Am Ende des Winters
wenn ich mich recht erinnere. Minbains Samnibolon, stimmt’s?«
Torlyri nickte. »Ja, und noch ein, zwei anderen. Aber ich war damals noch sehr jung. Und es ist so unendlich lang her.«
»Und es bereitet dir Vergnügen?«
»Jetzt, ja«, sagte Torlyri leise. »Damals, früher, da empfand ich nichts dabei. Jetzt, sehr.«
»Großes Vergnügen?«
»Manchmal«, sagte Torlyri mit rauher, schuldbewußter Stimme.
»Das freut mich ungemein für dich.« Koshmar klang schrill und gezwungen. »Du weißt ja, daß ich in der Kopulation nie etwas gefunden habe. Aber angeblich bringt es einem ja was, sagt man.«
»Vielleicht muß man es mit der richtigen Person tun.«
Koshmar schnaubte durch die Nase. »Für mich gibt es dafür keine richtige Person, und das weißt du genau! Wenn du ein Mann wärst, Torlyri, würde ich nur allzu gern mit dir kopulieren… glaube ich. Aber wir haben ja unser Tvinnr, du und ich. Das haben wir, und mir genügt es. Ein Stammeshäuptling braucht nicht zu kopulieren.«
Ebenso wenig wie die Opferpriesterin, fügte Koshmar stumm hinzu.
Sie wandte den Blick ab, damit Torlyri ihr nicht den Gedanken aus den Augen ablesen könne. Sie hatte geschworen, Torlyri in nichts zu behindern, wie schmerzlich dies auch für sie selbst werden mochte.
Torlyri sagte: »Da du gerade von Tvinnr sprachst…«
»Ja, sprich auch du mir von Tvinnr, Torlyri! Wann immer es dich danach gelüstet!« Vor plötzlichem Eifer begann sie rascher zu atmen. Je stärker die Bindung Torlyris an Lakkamai wurde, desto heftiger verlangte es Koshmar nach Zeichen der Zuneigung zu ihr. »Willst du – jetzt? Jetzt gleich? Aber gern. Komm!«
Torlyri verzog überrascht und möglicherweise nicht gerade erfreut das Gesicht. »Wenn du es wünschst, sicher, Koshmar. Aber das war es eigentlich nicht, was ich habe sagen wollen.«
»Ach?«
»Ich wollte dir gerade sagen, daß es an der Zeit für Hreshs Tvinnr-Tag ist. Wenn ich ihn von seinen Maschinen und seinem Wunderstein lang genug weglocken kann, muß ich ihn jetzt bald wegführen, damit er eingeweiht werde.«
»Schon so weit«, sagte Koshmar kopfschüttelnd. »Hresh hat schon seinen Tvinnr-Tag?«
Es war eine der Aufgaben der Opferfrau, die jungen Leute im Stamm in die Geheimnisse des Tvinnr einzuführen, und Torlyri hatte das Ritual stets mit höchster liebevoller Behutsamkeit vollzogen. Koshmar hatte nie etwas gegen all diese Tvinnr-Akte mit anderen gehabt, obwohl diese ja viel stärker intim waren als eine Kopulation. Die Einweihung war Torlyris von den Göttern ihr auferlegte Pflicht. Wenn das alles irgendeinen Sinn haben sollte, dachte Koshmar, dann sollte ich mir mehr Sorgen darüber machen, daß sie mit Hresh tvinnern wird, als über ihre Kopulation mit Lakkamai. Und dennoch ist es genau umgekehrt. Die Tvinnr-Akte Torlyris mit dem Jungvolk stellten für Koshmar keine Bedrohung dar. Aber die Kopulation mit Lakkamai – die Kopulation – mit Lakkamai…
Ach, Kopulation ist ein Nichts, dachte sie ärgerlich.
Sie warf sich Mangel an Logik vor. Und dann sagte sie sich, daß der ganze Komplex weit über alle Logik hinausreiche… Es gibt eine Logik des Herzens, redete sie sich zu, von der die Vernunft sich nichts träumen läßt.
»Taniane hatte ihr erstes Tvinnr, Orbin auch schon, und nun ist Hresh an der Reihe«, sagte Torlyri. »Und danach kommt Haniman.«
»Wie rasch die Zeit verstreicht. Manchmal sehe ich ihn noch immer als den kleinen Frechdachs, der sich an dir vorbei aus der Schleuse stehlen wollte, damals als die Eisfresser kamen und der Träumeträumer erwachte. Dieser bemerkenswerte Tag scheint mir jetzt so schrecklich weit zurückzuliegen. Ebenso wie Hreshs Kindheit.«
»Alles war so seltsam«, sagte Torlyri. »Etwa, daß der Alte Mann des Stammes noch nicht einmal alt genug sein sollte zum Tvinnern.«
»Glaubst du, es wird ihn verändern, wenn er mal damit anfängt?«
»Ihn verändern? Wieso denn das?«
»Wir sind so stark von ihm abhängig«, sagte Koshmar. »In seinem merkwürdigen kleinen Kopf steckt so viel Wissen. Aber Kinder verändern sich manchmal, sobald sie erst einmal mit dem Tvinnr beginnen. Hast du das denn vergessen, Torlyri? Und Hresh ist ja wirklich noch ein rechtes Kind. Das dürfen wir nämlich niemals vergessen. Sobald er einen Tvinnr-Partner gefunden hat, könnte es geschehen, daß er sich für viele Monate ganz und gar dem Tvinnr hingibt und darin völlig aufgeht, und was geschähe dann mit der Erforschung von Vengiboneeza? Es wäre durchaus
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