Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
während Noum om Beng diese Worte sprach. Und diese Worte trafen ihn wie die letzten Axthiebe, ehe ein gewaltiger Baum zu Boden bricht.
    »Vor langer, langer Zeit«, fuhr Noum om Beng fort, »war eine Zeit der Größe für die Menschlichen, und sie beherrschten die Welt. Und ich glaube, daß sie sich an die Todessterne erinnerten, die niederstürzten, als ihre Rasse noch jung war, oder aber sie fanden die Erinnerung an sie wieder, ich vermag dir nicht zu sagen, wie es war. Und die Zeit der Größe der menschlichen Rasse – und sie war langdauernd – durchlief ihren ganzen Kreis in der Zeitspanne zwischen den Sternenschwärmen. Die Größe der Menschlichen erwuchs und verging in dieser Zeitspanne. Und danach erwuchs die Große Welt und erblühte, und über diese Große Welt brachen die jüngsten Todessterne herein. Und nun ist die Welt unser, und wir werden in ihr etwas Großes errichten, so wie es die Menschlichen getan haben und die Völker der Großen Welt nach ihnen; und eines Tages, in Millionen Jahren von heut an, werden die tödlichen Sterne wiederkehren. Dies ist die Wahrheit. So ist der Gang der Welt von allem Anfang an.«
    Hresh saß still da und kämpfte gegen das Entsetzliche an, das er soeben vernommen hatte. Er zitterte unter der Last einer solch unvorstellbaren Vergangenheit, die sich vor ihm erhob wie ein Turm über den nächsten gestapelt bis hinauf zu den Sternen.
    Nach sehr langer Zeit sagte er: »Aber wenn dies so ist, Vater, dann ist es doch ganz unwichtig, was wir tun, nicht wahr? Wir könnten wachsen und gedeihen und etwas noch Größeres schaffen als die Große Welt; und wenn das Rad sich dann um sich selbst gedreht hat, wird alles, was wir geschaffen haben, ebenso vernichtet werden wie die Große Welt. Auch sollten wir dann ja nicht glauben müssen, daß die Vernichtung, wenn sie kommt, als eine Strafe über uns kommt… nicht um eine sündhafte, böse Zivilisation zu zerstören. Denn gleichgültig, ob wir gut sind oder böse, ob wir auf dem von den Göttern vorgeschriebenen Pfad wandeln, oder ob wir sie verhöhnen… die Mördersterne kommen doch, so oder so. Und sie kommen immer wieder und brechen über uns herein, wenn ihre ihnen bestimmte Zeit naht, und sie stürzen herab über die Bösen und die Tugendsamen gleichermaßen, und ungerührt über die Faulen ebenso wie über die Fleißigen, über die Freundlichen wie über die Grausamen, so daß alles eins ist. Man könnte also auch ebenso gut gar nichts aufbauen, denn was immer wir bauen, es wird vernichtet werden… Und das ist die Welt, welche die Götter für uns geplant haben? Das erscheint mir uns gegenüber als abscheulich brutal; aber, nun ja, die Götter entziehen sich unserem Verständnis. Wolltest du mir dies sagen, Vater?«
    »Das ist es, was ich als die Wahrheit erkannt habe.«
    »Nein«, sagte Hresh. »Solch eine Glaubensüberzeugung ist zu grausam. Denn sie unterstellt, daß es im Universum eine Fehlerquelle gibt, Schwachstellen, daß alles im Kern fundamental falsch ist.«
    Noum om Beng saß still da und nickte vor sich hin. Über das verhutzelte Gesicht huschte etwas, was fast wie ein Lächeln aussah.
    »Aber wir sterben doch, oder?« fragte er.
    »Am Ende unseres Lebens, ja.«
    »Und – ist dies eine Bestrafung?«
    »Nein, weil wir an unser Ende gelangt sind. Die Bösen leben oft ein langes Leben, und die Guten sterben jung: Also kann der Tod nicht eine Strafe sein, ausgenommen natürlich, wir werden alle auf gleiche Weise gestraft.«
    »Sehr exakt, mein Junge. Es hätte keinen Sinn; also, wie sollten wir je hoffen, es begreifen zu können? Die Götter haben beschlossen, daß es für uns den Tod geben soll, und so ist jeder von uns ein Individuum, allein und sterblich. Aber die Götter haben auch das Ende der Großen Welt beschlossen; sie haben den Tod beschlossen für die Welt der Hjjk, die jetzt herrschen, und für die Welt der Beng, die danach kommen wird. Wenn du dies als einen Konstruktionsfehler des Universums bezeichnest, so irrst du. Denn – das Universum ist so. Das Universum ist vollkommen – nur wir sind mit einem Makel behaftet. Die Götter wissen, was sie anrichten und tun. Wir werden es niemals erfahren. Aber dies heißt nicht, daß wir einfach aufhören dürften, uns zu bemühen.«
    Hresh schüttelte den Kopf. »Wenn alles keinen Sinn hat, wenn der Tod einen jeden unter uns einholt, wenn die Todessterne über unsere Zivilisationen niederstürzen, ja aber dann könnten wir doch ebenso gut gleich leben wie

Weitere Kostenlose Bücher