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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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möglich, daß Hresh sogar schon Interesse an Kopulation zeigte.«
    Mit einem Achselzucken sagte Torlyri: »Na und? Wenn schon! Was wäre denn daran so schlimm?«
    »Er hat Verantwortung, Torlyri.«
    »Er ist ein Junge, der auf dem Sprung steht, Mann zu werden. Beabsichtigst du etwa, ihm seine Jugend zu verweigern? Soll er doch tvinnern, soviel es ihm Spaß macht. Und soll er doch kopulieren, wenn es das ist, was er möchte. Von mir aus soll er doch sogar kopulieren und Kinder zeugen!«
    »Kinder zeugen? Der Stammeschronist soll eine Partnerin nehmen und Kinder zeugen?«
    »Koshmar, wir leben im Neuen Frühling. Es besteht keinerlei Notwendigkeit, ihn durch veraltete Bräuche in Fesseln zu legen.«
    »Aber der Alte Mann des Stammes soll keine Familie gründen«, sagte Koshmar störrisch. »Genauso wenig wie der Häuptling oder die Opferfrau. Tvinnr-Beziehungen, das ja. Kopulieren, sofern einer danach Verlangen hat, ja. Aber einen ehelichen Partner nehmen? Wie könnte dies geschehen? Wir sind von den Göttern Erwählte, und damit sind wir abgesondert von den anderen und ihnen enthoben.« Koshmar schüttelte den Kopf. »Aber wir sind abgeschweift. Wann hattest du vor, Hresh zu initiieren?«
    »In zwei Tagen, oder in dreien. Falls er keine zuwiderlaufenden anderen Pflichten hat.«
    »Gut«, sagte Koshmar. »Dann erledige es, so rasch wie möglich. Aber sag mir Bescheid. Und danach müssen wir ihn im Auge behalten und aufpassen, daß er sich nicht verändert.«
    Lächelnd sagte Torlyri: »Ich bin sicher, er wird hinterher kein anderer sein. Vergiß nicht, er besitzt den Barak Dayir, Koshmar. Was könnte die Tvinnr-Einweihung ihm bringen, was der Wunderstein ihm nicht längst fünfzigfach tiefer geschenkt hat?«
    »Vielleicht. Ja, vielleicht.«
    Das Schweigen lastete lange und war schon unbehaglich.
    »Koshmar?« sagte Torlyri schließlich.
    »Ja?«
    Torlyri zögerte. »Möchtest du jetzt noch – tvinnern?«
    »Aber selbstverständlich«, sagte Koshmar. Auf einmal wieder weicher gestimmt und eifrig.
    »Bevor wir anfangen, noch eine Frage.«
    »Sprich!«
    »Du sagtest, die Opferfrau sollte keinen Ehemann haben.«
    Koshmars Blick wurde starr. Ihr war nicht bewußt gewesen, daß die Lage dermaßen ernst sei.
    »Das ist nie der Brauch gewesen«, sagte sie kühl. »Weder der Stammesführer, noch der Alte Mann, noch die Opferpriesterin. Kopulieren, das ja. Tvinnr – selbstverständlich. Aber eine Ehepartnerschaft mit Kindern… niemals! Wir sind besondere Leute!«
    »Ja. Schon gut, das weiß ich ja.«
    Und wieder trat Schweigen ein. Ein häßliches diesmal.
    Schließlich sagte Koshmar: »Erbittest du die Erlaubnis, Lakkamai als deinen festen Zeugungspartner zu nehmen, Torlyri?«
    »Wir würden gern feste Ehepartner werden, ja«, antwortete Torlyri ausweichend.
    »Und du bittest mich um die Einwilligung.«
    Torlyri schaute sie mit festem Blick an. »Wir leben im Neuen Frühling, Koshmar.«
    »Willst du damit sagen, daß ihr meine Zustimmung überhaupt nicht mehr braucht? Sag, was du denkst, Torlyri! Sprich aus, was in deiner Seele ist!«
    »Ich habe nie zuvor derartige Gefühle gehabt.«
    »Das ist zweifellos richtig«, erwiderte Koshmar scharf.
    »Aber was soll ich denn tun, Koshmar?«
    »Deine Pflichten und Aufgaben gegenüber den Göttern und dem Volk erfüllen«, sagte Koshmar. »Führe Hresh weg und weihe ihn ein! Vollzieh deine täglichen Opferrituale! Spende denen um dich von deiner Güte, wie du dies stets getan hast!«
    »Und – Lakkamai?«
    »Mit Lakkamai verfahre so, wie du es wünschst.«
    Und zum drittenmal versank Torlyri in Schweigen. Koshmar ließ es gewähren, und es dauerte und dauerte.
     Schließlich fragte Torlyri: »Möchtest du vielleicht jetzt, Koshmar?«
    »An einem anderen Tag«, sagte Koshmar. »Um die Wahrheit zu gestehen, ich fühle mich heute abend sehr erschöpft, und ich glaube, es würde kein gutes Tvinnr werden.« Damit wandte sie sich ab. Dann sagte sie noch bedrückt: »Ich wünsche für dich nur Freude, Torlyri. Du verstehst das doch? Ich wünsche nichts anderes, als daß du glücklich bist.«
    Inzwischen machte Hresh sich mehr und mehr allein in die Ruinen auf, als wolle er Koshmar zu einem Verbot herausfordern; doch die schien sich darum nicht zu kümmern, ja vielleicht bemerkte sie es gar nicht. Meistens war sein Ziel die Große Welt. Diese plumpe Maschine mit den vielen Hebeln und Knöpfen im Kellergewölbe unter dem Platz der Sechsunddreißig Türme übte auf ihn eine unwiderstehliche

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