich noch? Carl Benjamin Hermann von Rosenberg, ein Deutscher in holländischen Diensten, der Zoologie studiert hat und sich vor allem für Insekten interessiert. Er kommt von Sumatra und ist eigentlich als Künstler angeheuert; an Bord der »Etna« soll er topographische Karten zeichnen, erwirbt sich aber einen Ruf als Naturaliensammler und Ethnologe. Wallace nennt ihn seinen »Bruder Naturforscher«; doch bei aller Freundlichkeit sind sie dem anderen auch Konkurrenz. Später finden sich in verschiedenen, vor allem deutschen Museen und Sammlungen Naturalien von Hermann von Rosenberg; eine ganze Rüsselkäfer-Gattung wird nach ihm Rosenbergia genannt, darunter zwei Arten, die er aus Dorey mitbringt. Und auch die Phythalmia von Gerstäcker ist sehr wahrscheinlich von ihm gesammelt worden. Es gehört daher zu den besonderen (wenngleich lange übersehenen) Kuriositäten der Zoologie-Geschichte, dass heute in der Berliner Museumssammlung unmittelbar neben den von Wallace gesammelten Geweihfliegen auch solche stecken, die auf Rosenberg zurückgehen. Nach langer und verschlungener Odyssee sind hier jene Tiere wiedervereint, die die beiden Naturforscher einst im Mai und Juni in Dorey gesammelt haben, als sich ihre Wege für kurze Zeit dort am Ende des Archipels kreuzen.
    Mitte Juni verlässt die »Etna« -Expedition Dorey, nachdem ein Versorgungsschiff ihr endlich Kohlen gebracht hat; sie wird die Küste entlang bis zur östlich gelegenen Humboldt-Bucht erforschen. Wallace ist erleichtert; und wie dem offiziellen Bericht der Holländer zu entnehmen ist, waren auch diese ihrerseits über Wallace’ Aufenthalt dort nicht glücklich – allerdings weniger aus persönlichen als eindeutig geopolitischen Gründen. Nach einem Monat kehrt dann Ali zurück, den Wallace mit einem Boot die Küste entlang geschickt hat, um dort alle Paradiesvögel zu kaufen, die er finden kann. Doch Ali kommt mit leeren Händen. Wallace wird klar, dass die Tiere viel weiter im Inneren der großen Insel leben, von wo sie durch viele Hände gehen, bevor ihre Bälge hinunter zur Küste kommen, wo sie ein gutes Geschäft für die Händler

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