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Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Titel: Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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in dieser Form
für meinen Beruf leben, aber da es mir offenbar nicht möglich ist, ein erfülltes Privatleben zu haben …«
    Er ging darauf nicht ein. Sein Lächeln war schon wieder ausgeknipst, Nervosität beherrschte seine Züge. »Geraldine, es ist wichtig. Wenn wir zehn Minuten reden könnten …?«
    Sie wies auf die kleine Sitzgruppe im Eingangsbereich, aber er schüttelte den Kopf. »Unter vier Augen. Gehen wir zu dir oder zu mir?«
    Die vielfach benutzte Redewendung vermochte sie nicht zu amüsieren. »Zu mir«, sagte sie, und hintereinander stiegen sie die schmale, knarrende Treppe hinauf.
    »Geraldine, ich habe ein riesiges Problem«, begann er, kaum daß sie die Tür hinter sich geschlossen hatten. »Hast du von diesem Verbrechen in Stanbury House gehört?«
    Der Schreck durchzuckte sie wie ein Stromstoß, jäh und schmerzhaft. Sie hatte es einfach gewußt.
    Liebte sie tatsächlich einen verrückten Massenmörder?
     
    Als er ihr Zimmer eine Dreiviertelstunde später verließ, wußte sie noch immer keine Antwort auf diese Frage. Natürlich hatte er vehement abgestritten, irgend etwas mit dieser unfaßbaren Tragödie zu tun zu haben.
    »Guter Gott, was hältst du von mir?« hatte er gefragt, war im Zimmer auf und ab gegangen und hatte sich immer wieder kreuz und quer durch die Haare gestrichen, bis sie in komischen kleinen Wirbeln vom Kopf abstanden. Sie hatte zuvor keineswegs etwas gesagt, hatte ihn nur angesehen, und er mußte den Ausdruck von Zweifel und Angst in ihren Augen gelesen haben, denn er hatte sofort gewußt, welche Gedanken ihr im Kopf herumgingen.
    »Patricia Roth war in meinen Augen eine widerliche, egozentrische, zutiefst von sich selbst eingenommene Hexe, aber deshalb würde ich sie doch nicht töten! Ich würde überhaupt niemals jemanden töten! Ich hebe Regenwürmer von der Straße auf
und setze sie in die Erde, diese Art Mensch bin ich! Ich gehe doch nicht irgendwohin und richte ein Blutbad an!«
    »Ist Patricia unter den Toten?«
    »Keine Ahnung. Woher soll ich das wissen? Das ganze Dorf redet darüber, und jeder sagt etwas anderes. Manche behaupten, alle sind tot da draußen, andere meinen, es gibt Überlebende. Aber niemand weiß, wer noch lebt und wer nicht.«
    »Wenn noch jemand lebt«, hatte Geraldine gesagt, »dann wird er oder sie der Polizei von deinen Auftritten dort berichten. « Sie stand mitten im Zimmer, immer noch die Wasserflaschen im Arm wie einen Schutzschild. »Sie werden feststellen, daß du ein Motiv hattest.«
    »Ein Motiv, dort zu wüten wie ein Wahnsinniger? Was bringt es mir denn, wenn Patricia tot ist? Oder ihr Mann? Ihre Kinder? Meinem Ziel komme ich damit keinen Schritt näher. Für mich ist nur wichtig zu beweisen, daß ich Kevin McGowans Sohn bin. Patricia spielt dabei keine Rolle!«
    Sie hatte für einen kurzen Moment müde ihre verschwollenen Augen geschlossen. Jetzt kam er mit dieser Erkenntnis. Aber vorher hatte er Patricia förmlich die Tür eingerannt, hatte auf eine Unterstützung gehofft, die diese Frau ihm gar nicht hatte geben können.
    »Jeder hat mitbekommen, wie fanatisch du warst«, sagte sie, »und deshalb wird man sich auch vorstellen können, daß du allein aus Haß und Rachegefühlen heraus gehandelt hast. Das kann als Motiv schon ausreichen.«
    Er war endlich stehengeblieben, hatte genickt. »Deshalb bin ich hier«, sagte er, »ich brauche deine Hilfe.«
    Sie sah ihn abwartend an.
    »Kannst du nicht die Sonnenbrille abnehmen?« fragte er nervös. »Es irritiert mich, wenn ich deine Augen nicht sehen kann.«
    »Nein«, sagte sie.
    Er seufzte. »Okay. Okay, Geraldine, die Sache ist die: Ich sitze
noch ein bißchen tiefer im Schlamassel, als du denkst. Tatsache ist - ich war heute dort. Ich war im Park von Stanbury House.«
    Eigentlich war sie nicht einmal wirklich erschrocken. Da er sich praktisch jeden Tag dort herumgetrieben hatte, wäre es eher ungewöhnlich gewesen, wenn er gerade heute von seinem Rhythmus abgewichen wäre.
    »Das erwähntest du vorhin nicht«, sagte sie trotzdem. »Du sagtest, du habest nach Leeds fahren wollen, und …«
    Er unterbrach sie ungeduldig. »Ja. Später. Aber vorher war ich dort.«
    »Hat dich jemand gesehen?«
    »Ich war diesmal nicht nur vorn am Tor. Ich bin von hinten in den Park gekommen. Ich habe dort eine von den Frauen getroffen. Die Dicke, Unglückliche.«
    Geraldine schüttelte den Kopf. »Ich kenne niemanden dort.«
    »Egal. Ich habe mich neben sie gesetzt und mich ein paar Minuten mit ihr

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