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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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drüben im flachen Land dem Stamm so zugesetzt hatten. Er stand gespannt da, bereit, sogleich zur Siedlung zu laufen und den Alarm zu geben, doch obgleich die Fluggeschöpfe unentwegt über der Stadt kreisten und kreisten, stiegen sie doch nie tiefer als bis zu den höchsten Spitzen der höchsten Türme herab.
     Inzwischen befand er sich den Grünsteinsäulen ziemlich nahe, wo der Standort der Drei Wächter der Saphiräugigen war. Nicht weit entfernt lag vor ihm die Zufahrtschneise am Rand des Dschungels.
    Ohne bestimmte Absicht schritt er auf das Südtor zu. Doch ein, zwei Minuten später blieb er wie gebannt stehen. Hinter sich vernahm er ein Geräusch, wie wenn jemand atmete und sich umherbewegte. Er packte den Speer fester. War etwa Minbain ihm gefolgt? Oder war es eines der Gespenster, die im geheimnisvollen Dunkel der Nacht durch die Stadt patrouillierten? Er wirbelte auf dem Absatz herum und spähte in die nächtlichen Schatten.
    »Wer da?«
    Stille.
    »Ich hab dich gehört. Komm heraus, damit ich dich sehen kann!«
    »Harruel?« Die Stimme eines Mannes, tief und fest und vertraut.
    »Ja, wer sonst sollte ich denn sein? Bist du das, Konya?«
    Aus der Finsternis kam ein Lachen. »Du hast ein gutes Ohr, Harruel.«
    Konya tauchte auf und kam langsam nach vorn. Ein großer Mann, auch wenn er Harruel nur bis an die Schultern reichte; aber weil sein Brust- und Rückenumfang so beträchtlich war, wirkte er nicht so hochgewachsen, wie er in Wahrheit war. Im Stamm galt er als zweithöchster Krieger, und man vermutete allgemein, er sei Harruels Rivale und von Neid über dessen Vorrangstellung zerfressen. Und nur sie beide wußten, wie falsch eine solche Vermutung war. Konya war stark genug, sich bewußt zu sein, daß es keinerlei Schmach darstellte, nicht der Allerstärkste zu sein. Und sein Naturell war still, eher unzugänglich, aber ausgeglichen. Harruel gegenüber empfand er eine Achtung, die sich aus der natürlichen Ordnung der Dinge ergab, aber keineswegs Neid; und Harruel empfand seinerseits gleichfalls Respekt für ihn, auch wenn ihm bewußt war, daß Konya ihm nicht ebenbürtig sei.
    »Also wanderst auch du heute nacht umher«, sagte Harruel.
    »Ich konnte nicht einschlafen. Der Mond schien mir in meinem Bett zu grell in die Augen.«
    »Jaja, im Kokon gab es solche Probleme nicht.«
    »Nein«, sagte Konya mit einem leisen Lachen. »Der Mondschein machte uns keinen Ärger, als wir im Kokon lebten.«
    Danach schritten sie eine Weile schweigend weiter. Es ging durch eine Straße von Trümmerbauten, deren goldgetönte Fassaden perverserweise völlig intakt waren. Vor leeren Fensterhöhlen rankte sich noch immer das elegante, feingeschnittene Maßwerk aus weißem Stein. Prachtvoll gearbeitete Türen und Tore standen halboffen und ließen dahinter Trümmer oder Leere erkennen. Dann stießen sie auf ein Gebäude, bei dem dies umgekehrt war: Hier war die Fassade zur Straße verschwunden, so daß man an dieser Seite jeden der zahlreichen Stöcke entblößt und offen sehen konnte, aber das Innere des Baus war intakt. Wortlos trat Harruel ein und begann aufwärts zu steigen, ohne zu wissen, wonach er suchte. Konya folgte ihm gehorsam.
    Es bereitete einige Schwierigkeiten, die Treppen zu bewältigen, die für Saphiräugige konstruiert waren; die vertikale Stufung war dermaßen abgeflacht und niedrig, daß die ganze Konstruktion mehr einer Rampe als einer Treppe ähnelte. Aber bald hatte Harruel heraus, daß es einfacher war, zwei oder gar drei dieser Stufen hüpfend zu überwinden, und damit wurde der Aufstieg leichter. Den ganzen Weg aufwärts befanden sich an den Wänden Skulpturen, die einem den Blick verwirrten. Von der Seite her gesehen, schienen sie Abbilder und Gestalten lebendiger Wesen zu sein, Saphiräugige und Hjjks und andere Geschöpfe, die in den Tagen der Großen Welt gelebt haben mußten, aber wenn man direkt auf sie blickte, lösten sie sich in Linien ohne jegliche Bedeutung auf. Die Räumlichkeiten in diesem Gebäude waren leer. Es lag nicht einmal Staub darin.
    Schließlich verengte sich der Treppenschacht zu einer Spirale, die sich um ein halbes Dutzend Wendeln aufwärts erstreckte und sie endlich auf das dunkelgedeckte flache Ziegeldach führte. Sie standen hier hoch über dem ganzen Stadtbezirk. Die Stadt lag hinter ihnen, nördlich. Der Blick nach Süden über die Dachbrüstung bot die dichtgedrängten Baumdickichte des Dschungels, die gespenstisch im scharfen Mondschein schimmerten.
    In den

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