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Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Titel: Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Glaubrecht
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oberen Amazonas. Sie erscheint noch im gleichen Jahr in den Abhandlungen der Zoologischen Gesellschaft von London; und sie markiert den Beginn einer wichtigen Verwandlung: wie Wallace – hier am Rio Negro – vom Naturaliensammler, der bis dahin nur mehr Kuriositäten der Natur sammelt, zum Naturforscher wird, der aufmerksam beobachtet, reflektiert und darüber publiziert.
    Während Walter Bates, der inzwischen ebenfalls in Barra angekommen ist, die durch die Regenzeit erzwungene Ruhepause ebenso genießt wie die Gesellschaft seines Reisegefährten und der anderen Europäer vor Ort, wird Wallace zunehmend unruhiger; es treibt ihn weiter – und er steckt dafür sein Jagdgebiet ab. Bates und er einigen sich, dass Wallace den Rio Negro und den Rio Uaupés befährt, Bates aber den Solimoes genannten Oberlauf des Amazonas hinaufgeht. Während der bereits Ende März aufbricht, sitzen die Wallace-Brüder indes noch weiter in Barra fest. Sie müssen erst auf Post und vor allem weiteres Geld warten, das Stevens ihnen vom Verkauf ihrer bisherigen Amazonas-Aufsammlung schicken soll, um die nächsten Monate und Jahre zu finanzieren. Seine Zeit verschwendet Wallace auch dort nicht, sondern sammelt und konserviert, beobachtet und notiert, was ihm die Natur darbietet.
    Am Oberlauf des Rio Negro: Ende August 1850 macht sich Alfred Wallace für acht Monate auf, allein die Regionen am oberen Rio Negro zu erkunden. Sein Bruder Herbert bleibt in Barra, um Alfreds Sendungen in Empfang zu nehmen, diese hinunter nach Pará zu bringen und dann mit ihnen zurück nach England zu segeln. Anders als Alfred ist ihm das Leben als Naturaliensammler nicht zur Berufung geworden und er will sich andere Betätigung suchen. Doch Herbert Wallace wird England nie mehr erreichen; er stirbt, gerade einmal 22 Jahre alt, im Juni 1851 in Pará an Gelbfieber, das dort gerade grassiert. Alfred sammelt zu dieser Zeit, unerreichbar anderthalbtausend Kilometer entfernt am Oberlauf des Rio Negro und eines Nebenflusses, des Rio Uaupés. Er wird sich, als er viele Monate später vom Tod seines Bruders erfährt, dafür verantwortlich fühlen; die Schuldgefühle werden ihn nie verlassen.
    An den Oberläufen des Amazonas soll, glaubt man den Berichten der Einheimischen, der Lebensraum der mysteriösen weißen Variante des schwarzen Schirmvogels sein. Nach ihm ist Wallace immer noch auf der Suche. Und im Gebiet des Rio Negro kommt ein zweiter, damals in den Sammlungen ebenso seltener wie auffälliger Vogel vor, der von den Indianern »gallo« genannt wird oder »gallito de las rocas«; Rupicola rupicola, wie ihn die Ornithologie bezeichnet. Im Deutschen hat er gleich mehrere Namen: Guyana- oder Cayenne-Klippenvogel, aber auch Tiefland- oder Orangefarbener Felsenhahn. Ähnlich wie beim Schirmvogel hat die Natur auch beim etwa taubengroßen Felsenhahn mit dem Kopfgefieder experimentiert und ihn einmal mehr zu einem breiten, fächerförmigen Federschopf ausgebildet. Dieser bedeckt den Schnabel oberseits und ragt noch über dessen Spitze hinaus. Die Männchen sind zudem leuchtend hell orange gefärbt; ihre Flügel sind schwarz mit weißem Spiegel, ihr Schwanz schokoladenbraun mit einer orangefarbenen Spitze. Dagegen sind die Weibchen einmal mehr unscheinbar olivgrau gefärbt, braun an Flügeln und Schwanz.
    Vom Rio Negro aus macht sich Wallace zur Serra di Cobati auf, einer etwa ein Dutzend Meilen landeinwärts gelegenen Region aus Granitfelsen. Nur dort leben und nisten die kuriosen Klippenvögel, von denen er sich gleich mehrere gut erhaltene Exemplare für seine Sammlung sichern will. Doch der Weg durch den Urwald ist mühsam, ständig bleibt Wallace mit seiner Ausrüstung, dem Gurt oder Lauf seines Gewehres oder seiner Kleidung im Dickicht dorniger Kletterpflanzen oder ausladender Äste hängen. »Die Indianer«, notiert er, »waren alle nackt, oder trugen, wenn sie Hemd oder Hose hatten, diese zu einem Bündel geschnürt auf dem Kopf. Auf mich sahen sie herab als ein gutes Beispiel für die Nutzlosigkeit von Bekleidung und die Behinderung, die dies bei einer Waldwanderung bedeutete.« Nach einem guten Tagesmarsch durch den Dschungel führt der Aufstieg durch Felsenklüfte und über riesige Granitfelsen. Endlich entdecken die indianischen Jäger einen »gallo«; Wallace feuert eine Schrotsalve, verfehlt das Tier beim ersten Mal, dann holt er es doch aus dem Geäst. Als er den Vogel in den Händen hält, verliert er sich in Bewunderung über das herrliche Farbenspiel

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