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Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Titel: Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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sie zum Haus hinüber, dessen Tür noch offenstand. Sie stürzte in die Halle, schlug die schwere Holztür hinter sich zu. Es steckte kein Schlüssel, und es blieb keine Zeit, nach ihm zu suchen. Jeden Moment würde Evelin hereingestürmt kommen. Jessica drehte sich um, jagte durch die Halle und, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf.

    17
    Sie überlegte, wo sich ihre Handtasche befand, und ihr fiel ein, daß sie sie auf der Bank abgestellt hatte. Ihr Handy befand sich darin, so daß sie keine Möglichkeit hatte, Hilfe herbeizutelefonieren. Zwar befand sie sich zunächst in Sicherheit: Sie hatte sich in das Schlafzimmer geflüchtet, das sie mit Alexander geteilt hatte, hatte die Tür zugeknallt und den Schlüssel umgedreht. Sie war auf das Bett gesunken und hatte erstaunt auf ihre Hände geblickt, die unkontrolliert zitterten. Es dauerte zehn Minuten, bis sich ihre Atmung beruhigt hatte und ihr Herz einigermaßen normal schlug.
    Sie schaute sich in dem Zimmer um.
    Bis auf den modrigen Geruch, der bewies, daß lange kein Fenster mehr geöffnet worden war, und die Staubschicht, die über allen Gegenständen lag, vermittelte der Raum den Eindruck, als seien seine Bewohner nie abgereist - oder, wie Jessica im stillen hinzufügte, ermordet worden. Das Bett war ordentlich gemacht, aber auf Alexanders Seite schaute ein Stück seines blauen Schlafanzugs heraus. Ein Pullover von ihm lag über der Sessellehne, eine Krawatte hing über der Ecke des Spiegels. Jessica hatte damals, ehe sie ins The Fox and The Lamb übersiedelte, ein paar Dinge mitgenommen, aber sie hatte es später entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nicht fertiggebracht, hierherzukommen und den Rest einzupacken, ehe sie nach Deutschland zurückflog. Sie entdeckte ein Paar Ohrringe von sich auf der Kommode und ihr Duschhandtuch, das sie über einen Stuhl gehängt hatte. Am Fenster standen, völlig vertrocknet und braun geworden, die Narzissen, die sie gepflückt hatte. Das Wasser war längst in der Vase verdunstet.
    Sie stand auf, ging ins Bad, in dem noch Alexanders Zahnbürste und sein Rasierzeug lagen, drehte das Wasser auf und spritzte sich einige Tropfen ins Gesicht. Im Spiegel sah sie, daß sie grau
war bis in die Lippen und daß sich Schweißflecken unter ihren Armen abzeichneten.
    Ich sehe vollkommen fertig aus, dachte sie.
    Sie verließ das Bad wieder, trat ans Fenster, blickte hinaus. Nichts war zu sehen, still und einsam lag der Hof in der Sonne, schlängelte sich der Weg zwischen den hohen Wiesen in Richtung Stanbury.
    Wenn doch jemand käme, flehte sie inbrünstig, wenn doch irgend jemand käme!
    Aber welchen Grund sollte es geben, daß jemand hier herauskam? Vielleicht einmal der eine oder andere Tourist, der das Haus des Grauens , wie manche englische Zeitung Stanbury House genannt hatte, ansehen wollte, aber die Wahrscheinlichkeit, daß dies innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden passieren würde, war mehr als gering. Tatsache war, sie saß hier fest, und zwar auf unabsehbare Zeit. Unten in der Halle stand das Telefon. Wen könnte sie anrufen? Wie lautete noch die Nummer der englischen Polizei? An jenem schrecklichen 24. April hatte sie sie sofort parat gehabt, aber in diesem Moment wollte sie ihr nicht einfallen.
    Die einzige Nummer aus der Gegend, die sie im Kopf hatte, war die der Putzfrau, Mrs. Collins. Sie könnte sie anrufen und sie bitten, die Polizei nach Stanbury House zu schicken.
    Aber welches Risiko ging sie ein, wenn sie jetzt nach unten lief?
    Sie trat an die Tür, lauschte hinaus. Alles war totenstill. Das Haus war alt, überall gab es knarrende Fußbodendielen. Evelin konnte sich nicht lautlos in den Räumen bewegen, wahrscheinlich konnte sie nicht einmal die Treppe heraufschleichen, ohne eine Menge Geräusche zu machen.
    Aber vorhin, als ich auf dem Bett saß und zitterte, dachte Jessica, da habe ich auf gar nichts geachtet. Da hätten Elefanten durchs Haus gehen können, und ich hätte es wahrscheinlich nicht gemerkt. Sie kann heraufgekommen sein und jetzt neben meiner Tür stehen und auf mich warten.

    Der Gedanke jagte ihr Schauer über den Körper, unwillkürlich trat sie von der Tür zurück. Sie sagte sich, daß sie jetzt auf keinen Fall die Nerven verlieren durfte und daß es zwei Hoffnungsschimmer gab: Der eine bestand darin, daß Evelins Irrsinn so schnell zusammenbrechen würde, wie er aufgeflammt war, denn auch damals hatte sie sich nach ihrer Tat in ein hilfloses Bündel Elend verwandelt,

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