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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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er eben nicht getan. Statt dessen hatte er seither kaum je ein Wort mit ihr gesprochen; er hatte sich von ihr ferngehalten, ganz so, als würde es ihm brennenden Ärger verursachen, sie auch nur anzuschauen.
    Der Trottel! Der Allerweiseste im Stamm – und dennoch ein solcher Dummkopf!
    Hanimans Hand schlich sich weiter zwischen Tanianes Schenkel. Mit der anderen Hand begann er ihre Schulter zu streicheln. Die Hand glitt zu ihrer Brust.
    »Magst du mit mir kopulieren?« fragte er.
    Sie nickte, weil sie immer noch an Hresh dachte und daran, daß sie die Tvinnr-Partnerin des gescheitesten Kopfes im Stamm hätte werden können, und was für vielfältige Kenntnis und Wissen sie auf diese Weise hätte erlangen können; ja, daß sie den Hresh sogar zu einem ewiglichen Bund hätte haben können, wenn es denn schon inzwischen das Sittengesetz erlaubte, daß der Alte Mann des Stammes eine ‚eheliche’ Partnerschaft eingehe. Schließlich, das Sittengesetz hatte sich ja schon soweit gelockert und verändert, daß es der Opferfrau gestattet war, sich mit Lakkamai zusammenzutun, oder etwa nicht? Allerdings – das hatte Torlyri auch wenig geholfen, als Harruel die Stammesspaltung provozierte. Also, wenn ich Hresh zum ehelichen Mann bekäme, dachte Taniane, dann wären mein Einfluß und meine Macht nur wenig geringer als die von Koshmar, und wenn Koshmar dann noch stürbe…
    »Und magst du mit mir danach tvinnern?« fragte Haniman.
    »Das, nein«, sagte Taniane. »Nein, mit dir will ich nicht tvinnern.«
    »Jetzt nicht – oder überhaupt niemals?«
    »Jetzt nicht, aber vielleicht auch nie.«
    »Ach so«, sagte er. »Mein Pech. Aber du möchtest schon mit mir kopulieren?«
    »Ja, aber sicher doch.«
    »Und wenn ich dich nun bitten würde, meine feste Gefährtin zu werden?«
    Taniane blickte ihn lange und fest an.
    »Darüber laß mich mal noch ein bißchen nachdenken«, sagte sie. »Vorläufig wollen wir einfach nur mal kopulieren, einverstanden?«
    Für Torlyri war es eine Zeit der Düsternis und Beklemmung. Sie hatte das Gefühl, als wäre das Licht aus ihrer Seele gewichen und als sei sie in einen Klumpen schwarzer Schlacke verwandelt worden. Soviel Schmerz – und wegen eines Mannes!
     Wie schnell, wie abgrundtief war sie von Lakkamai abhängig geworden! Wie leicht verwundbar, wie schutzlos für den Schmerz, als er sie verließ! Kaum erkannte sie sich selbst wieder in dieser fremden, niedergeschmetterten Frau, die an keinem Morgen aufwachen konnte, ohne mit der Hand nach der leeren Stelle auf dem Lager zu tasten, an ihrer Seite, wo Lakkamai geschlafen hatte, und ohne dann in der Erinnerung wieder seine hallende Stimme zu hören, mit der er Harruel gelassen erklärt hatte, daß er sich dem Trupp der Aussiedler aus Vengiboneeza anschließen wolle.
    Torlyri hatte mehr als dreißig Jahre zufrieden und ohne größeres Bedürfnis nach einem Manne gelebt. Ihre Liebe zu Koshmar und ihre Aufgaben als Opferfrau hatten ihr Leben hinlänglich erfüllt. Doch dann war der Neue Frühling gekommen, und der Große Aufbruch, und alles war verändert. Auf einmal kopulierte alles, verehelichte sich alles, plötzlich wurden ganze Scharen neuer Kinder in die Welt gesetzt wie nie zuvor. Und Torlyri hatte sich inmitten diesem gewaltigen Aufblühen des Stammes ebenfalls gefühlt wie eine Knospe, die sich öffnete und dem Licht entgegenreifte. Sie war verwandelt. Auch sie sehnte sich nun nach der Kopulation, sogar nach fester Partnerschaft und Kindern. Und darum hatte sie sich Lakkamai hingegeben, und nun war Lakkamai mit Harruel fortgezogen; und Torlyri fühlte sich verzweifelt und verlassen, auch wenn sie sich immer wieder vorsagte, sie stehe sich ja nicht schlechter als vorher, ehe sie sich mit Lakkamai eingelassen hatte.
    »Komm zu mir!« sagte Koshmar. »Tvinnre mit mir!«
    »Ja«, sagte Torlyri. »Mit Freuden.«
    Koshmar war in diesen schweren Tagen ein großer Trost für sie. Sie tvinnerten oft, viel häufiger als während der ganzen verflossenen Jahre, und jedesmal fühlte Torlyri dabei, wie Koshmar Kraft, Wärme und Liebe in sie herüberströmte.
     Torlyri wußte, daß sie Koshmar durch ihre vernarrte Liebe zu Lakkamai tief verletzt hatte. Koshmar hatte das zwar nie mit Worten gesagt, doch nach allen den Jahren ihrer intimen Gemeinsamkeit war es unmöglich, daß Koshmar ihre wahren Gefühle von Torlyri hätte verbergen können, beim Tvinnern, aber auch sonst. Und dennoch war Koshmar bereitwillig zurückgewichen, damit Torlyri tun könne,

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