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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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möchte.«
    »Für Krieger«, sagte plötzlich der junge Haniman ziemlich vorlaut, »wird die natürliche Zeit ganz bestimmt kürzer gemacht, Konya.«
    Die Versammlung löste sich unter Gelächter auf. Koshmar erkannte, daß größere Unsicherheit herrschte, als sie vorausbedacht hatte: Der Tod bedeutet für manche die Befreiung, begriff sie, und ist nicht der brutale Abbruch des Lebens, als der er ihr erschien. Aber sie würden lernen. Sie würden mit der Zeit die neue Lebensweise erfassen. Aber auch wenn sie noch sich mit dem Neuen Denken herumschlugen, ihre Kinder würden es nicht mehr tun, und ihren Kindeskindern würde es schwerfallen, überhaupt nur zu glauben, daß einstmals ein Grenzalter und ein Sterbetag im Stamm wirklich Gesetz gewesen waren.
    Koshmar sah auch, daß es nicht damit getan war, den Zwangstod abzuschaffen, sie mußte gleichzeitig auch die Produktion neuen Lebens fördern. Deshalb widerrief sie in einem weiteren neuen Gesetz die Geburtenbeschränkungen. Nicht länger mehr, verkündete sie, dürfe die Zeugung und Aufzucht von Nachkommen nur auf einige wenige Partnerpaare des Stammes beschränkt bleiben – und bei diesen gar jeweils auf nur ein einziges Kind, das gezeugt werden sollte, wann immer der Stamm Ersatz benötige für einen, der das Grenzalter erreicht habe. Nein, von nun an könne jeder, der das Tvinnr-Alter erreicht habe, Kinder in beliebig großer Anzahl haben. Nein, könne nicht bloß, sondern sollte sie haben. Der Stamm sei zu klein, dem müsse Abhilfe geschaffen werden.
    Sogleich traten immer neue junge Paarungen vor Koshmar und ersuchten um die Kopulationsrituale. Als erste kamen Konya und Galihine, danach Staip und Boldirinthe. Dann – höchst überraschend – Harruel mit Minbain, die den Hresh von ihrem Partner Samnibolon getragen hatte, und Samnibolon war schon vor langem am Fieber gestorben. Gedachte Minbain allen Ernstes noch einmal an Kinder? Koshmar fragte sich, ob es jemals eine Frau im Stamm gegeben habe, die zwei Kinder zur Welt brachte, und noch dazu von verschiedenen Vätern. Aber was soll es, mahnte sie sich zum tausendstenmal, wir haben eine Neue Zeit. Und hatte sie nicht selbst verkündet, daß alle dazu Befähigten die heilige Pflicht hätten, Nachwuchs zu produzieren? Warum also nicht Minbain, die ja noch im fruchtbaren Alter stand? Warum nicht jede unter uns?
    Und warum nicht du selbst, Koshmar? fragte überraschend eine Stimme in ihrem Innern.
     Die Vorstellung war so seltsam, daß sie laut losprustete vor Lachen. Ich bin ein Häuptling, gab sie sich selbst Antwort und versuchte sich vorzustellen, wie sie mit riesig angeschwollenem Bauch in einer Laubhütte lag, umringt von hilfreichen Weibern, während ein Kind sich den Weg aus ihrem Leib zu bahnen mühte. Im übrigen konnte sie sich nicht einmal in den Armen eines Mannes sehen, seine Hände auf ihrer Brust, seine Hände, die ihre Schenkel spreizten. Oder – wie immer hatten sie es denn gern? Die Frau bäuchlings auf dem Boden liegend, und der Mann wirft sich mit seinem Gewicht über sie und nimmt sie von hinten – nein, nein, das war nichts für sie, für sie war die Führerschaft als Bürde schwer genug.
    Aber warum nicht Torlyri? fragte die selbe Stimme.
    Koshmar zog zischend die Luft ein und preßte die Fäuste in die Flanken, als hätte jemand ihr einen Bauchtritt versetzt. Die warme liebe Torlyri? Ihre Torlyri? Aber, sie war doch schon die Mutter des ganzen Stammes, ihre Torlyri. Sie brauchte nicht auch noch selbst Kinder zu gebären. Wie hätte auch die Opferfrau Zeit für Kinderaufzucht finden sollen, wie? Sie hatte so vieles andere zu tun.
    Dennoch, das Bild wollte nicht von ihr weichen: Torlyri in den Armen eines Kriegers, dessen Gesicht sie nicht sehen konnte. Torlyri keuchend und stöhnend. Torlyris Sensororgan peitschenzuckend, wie es bei der Kopulation geschieht. Torlyri, die ihre Schenkel öffnet…
    Nein. Nein. Nein. Nein!
    »Aber warum nicht Torlyri?« fragte die selbe Stimme wieder.
    Koshmar ballte die Fäuste.
    Es ist die Neue Zeit, gewiß, sprach sie bei sich selbst. Aber Torlyri gehört mir.
     Taniane fragte: »Was haben diese Dinger der Saphiräugigen damit gemeint, als sie sagten, wir seien Affen, keine Menschlichen?«
    »Nichts«, beschied Hresh sie. »Es war weiter nichts als eine blöde Lüge. Die haben nur uns runtermachen wollen.«
    »Aber warum wollen die so was machen?«
    »Weil wir lebendig sind«, sagte Hresh. »Und sie sind Sachen, die nie lebendig waren, Dinge, von

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