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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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aufforderten, mehr in die Tiefe zu gehen bei seiner Suche. Sie hatten es in einem ganz primitiven Sinne wortwörtlich gemeint. Und vielleicht warteten alle die Wunderdinge, die Vengiboneeza noch enthielt, gleichfalls in unterirdischen Höhlen wie dieser hier verborgen, tief unter den großen Bauten.
    Dann fiel Hresh der andere Rat ein, den die Saphiräugigen ihm gegeben hatten: Suche mit dem, was dir hilft, das zu finden, wonach du suchst.
    Damals hatte der Rat ihm wenig sinnvoll geklungen. Jetzt aber erkannte er darin plötzlich einen Sinn. Er holte heftig Luft, während Furcht und Erregung ihn gleichermaßen durchliefen.
    Meinten sie etwa den Barak Dayir? Den Wunderstein?
    Der magische Talisman, den Generationen von Chronisten sorgsam in der Lade mit den Heiligen Schriften aufbewahrt hatten? Der Mechanismus, das Werkzeug, das Ding, das Thaggoran höchstpersönlich mit so hoher furchtsamer Ehrerbietung gehandhabt hatte?
    Also, versuchen kann ich es ja, dachte Hresh. Vielleicht kommt etwas dabei heraus.
    Und wenn er bei diesem Versuch sterben sollte, so war es doch ein lohnender Versuch; hier gab es nämlich bedeutende Fragen, die auf Antwort warteten, und wenn er alles aufs Spiel setzen mußte, um – wie er hoffte – alles zu gewinnen, nun, dann sollte es eben so sein.
     »Komm«, sagte er zu Haniman. »Verschwinden wir von hier – wenn wir können.«
    »Willst du denn nicht weiter daran rummachen?«
    »Jetzt nicht«, sagte Hresh. »Erst muß ich einiges nachforschen. Ich glaub, ich weiß, wie man das Ding in Gang setzt, aber ich muß erst die Chroniken zurate ziehen, ehe ich es versuche.«
    »Was hast du denn da vorhin gesehen?«
    »Die Große Welt«, sagte Hresh.
    »Ach – ehrlich?«
    »Ja. Einen Augenblick lang. Nur einen Augenblick lang!«
    Haniman sackte vor Verblüffung die Kinnlade nach unten, und er stierte ihn an.
    »Und – wie war das?«
    Hresh zuckte die Achseln. »Überwältigender als alles, was du dir jemals vorstellen kannst«, sagte er mit leiser, erschöpfter Stimme.
    »Ja, sag doch! Sag es mir doch!«
    »Später einmal.«
    Haniman sagte dann nichts mehr. Aber nach einer Weile fing er erneut an. »Also, was wirst du jetzt machen? Was mußt du denn wissen, damit du diese Maschine in Gang setzen kannst?«
    »Da kümmre du dich mal nicht drum«, sagte Hresh. »Was wir im Augenblick rauskriegen müssen, das ist, wie wir diesen Steinblock da dazu veranlassen können, wieder nach oben zu gehen, damit wir von hier wegkommen.«
    In seinem heißen Eifer, die Höhle zu erforschen, hatte er diesem Problem überhaupt keine Beachtung geschenkt. Es war leicht genug gewesen, hier herunterzukommen; aber was sollten sie jetzt tun, um wieder hinaufzugelangen? Er nickte Haniman zu, und sie sprangen wieder auf die schwarze Steinplatte. Aber der Steinquader blieb reglos, wo er auf dem Boden der Höhle lag.
     Hresh patschte mit den Handflächen auf den Stein. Ohne Ergebnis. Er tastete an den Kanten entlang, um vielleicht einen Hebel zu finden, der das Ding in Bewegung setzte, so etwas ähnliches wie das Rad, mit dem sie in der Vergangenheit die Luke des Stammeskokons geöffnet hatten. Aber es tat sich nichts.
    »Vielleicht gibt’s ja ‘nen anderen Weg nach oben«, schlug Haniman vor. »Eine Treppe, irgendwo.«
    »Ja, und wenn wir vielleicht wild genug mit den Armen wedeln, dann können wir hier rausfliegen«, fuhr Hresh ihn scharf an. Er kniff die Augen zusammen und spähte in die Düsternis… Ein Hebel vielleicht, der aus der Wand ragt – du läufst rasch hin, ziehst ihn, saust zu dem Steinblock zurück…
    Kein Hebel irgendwo. Also, was jetzt? Zu Yissou beten? Nun, Yissou selber hatte vielleicht auch keine Ahnung, wie man von hier wieder nach droben-draußen gelangen konnte. Oder er hatte kein Interesse daran, was mit zwei naseweis-neugierigen kleinen Jungen passierte, die sich hierher verlaufen hatten.
    »Mensch, wir können doch nicht den ganzen Tag lang hier rumhocken«, sagte Haniman. »Komm schon, gehn wir da weg und schaun wir, daß wir was finden, was das Ding da bewegt! Oder aber ‘nen andren Weg nach draußen. Wie willste denn eigentlich wissen, daß es nicht doch da irgendwo ‘ne Treppe gibt?«
    Hresh zuckte die Achseln. Schließlich, sich umzusehen, das kostete ja nichts. Also suchten sie in der entgegengesetzten Richtung den Höhlenboden ab, spähten da und dort die Sockel der Reliefgruppen ab, ob dort nicht ein Schaltapparat, eine Geheimtür, eine Treppe oder irgend etwas verborgen

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