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Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Titel: Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Glaubrecht
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Rede. Und sogar darin verkleinert er nochmals seine Rolle bei der Entdeckung der Theorie. Seine Rede hat den Titel: »Why did so many of the greatest intellects fail, while Darwin and myself hit upon the solution of this problem«.
    Und auch wenn er darauf hinweist, dass beide – Darwin und er – in frühen Jahren bereits begeisterte Käfersammler gewesen seien und deshalb die Evolutionstheorie für sie nahegelegen hätte – wieder spielt er seine Rolle bei der Entwicklung der Evolutionstheorie derart herunter, dass später in einem Bericht über diese Jubiläumsfeier ausgerechnet seine Gegenwart und seine Rede vollständig übersehen werden. Nur der Botaniker Hooker sei »als einziger überlebender Zeitzeuge jener Ereignisse« auch diesmal noch anwesend, meint einer der Redner peinlicherweise. Gründlicher – und offenkundig erfolgreicher – als Wallace kann man sein Licht nicht unter den Scheffel stellen.
    »Wie verschieden von Darwins langer Forschung und Vorbereitung – von dieser philosophischen Vorsicht – dieser Entschlossenheit, seinen fruchtbaren Begriff nicht eher bekannt zu machen, bis er ihn durch überwältigende Beweise stützen konnte – war doch mein eigenes Verhalten. Die Idee kam zu mir, wie sie zu Darwin kam, in einer plötzlich aufblitzenden Einsicht: sie wurde in wenigen Stunden durchdacht – wurde niedergeschrieben in einer Skizze mit ihren verschiedenen Anwendungen und Entwicklungen, wie sie mir in dem Augenblick einfielen – dann auf dünnes Briefpaper kopiert und an Darwin geschickt – alles innerhalb einer Woche. Ich war also (wie oft seitdem) der ›junge Mann in Sturm und Drang‹; er der sorgfältige und geduldige Forscher, der stets eher den vollständigen Beweis der Wahrheit sucht, die er entdeckt hatte, als darauf aus zu sein, sogleich persönlichen Ruhm zu erwerben.« So schildert Wallace in einer Rede auch ein Jahr später anlässlich einer Ehrung an der Universität in Cambridge die einstige Episode. Im Übrigen sei es nur das Erscheinen von Darwins Werk gewesen, das »es mir erlaubte, als ein schlechter Zweitrangiger in die wahrhaft olympischen Reihen aufgenommen zu werden«. Ob dies nun besonderes britisches understatement ist, falsche Bescheidenheit, oder ob Wallace sich tatsächlich als ein Zweitrangiger gesehen hat; letztlich hat ihn die Geschichte dann in just dieser Ansicht bestätigt und in den Schatten Darwins treten lassen.
    Allerdings ist gerade 1908 noch einmal ein Jahr der Ehrungen und Auszeichnungen für Wallace. Neben der »Darwin-Wallace Medal« der Linnean Society erhält er die »Copley Medal« der Royal Society und dann schließlich mit dem »Order of Merit« den Verdienstorden der britischen Krone. Zu den Medaillen kommen Ehrendoktorwürden von Universitäten, unter anderem der Universität Oxford, die er nach einigem Zögern mit dem dezenten Hinweis annimmt, dass er die Schule mit vierzehn verlassen habe. Jetzt ist Wallace fünfundachtzig, weiterhin von regem Geist und ein großer Denker, der noch drei Bücher schreiben wird und noch fünf Jahre zu leben hat.
    Und er zieht einmal mehr um, ein letztes Mal. Nur wenige Kilometer von Parkstone in Dorset entfernt, wo er über ein Jahrzehnt lang wohnte, siedelt er nach Broadstone um. Bereits 1901 kauft er hier ein Grundstück, das es ihm besonders angetan hat. »Old Orchard« – der »Alte Obstgarten« – wird von Dezember 1902 an sein letzter Ruhesitz, »a charming lodge in the wilderness«, wie es Besucher beschreiben. Später hier vor allem mit der Pflege seines Gartens beschäftigt (er entwickelt eine besondere Vorliebe für alpine Pflanzen), hat Wallace auch dieses Haus selbst entworfen und dessen Bau und die Anlage des Gartens überwacht. »Ich kam hierher, um hier meine Tage auf Erden zu beenden.«
    Noch aber ist Wallace agil und aktiv. Und mit dem gleichen Enthusiasmus wie zuvor anderen Dingen in seinem Leben widmet er sich nun seinem Garten und seiner Jugendliebe, der Botanik. Er habe dabei »the spirit of a boy of eighteen«, kommentiert eine Besucherin später, die Wallace noch mehrmals in »Old Orchard« erlebt.
    Leben auf der Erde und im Universum: Obgleich er der Erde in mehr als einer Hinsicht fest verhaftet ist, beginnt Wallace sich in seinem letzten Lebensjahrzehnt immer mehr für das Universum zu interessieren und sich dieses Themas in einer Serie von Büchern anzunehmen. Dabei überrascht vielleicht am meisten, welche Detailkenntnis sich der inzwischen Hochbetagte in diesem Gebiet

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