Am Ende des Winters
furchteinflößend.
»Du wirkst bedrückt heute«, sagte Noum om Beng, als Hresh an diesem trockenen heißen Hochsommertag in sein Privatgemach trat. Die beiläufige Bemerkung kam fast so unerwartet wie einer der Schläge, die Noum om Beng so freizügig austeilte. Denn Noum om Beng zeigte nur selten, daß er sich der seelischen Befindlichkeit Hreshs bewußt sei oder gar Interesse dafür aufbringe.
Hresh nahm zu Füßen der Steinbank des Alten Platz und sagte: »Koshmar hat mich erneut gebeten, unserem Volk die Bengsprache beizubringen, Vater.«
»Nun, dann unterrichte sie! Warum zaudertest du so lange?«
Hresh spürte, wie es ihm heiß ins Gesicht stieg. »Dieses Wissen ist etwas, das mir ganz persönlich gehört. Ich hüte es eifersüchtig, Vater.«
Noum om Beng lachte. Es klang eher wie ein Husten.
»Ja, glaubst du denn, du könntest das alles für dich allein behalten? Lehre sie, Junge! Gib es weiter! Es kommt der Tag, an dem alle Welt in der Zunge der Beng sprechen wird; bereite dein Volk darauf vor, auf daß es für sie nicht unerwartet komme!«
Hresh fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Willst du damit sagen, daß die ganze Welt bengisch sein wird, Vater?«
»Ja, soweit sie nicht hjjkisch sein wird.«
Hresh dachte da an Harruel, der sich in der Wildnis sein kleines Königreich zu bauen versuchte, und er überlegte, wie er wohl sich in ein derartiges Realitätskonzept einfügen würde. Oder auch Koshmar, nebenbei. Doch er erwähnte Noum om Beng gegenüber nichts davon.
»Also glaubst du, daß es die Absicht der Götter war, als sie die Große Welt vernichteten, den Beng den Weg zur Oberherrschaft zu bahnen?«
»Wer will das schon wissen«, sagte Noum om Beng. »Was die Absichten der Götter sind? Die Götter sind grausam. Allem eifernden Streben winkt am Ende ein Hagel von Todessternen. So ist es geschehen, wieder und wieder, und so wird es sein in kommender Zeit. Uns ist es nicht gegeben, die Gründe dafür zu begreifen; wir vermögen nur immer weiter voranzustreben, ringend mit allem und dagegen kämpfend, um zu überleben, und um sodann zu wachsen und dann in Besitz zu nehmen. Und am Ende gehen wir zugrunde. Das zu verstehen ist unwichtig. Es geht nur um das Überleben und das Wachsen und die Eroberung, um mehr nicht.«
Niemals zuvor hatte Noum om Beng sich derart deutlich über seine Lebensphilosophie geäußert. Hresh – für den dies wie ein Hagelschauer von Schlägen war – saß zitternd da und mühte sich zu fassen, was er da soeben vernommen hatte.
»Also werden die Todessterne wiederkommen, um uns zu vernichten?« fragte er schließlich.
»Nicht für eine lange, lange Zeit. Jetzt sind wir vor ihnen sicher, und noch für eine so lange Spanne Zeit, daß wir sie unmöglich erfassen können. Aber kommen werden sie einst, wenn du und ich längst vergessen sind. Es liegt in der Art der Götter, die Todessterne immer und immer wieder über die Welt hereinbrechen zu lassen. So war es von Anbeginn aller Zeiten.«
»Darf ich aus deinen Worten schließen, daß die Todessterne, welche die Große Welt vernichteten, nicht die ersten waren, die auf diese Welt herabfielen?«
»So ist es. Millionen Jahre verstreichen zwischen jeder Heimsuchung der Schwärme der Todessterne. Dies weiß ich, Kind. Und dies Wissen ist auf mich gekommen von den Uralten. Die Todessterne stürzten auf die Große Welt herab, und sie fielen auf jene Welt, die vor der Großen Welt bestand. Und auf die Welt vor dieser Welt.«
Hresh brachte kein Wort hervor und saß nur starr da.
Noum om Beng sprach weiter: »Wir wissen nichts von diesen älteren Welten. Die Vergangenheit ist immer fort und vergessen, so sehr wir uns auch mühen mögen, sie zu retten. Sie lebt nur mehr in Schatten weiter und in Träumen und bläßlichen Bildern. Aber die Leute in der Großen Welt wußten diese Bilder zu deuten, und ebenso wußten dies die Menschlichen vor ihnen.«
»Die Menschlichen… waren… vor ihnen…«
»Natürlich. Die Menschen waren sehr alt, als die Große Welt entstand. Aber die Todessterne sind noch älter. Es gab keine Menschen hier, als die Todessterne das vorletzte Mal herabstürzten; oder wenn sie bereits existierten, dann waren sie nichts als einfältige kleine Geschöpfe, so wie wir es nun sind, vor denen alles noch offen daliegt, und sie haben damals die Zeit der tödlichen Sterne wohl ebenso überstanden, wie wir es diesmal versuchten.«
Hresh war so starr, daß er nicht einmal mit einem Lid zucken konnte,
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