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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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sich von Kindheit an nur auf ein Ziel ausgerichtet, auf die Führerschaft und nichts sonst, und das schloß in ihren Augen jeden Gedanken an Mutterschaft aus. Führer hatten keine Kinder, so war es der Brauch. Aber, dachte Torlyri, das war doch bestimmt nur deshalb so, weil man die Volkszahl im Kokon so strikt beschränken mußte. Alle möglichen festen Bräuche bezüglich des Verbots und der Erlaubnis, Kinder zu haben, waren im Verlauf der Jahrhunderte entstanden, aber ihnen lag doch stets die Furcht zugrunde, daß die unbeschränkte Fortpflanzung den Kokon ersticken und den Stamm vor der richtigen Zeit in die grausame Unbill des Winters treiben müßte.
    Minbain rief nach ihr. Das Kind wollte kommen.
    Torlyri eilte gerade noch rechtzeitig zur Hütte zurück. Zwischen Threynes Schenkeln zeigte sich bereits das winzige Köpfchen. Torlyri lächelte. Koshmar hatte es noch nie ertragen können, bei der Geburt eines Kindes dabei zu sein, doch für Torlyri war es ein Moment der Schönheit. Sie kniete am Fuß des Lagers und umfaßte Threynes Fußknöchel mit festen Händen, während sie die Gebete zu Mueri-der-Mutter sprach.
    »Ein Knabe!« verkündete Minbain.
    Er war sehr klein, sehr laut, sehr verhutzelt und sehr rosig am ganzen Leib, mit dünnen fahlgrauen Pelzbüscheln, die mit der Zeit über den ganzen Körper wachsen würden. Das kleine Sensororgan bewegte sich steif hin und her und zuckte durch die Luft: ein gutes Anzeichen, ein Zeichen von Kraft und Leidenschaft. Torlyri erinnerte sich, wie sie vor neun Jahren Minbain bei deren Entbindung geholfen hatte, als Minbain den Hresh geboren hatte, und wie damals Hresh mit seinem Sensororgan wütend die Luft gepeitscht hatte. Und der hatte doch wahrlich das Omen voll bestätigt, dieser Hresh.
    »Wo ist der Alte Mann!« sagte eine der Frauen. »Wir brauchen den Alten Mann hier, damit er den Geburtsnamen verleiht.«
    Minbain gab ein unterdrücktes Geräusch von sich, ein ersticktes Lachen. Ein paar andere Frauen lachten gleichfalls.
    »Der Alte Mann!« sagte Galihine. »Wer hätte je von einem Alten Mann gehört, der ein Kind war!«
    »Oder davon, daß ein Kind die Geburtszeremonie leitet«, sagte Preyne.
    »Sei dem wie immer«, sagte Torlyri mit fester Stimme. »Wir brauchen ihn für das, was getan werden muß.«
    Sie wandte sich einem Mädchen namens Kailii zu, fast schon einer für die Mutterschaft reifen jungen Frau, die der Entbindung fasziniert zugeschaut hatte, und sandte sie aus, um Hresh zu holen.
    Er kam sogleich. Torlyri sah, wie seine scharfen kleinen Augen mehrmals die Szene rasch abtasteten: die dicht um das Laublager gescharten Frauen, die erschöpfte Threyne und die Blutspuren im Fell ihrer Schenkel, das kleine runzelige Neugeborene, das mehr wie eine Wurzel aussah als wie ein Mensch. Hresh wirkte unsicher; vielleicht weil seine Mutter anwesend war, oder vielleicht auch, weil er wußte, daß in der Regel Knaben nicht Zeuge solcher Begebnisse sein durften.
    »Wie du siehst, wurde uns ein Kind geboren«, sagt Torlyri. »Es muß einen Namen verliehen bekommen, und es ist deines Amtes, das zu tun.«
    Sogleich schien die Unsicherheit von Hresh abzufallen. Er reckte sich hoch auf – ach, wie lächerlich klein er doch noch ist! fuhr es Torlyri durch den Kopf – und umhüllte sich sozusagen mit der Majestät seiner Stellung.
     Feierlich schlug er die Zeichen Yissous, dann das Zeichen von Emakkis-des-Ernährers, dann das der Mueri-Mutter und dann das Zeichen Friits-des-Heilers. Und schließlich, ganz zuletzt, das Zeichen Dawinnos-des-Zerstörers, des undurchschaubarsten, vieldeutigsten Gottes.
    Torlyri fühlte Freude und stolzes Entzücken in sich aufsteigen. Hresh vollzog das Ritual korrekt und genau in der rechten Reihenfolge! Der alte Thaggoran hätte es nicht besser gekonnt. Und dabei war Hresh noch nie bei der Zeremonie der Namensgebung dabei gewesen. Bestimmt hatte er das Ritual in den Büchern nachgelesen. Dieser gescheite Knirps… was für ein bemerkenswertes Kind er doch war!
    »Ein männliches Kind ist uns geboren«, sprach Hresh mit volltönender Stimme. »Durch Preyne, aus Threyne – ein Sohn, uns allen geschenkt. Und so benenne ich ihn mit dem Namen des Großen, der uns so grausam entrissen wurde. Er soll Thaggoran heißen und sein.«
    »Thaggoran!« rief Preyne. »Thaggoran Preyne-Sohn, Thaggoran Threyne-Sohn!«
    »Thaggoran!« schrillten die Frauen in der Laubhütte. »Thaggoran…«, stammelte Threyne mit schwacher Stimme.
    Hresh streckte seine

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