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Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Titel: Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Glaubrecht
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aneignet. Er lernt nicht nur die neuesten Auffassungen vom Bau des Universums kennen, die alle Weltenkörper in ringförmigen Systemen angeordnet sehen. Lange haben Astronomen irrigerweise geglaubt, dass unsere Sonne mit den Planeten etwa in der Mitte liege. Doch um 1900 weiß man bereits, dass unser Sonnensystem tatsächlich nicht derart zentral ist und es viele andere Milchstraßensysteme gibt. Wallace versucht nachzuweisen, dass das Weltall endlich ist; damals und viele Jahrzehnte später eine weiterhin offene Frage. Und er untersucht die Frage, ob nur auf unserer Erde Lebewesen existieren, was für viele ebenfalls bis heute nicht sicher entschieden ist. Zwar ließen sich auch anderswo Grundelemente finden, argumentiert Wallace, doch glaube er, dass es Leben nur auf unserem Planeten gibt.
    Und in diesem Zusammenhang beschäftigt ihn auch eine weitere Frage, die bis heute für viele nicht ihren Reiz verloren hat (erstaunlich angesichts der vielfach immer noch unbekannten Lebensvielfalt auf unserem eigenen Planeten!): »Is Mars Habitable?«, fragt Wallace in einer 1907 publizierten Schrift, die ihn in den Augen einiger bereits damals zum Begründer der Exobiologie macht, lange bevor es diesen Begriff oder gar die Forschungsrichtung gibt. Bereits im Jahre 1877 hatte ein gewisser Schiaparelli die sogenannten Marskanäle entdeckt, andere entwickeln aus der Beobachtung der tatsächlichen Kanäle Vorstellungen von Wasser, Vegetation und anderem Leben, ja sogar die Idee, dieser Himmelskörper sei durchaus bewohnbar. Während eine Besiedlung des Mars bald in mehreren Romanen in Frankreich und England für Aufsehen sorgt, hält Wallace dies für eher unwahrscheinlich. Nur auf der Erde könne es Leben geben, argumentiert er und kommt damit durchaus dem nahe, was wir heute darüber wissen.
    Wallace ist allerdings in einem arg anthropozentrischen Ansatz grundsätzlich davon überzeugt, dass ein höheres Wesen den Lebewesen ihren Platz im Mittelpunkt des Weltalls angewiesen habe und der letzte Sinn des Alls die Erschaffung des Menschen sei. Vom Menschen glaubt Wallace jetzt, dass er allein fähig sei, »die unendliche Mannigfaltigkeit und Schönheit der Welt zu erkennen«, wie er 1910 in seinem Buch »The World of Life« bekennt. Solchen zentralen Fragen zum Selbstverständnis des Menschen und seiner Rolle hat sich Wallace bereits zuvor schon einmal in seinem Werk »Man’s Place in the Universe: A study of the Results of Scientific Research in Relation to the Unity or Plurality of Worlds« gewidmet, das im Oktober 1903 erscheint (und im folgenden Jahr unter dem Titel »Die Stellung des Menschen im Weltall« auch ins Deutsche übersetzt wird). »Wendet man seinen Blick auf die ungeheure Ausdehnung des gestirnten Universums mit seinen Tausenden Millionen von Sonnen, so scheint dies alles nur die passende Umgebung, die genügend geräumige Werkstatt zur Hervorbringung des Planeten, der zuerst die organische Welt und dann den Menschen tragen sollte.«
    Es ist eine schöne Vorstellung und eine verlockende überdies; nur dürfen wir heute mehr denn je getrost daran zweifeln, dass Wallace und viele vor und nach ihm hier auf der richtigen Spur sind. Wallace’ Ansichten dazu haben offenbar einen radikalen Wandel durchlaufen, denn dass der einzige Grund für die Existenz des Universums sei, den Menschen hervorzubringen, das behauptet er erst in den späteren Jahren seines Lebens. Während er den Menschen jetzt nur mehr als »a little lower than the angels« sieht, erinnern wir uns daran, dass Wallace unterwegs im Malayischen Archipel beim Anblick eines Paradiesvogels zu ganz gegenteiligen Ansichten kam. Als er einst auf den Aru-Inseln vor Neuguinea ein seltenes Exemplar des Cicinnurus regis, des kleinsten unter den Paradiesvögeln, und jenen »vollkommenen Organismus« in den Händen hielt, überlegte er noch: »Ich dachte an die lange vergangenen Zeiten, während welcher die aufeinanderfolgenden Generationen dieses kleinen Geschöpfes ihre Entwicklung durchliefen – Jahr auf Jahr zur Welt gebracht wurden, lebten und starben, und alles in diesen dunklen, düsteren Wäldern, ohne dass ein intelligentes Auge ihre Lieblichkeit erspähte – eine üppige Verschwendung von Schönheit. Solche Gedanken wecken eine melancholische Stimmung. Auf der einen Seite erscheint es traurig, dass so außerordentlich schöne Geschöpfe ihr Leben ausleben und ihre Reize entfalten nur in diesen wil den, ungastlichen Gegenden, welche für Jahrhunderte zu

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