Am Ende des Winters
behauptete. Aber er wünschte sich auch sehr, daß er dessen so gewiß sein könnte, wie sie es zu sein schien. Er wünschte, er fände irgendeinen Beweis. Aber bis er den nicht gefunden hatte, würde er eben weiter mit seinen quälenden Zweifeln leben.
Das Volk mußte Vengiboneeza mit anderen Lebewesen, mit kleineren, teilen, von denen manche sehr unangenehm waren.
Die Dschungelaffen kamen manchmal herein, kletterten auf den hohen Simsen und Dachkronen nahegelegener Häuser herum und bewarfen die unten mit Gegenständen – Steinchen, Kotkugeln, kleinen scharfkantigen knallroten Beeren, die wie glühende Kohlen brannten. Schlangen mit hochgespreizten grünen Hauben hinter dem Kopf waren überall, ringelten sich schläfrig zwischen Steinen, entrollten sich aber dann und wann zischend und stießen zu. Das Mädchen Bonlai wurde gebissen, ebenso der Jungkrieger Bruikkos, und beide lagen viele Tage krank darnieder, fiebernd und trotz der Arzneien und Bannsprüche, die Torlyri bei ihnen anwandte, von Schmerzen gepeinigt.
Salaman stieß beim Stöbern zwischen zwei schrägbedachten dreiseitigen Alabastergebäuden, etwa hundert Schritte hinter dem Zentralturm auf eine Platte im Boden, auf der ein Metallring befestigt war, und er beging den Fehler, daran zu ziehen. Die Platte ließ sich mühelos heben, aber sofort kamen aus den Tiefen der Erde in Horden schimmernde, grün-golden blitzende Geschöpfe herauf, nicht länger als ein Mannsdaumen und umschwärmten ihn. Ihre Augen waren riesig und glitzerten wie feurigrote Edelsteine, und ihre klickenden kleinen Kiefer waren messerscharf. Salaman mußte ein Dutzend Bisse erdulden, aus denen sogleich Blut floß. Er brüllte vor Schmerzen, und Sachkor und Moarn kamen hinzugelaufen, und zu dritt gelang es ihnen, die Angreifer abzuwehren, aber inzwischen hatten sich die kleinen Bestien überall hin verbreitet. Allerdings waren ihre Leiber weich und konnten leicht mit dem Schlag eines Strohbesens zerschmettert werden. Nach einstündigen Kampfmaßnahmen seitens einer sechsköpfigen Kampftruppe des Stammes waren sämtliche Biester tot. Während der Nacht sammelten unsichtbare Aasfresser die kleinen Leichen auf der Plaza auf, und im Morgengrauen war nichts mehr von ihnen sichtbar.
Aber jeder Tag brachte irgendwelchen neuen Ärger mit sich. Es gab vielerlei Arten von stechenden Insekten, kleine und schwierige und hartnäckige. Es gab giftige kleine Eidechsen, die leise zischten. Es gab Vögel mit spitz zulaufenden durchsichtigen Flügeln und zierlichen zartblauen Schnäbeln, die auf hohen Wipfeln aufbäumten und jeden, der unter ihnen vorbeikam, mit einem schimmernden klebrigen Speichel beschossen, der auf der Haut schmerzhafte Striemen hervorrief.
Doch alles in allem war die Stadt kein unangenehmer Aufenthaltsort. Es gab sogar Leute, die sagten, das Leben hier sei beinahe so angenehm wie damals im Kokon. Und andere erklärten gar, trotz all der kleinen Ärgernisse und der Existenz unter dem furchtbaren freien Himmel sei das Leben hier doch wahrlich jenem in den alten Tagen im gemütlichen engen Bau im Bauch des Berges vorzuziehen.
An einem Tag in der fünften Woche nach dem Einzug in Vengiboneeza rief Koshmar Hresh vor sich und sprach zu ihm: »Morgen sollt ihr, du und Konya, beginnen die Stadt zu erforschen.«
»Konya? Warum Konya?«
»Ja hast du etwa gedacht, ich würde dich allein ausschicken? Wir können nicht Gefahr laufen, dich zu verlieren, Hresh.«
Das war verdammt ärgerlich. Er hatte sich vorgestellt, daß er sich nach eigenem Belieben werde umsehen können, wenn Koshmar ihn endlich in die Stadt hinaussandte, daß er ungestört denken könne und seine Nase überall hineinstecken, wo er Lust dazu empfand, ohne dabei beständig Rücksicht auf einen klobigen großen Klotz von reizbarem Krieger nehmen zu müssen, der auf ihn aufpassen sollte. Hresh brachte Einwände vor, doch umsonst. Die Saphiräugigen, sagte Koshmar, konnten möglicherweise die Stadt mit tödlichen Fallen übersät haben; oder vielleicht wären die weiter außerhalb gelegenen Bezirke von den Brüllaffen besetzt, oder von einer unbekannten Art gemeiner Insekten oder Reptilien mit giftigem Biß. Hresh sei für den Stamm zu wertvoll. Nein, sie wolle da keinerlei Risiko eingehen. Einer der Krieger müsse mit ihm ziehen. Entweder dies, beschied sie Hresh, oder er müsse in der Siedlung bleiben und ältere, kräftigere Männer würden ohne ihn die Erkundungen durchführen.
Hresh war inzwischen klug genug
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