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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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bei sich, daß die Sache höchstwahrscheinlich Ärger bringen werde, und möglicherweise Gefahr. Beunruhigt betastete er das Amulett Thaggorans. An diesem Tag begann er in der Lade der Bücher nach der Bedeutung des Königtums zu suchen, und was er dabei fand, bestätigte seine Vermutungen.
    Vielleicht sollte ich Koshmar davon berichten, dachte er.
    Doch er tat es dann doch nicht; ebenso wenig wie er auch nur das geringste Stückchen Information, das er aus seinem Forschen gewann, an Harruel weitergab. Und dieser wiederholte zu der Zeit und im weiteren auch seine Fragen in diesem Bereich nicht mehr. Das Gespräch blieb eine persönliche Angelegenheit zwischen ihnen beiden; ein schwärendes Geheimnis.
    Koshmar spürte die Niederlage auf sich zukommen. Wäre doch nur Thaggoran noch da, um sie zu leiten! Doch Thaggoran war dahin, und ihr Chronist war ein Kind. Sicher, Hresh war hurtig und voll Eifer und Willigkeit, doch es mangelte ihm an Thaggorans tiefer Weisheit und an dem Wissen über alle die Zeitalter, die vergangen waren, an der Vertrautheit mit ihnen.
    Allmählich mußte sie sich der Wahrheit stellen: Sie konnte nicht hoffen, daß es ihr gelingen werde, das Volk noch länger zum Weiterziehen zu bewegen. Das Murren hatte wieder begonnen, und diesmal war es hitziger und aufsässiger. Es gab, wie sie wußte, bereits Leute, die sagten, man zöge ziellos und sinnlos dahin. Harruel hatte sich zum Anführer dieser Gruppe aufgeschwungen. Laßt uns doch an einem guten, fruchtbaren Ort siedeln und uns dort ein Dorf errichten – so redete er hinter Koshmars Rücken. Torlyri hatte ihn gehört, wie er vier, fünf andere Männer mit derlei Gewäsch bedachte. Im Kokon wäre es unvorstellbar gewesen, daß das Stammesvolk auch nur auf die Idee hätte kommen können, dem Wort und Geheiß des Führers zu widersprechen, aber sie waren eben nicht mehr im Kokon. Koshmar sah allmählich bereits das Schreckensbild vor sich: Sie, ihrer Macht entblößt – nicht mehr Retterin und Heilsbringerin einer wiedergeborenen Welt, sondern nichts weiter als ein abgesetzter Häuptling.
    Und wenn man sie absetzte, würde man sie überhaupt am Leben lassen? Lauter vollkommen neue Vorstellungen für Koshmar. Es gab keine Überlieferung über die Absetzung von Häuptlingen und ihre Geschicke nach ihrer Entmachtung.
    Koshmar hatte im Kokon die Platte aus schimmerndem schwarzen Stein zurückgelassen, in dem die Seelen der Stammesführer wohnten, die vor ihr gewesen waren. Sie hatte nichts weiter mit sich genommen als deren Namen; und diese sprach sie immer und immer wieder vor sich hin; aber vielleicht besaßen die Namen keine Kraft mehr, ohne den Stein, genau wie der Stein stumm und ohne Stärke war ohne die Namen.
    Thekmur, dachte sie. Nialli. Sismoil. Lirridon. Wenn ihr noch immer bei mir seid – so führt mich jetzt!
     Aber die dahingegangenen Führer zeigten sich ihr nicht. Koshmar wandte sich an Hresh um Rat. Ihm gegenüber – und er war der einzige, bei dem sie dies tat – hatte sie es aufgegeben, so zu tun, als folge sie einem klaren Befehl und Auftrag der Götter.
    »Was können wir tun?« fragte sie.
    »Wir müssen einfach um Hilfe bitten«, antwortete der Knabe.
    »Wen?«
    »Ja, natürlich die Geschöpfe, denen wir unterwegs begegnen.«
    Koshmar hielt nicht viel davon. Aber alles war immerhin einen Versuch wert. Und so ließ sie von dem Tag an jedes Lebewesen, das irgendwie über Denkvermögen verfügte, und sei es ein noch so einfaches, ergreifen, und dann beruhigte sie es, bis es still wurde, und dann bemühte sie sich mittels des Zweiten Gesichts und des Sensororgans, mit dem Geschöpf in Kontakt zu gelangen und von ihm das zu erfahren, was sie wissen mußte.
    Das erste dieser Geschöpfe war ein komisches rundliches Fleischding, ohne Leib, nur ein Kopf mit einem Dutzend feister Beinchen. Lebhafte Erregungswellen durchströmten das Ding, als Koshmar sein Hirn nach Bildern von Vengiboneeza auslotete, doch mehr als dieses Gekräusel trat dabei nicht zutage. Von einem Trio ungeschlachter stelbeiniger, blauer Fellwesen, die anscheinend nur ein gemeinsames Gehirn besaßen, erhielt man bei der Befragung über Städte im Westen ein Gedankenmuster, das aus heftigem Schnauben und Brummen zusammengesetzt war. Und ein scheußliches Waldgeschöpf mit Hakenkrallen, doppelt so groß wie ein Mann, nur großes Maul und vorspringende Nase und übelriechendes orangerotes Haar, lieferte ein wildes rauhes Gelächter und das blitzhafte Abbild von erhabenen

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