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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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vielleicht auch unseren Sieg schon?« Harruel wuchtete sich um seine Achse und gestikulierte zu Minbain hinüber, sie sich am Säulenportal ihres Hauses herumdrückte. »Wein herbei, Weib! Bring mir Wein, und spute dich! Wir wollen auf den Sieg trinken!«
    Weiawala sagte flüsternd zu Salaman: »Wozu will er noch mehr Wein saufen? Er ist doch jetzt schon betrunken!«
    »Da bin ich gar nicht so sicher. Ich glaube, es ist eher die Erregung, daß er wieder in den Kampf zieht, die ihn trunken macht.«
    »Die Euphorie des Sterbens, meinst du«, sagte Weiawala. »Denn wie könnten wir denn diesen Tag überleben? Irgendeiner unter uns?«
    Und da begann auch Salaman klarzuwerden, daß er endlich erwachte, endlich zu begreifen begönne, was nun auf sie alle zukommen werde. Seine gleichgültige Erstarrtheit fiel von ihm ab. Ja, er war bereit zu kämpfen, und gut zu kämpfen, und er war bereit, tapfer zu sterben, sollte es nötig sein. Salaman spürte auf einmal, wie seine Seele in ihm sich plötzlich aufschwang und weitete, und er begriff, was in Harruels Herzen vorgehen mochte, jedenfalls begriff er es zum Teil.
    Für Harruel muß das erste Eindringen der Hjjk eine brutale und bittere Störung, ein Stachel gewesen sein. Seine absolute Herrschaft als König, ja seine Mannheit als solche waren in Gefahr gebracht worden. Das Kind Therista war getötet worden; die Frau Galihine war dermaßen schwer verletzt worden, daß es besser gewesen wäre, sie wäre gestorben; der Palast war in Brand gesteckt worden; die meisten der Fleischtiere waren aus der Koppel freigekommen, und es hatte ewig gedauert, bis man sie wieder eingefangen hatte. Und auch wenn der Feind mit einer vernichtenden Niederlage zurückgeschlagen worden war, so wußte doch jedermann, daß ein viel mächtigeres Heer im Anmarsch war, dem die Stadt auf gar keinen Fall würde standhalten können. Harruels kleine geschlossene Welt war von außen her angegriffen worden, und bald würde sie vernichtet sein.
    Während der letzten paar Wochen war der König wahrlich in düsterer Stimmung gewesen. Er hatte sich dermaßen dem Trunk ergeben, daß die Weinvorräte der Stadt allein dank Harruels Sauflust nahezu erschöpft waren. Nacht um Nacht war er allein und humpelnd im Krater umhergestreift und hatte die Luft mit seinem trunkenen wütenden Grölen erfüllt. Mit Konya, seinem getreuesten und liebsten Gefolgsmann, hatte er sich auf einen Faustkampf eingelassen, bei dem Blut floß. Er hatte jede einzelne Frau des Stammes zu sich auf sein Lager befohlen, zuweilen ihrer sogar dreie auf einmal, und doch – so wurde berichtet – gelang ihm nicht mit einer von ihnen die Kopulation. In den kurzen Augenblicken relativer Nüchternheit hatte er mürrisch düstere Andeutungen über seine Sünden und Fehltaten gemacht, die er begangen habe, und von der Strafe gesprochen, die er verdiene und die ihm bald von Hjjk zuteil werden müsse. Was allerdings Salaman bestürzt veranlaßte, sich zu überlegen, was das denn für Sünden wären, die er, Salaman, begangen hätte, oder Weiawala… oder das Kleinkind Chham; denn sterben würden sie allesamt, wenn die Hjjk Yissou City überrollten: Gerechte und Sünder, ohne Unterschied würden sie alle sterben.
    Dennoch hatten sie alles ihnen Mögliche getan und sich auf den hoffnungslosen Kampf vorbereitet, der ihnen bevorstand. Die Zeit hatte nicht gereicht, um die Palisade auf dem Kraterrand ganz zu schließen, doch sie hatten eine kleinere Wehr errichtet: aus zugespitzten Pfählen, verbunden und gefestigt von Flechtwerk aus Reben, die den bewohnten Bereich der Stadt vollkommen einschloß. Dicht hinter dieser zweiten Palisade befand sich ein breiter und tiefer Graben, den Bretterstege überspannten, die man zurückziehen konnte, sobald die Eindringlinge sich näherten. Vom südlichsten Rand der Siedlung hatte man durch das dichte Unterholz einen schmalen Pfad gerodet bis in das verfilzteste Waldgebiet an einer der Kraterseiten; sollte alles andere fehlschlagen, so konnte die Bevölkerung noch immer einzeln oder zu zweit sich davonstehlen und sich im Wald zu verbergen suchen, bis die Hjjk-Armee der Suche nach ihnen überdrüssig würde und weiterzöge.
    Aber mehr konnten die Verteidiger nicht tun. Sie waren nur zu elft, davon fünf Frauen, von denen eine verwundet war, und dazu eine Handvoll halbwüchsiger Kinder. Salaman hatte sich darauf eingestellt, daß dies der letzte Tag seines Lebens sein werde, und er hegte keinen Zweifel daran, daß die

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